Baurecht Bayern

Planungsrechtliche Bereiche der §§ 30 ff. BauGB

B. Planungsrechtliche Bereiche der §§ 30 ff. BauGB

212

Sofern die §§ 30 ff. BauGB Anwendung finden, enthalten diese Vorschriften im Weiteren den planungsrechtlichen Maßstab für die Zulassung von baulichen Anlagen. Zu unterscheiden sind dabei drei Gebietstypen (Planbereiche), an die das Gesetz jeweils unterschiedliche planungsrechtliche Anforderungen stellt.

I. Der beplante Bereich, § 30 BauGB

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Für die Zulässigkeit von baulichen Anlagen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans gilt § 30 BauGB. Das Gesetz unterscheidet demnach zwischen drei Arten von Bebauungsplänen.

vgl. Spieß in Jäde/Dirnberger BauGB, BauNVO § 30 Rn. 8.

1. Der qualifizierte Bebauungsplan, § 30 Abs. 1 BauGB

214

Im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans beurteilt sich die Zulässigkeit eines baulichen Vorhabens nach § 30 Abs. 1 BauGB. Ein qualifizierter Bebauungsplan liegt vor, wenn der Plan allein oder gemeinsam mit sonstigen Festsetzungen nach § 9 BauGB mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält.

Der wirksam zustande gekommene qualifizierte Bebauungsplan ist unabhängig davon, ob er lediglich die vier Mindestfestsetzungen des § 30 Abs. 1 BauGB enthält oder darüber hinausgehend noch weitere Festsetzungen des abschließenden Katalogs in § 9 Abs. 1 BauGB enthält, abschließende Beurteilungsgrundlage für die bauplanungsrechtliche

 Zulässigkeit.Dürr/König Baurecht Bayern S. 102 Rn. 145. Hält die bauliche Anlage die Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplanes ein und ist darüber hinaus die Erschließung gesichert, so ist das bauliche Vorhaben nach § 30 Abs. 1 BauGB planungsrechtlich zulässig. Ein Rückgriff auf §§ 34, 35 BauGB ist nicht angezeigt.

2. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan, §§ 30 Abs. 2, 12 BauGB

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Nach §§ 30 Abs. 2, 12 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabensträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben und der Erschließungsmaßnahmen bereit und in der Lage ist (Vorhabens- und Erschließungsplan) und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Abs. 1 BauGB verpflichtet hat (Durchführungsvertrag). Der Bebauungsplan nach § 30 Abs. 2 BauGB ist damit im Wesentlichen personen- und projektbezogen und die Gemeinde ist bei der Aufstellung gemäß § 12 Abs. 3 S. 2 BauGB nicht an den Festsetzungskatalog in § 9 BauGB gebunden. Folglich muss der vorhabenbezogene Bebauungsplan auch nicht zwingend die vier Mindestkriterien des § 30 Abs. 1 BauGB aufweisen, die einen Bebauungsplan zum qualifizierten nach § 30 Abs. 1 BauGB machen.

Mitschang in Battis/Krautzberger/Löhr BauGB § 30 Rn. 8; a.A. Spieß in Jäde/Dirnberger BauGB, BauNVO § 30 Rn. 13.

Auch der vorhabenbezogene Bebauungsplan ist bei Wirksamkeit abschließende Beurteilungsgrundlage für bauliche Vorhaben in seinem Geltungsbereich. § 30 Abs. 2 BauGB bestimmt insoweit, dass ein Vorhaben zulässig ist, wenn es den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

3. Der einfache Bebauungsplan, § 30 Abs. 3 BauGB

216

Der einfache Bebauungsplan in § 30 Abs. 3 BauGB ist in Abgrenzung zu § 30 Abs. 1 BauGB negativ bestimmt. Jeder Bebauungsplan, der nicht oder nur teilweise die vier Mindestkriterien in § 30 Abs. 1 BauGB enthält, wird als gesetzlich einfacher Bebauungsplan bewertet. Liegt ein einfacher Bebauungsplan im Sinne von § 30 Abs. 3 BauGB vor, so kann dieser keine abschließende Beurteilungsgrundlage für ein bauliches Vorhaben darstellen. Es gilt an dieser Stelle §§ 34, 35 BauGB ergänzend heranzuziehen.

Dürr/König Baurecht Bayern S. 103 Rn. 145. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeitsprüfung hat sich demnach in zwei Schritten zu vollziehen. Soweit die Festsetzungen des einfachen Bebauungsplans reichen, beurteilt sich die planungsrechtliche Zulässigkeit am Maßstab des Bebauungsplans. Soweit im Vergleich mit § 30 Abs. 1 BauGB Festsetzungen fehlen, sind ergänzend die Vorgaben der §§ 34, 35 BauGB zu beachten, je nachdem, ob sich das Grundstück innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34 BauGB) befindet oder im Außenbereich (§ 35 BauGB) liegt.

II. Der unbeplante Innenbereich, § 34 BauGB

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Ist ein bestimmtes Gebiet einer Gemeinde nicht qualifiziert überplant (§ 30 Abs. 1, Abs. 2 BauGB) bzw. ist ein entsprechender Bebauungsplan unwirksam, stellt aber andererseits einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil dar, so liegt ein unbeplanter Innenbereich nach § 34 BauGB vor, bei dem der Gesetzgeber grundsätzlich von einer Bebaubarkeit ausgeht. Ein Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 BauGB im unbeplanten Innenbereich zulässig, wenn es sich nach Art, Maß, Bauweise und überbaubarer Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und im Übrigen die Erschließung gesichert ist.

Gleichfalls ist § 34 BauGB ergänzend heranzuziehen, soweit nur ein einfacher Bebauungsplan nach § 30 Abs. 3 BauGB vorliegt. Soweit dieser Bebauungsplan Abweichungen zu den Mindestfestsetzungen in § 30 Abs. 1 BauGB enthält, ist im Hinblick auf die fehlenden Festsetzungen § 34 BauGB der Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit zugrunde zu legen, wenn ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil feststellbar ist.

III. Der Außenbereich, § 35 BauGB

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Den Außenbereich des Gemeindegebiets bilden in negativer Abgrenzung zu §§ 30 Abs. 1, Abs. 2, 34 BauGB diejenigen Ortsbereiche, die weder wirksam qualifiziert noch vorhabenbezogen überplant sind, noch einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 BauGB darstellen.

Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr BauGB § 35 Rn. 2. Mit dieser negativen Abgrenzung ist letztlich sichergestellt, dass ein bauliches Vorhaben einem der gesetzlich vorgesehenen Planungsbereiche zugewiesen ist. Der Außenbereich im Sinne von § 35 BauGB soll letztlich dem Grunde nach von einer Bebauung freigehalten werden (Gebot der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs).Dürr/König Baurecht Bayern S. 130 Rn. 195; Spieß in Jäde/Dirnberger BauGB, BauNVO § 35 Rn. 3. Wesensmäßige Nutzungen im Außenbereich sind grundsätzlich nur die landwirtschaftliche Produktion sowie die Erholungsfunktion für die Allgemeinheit.Spieß in Jäde/Dirnberger BauGB, BauNVO § 35 Rn. 212. Bei der Zulässigkeit von baulichen Anlagen im Außenbereich ist im Weiteren zwischen privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB und sonstigen Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB zu differenzieren. Insoweit gelten unterschiedliche Beurteilungsmaßstäbe.

Auf die ergänzende Beurteilung anhand von § 35 BauGB bei einfachen Bebauungsplänen nach § 30 Abs. 3 BauGB sei hingewiesen.
 

Prüfungsschema

Wie prüft man: Einstiegsprüfung zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von Vorhaben

I.

Voraussetzungen von § 29 Abs. 1 BauGB erfüllt

 

 

 

Bauliche Anlage im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB; eigenständiger bauplanungsrechtlicher Begriff

Rn. 203

 

 

Planungsrechtlich relevanter Vorgang; Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung

Rn. 204, 207

II.

Kein Vorrang des Fachplanungsrechts, § 38 S. 1 Hs. 1

 

 

 

Folge ist die Nichtanwendbarkeit der §§ 30 ff. BauGB als materiell-rechtlicher Versagungsgrund; allenfalls Berücksichtigung als Abwägungsbelang.

 

III.

Planungsrechtlichen Bereich festlegen

 

 

 

Planbereich (§ 30 BauGB); drei Arten von Bebauungsplänen; qualifizierter Bebauungsplan als abschließende Beurteilungsgrundlage, § 30 Abs. 1 BauGB; vorhabenbezogener Bebauungsplan als abschließende Beurteilungsgrundlage, § 30 Abs. 2 BauGB; einfacher Bebauungsplan als offene Beurteilungsgrundlage; ergänzende Beurteilung im Rahmen von § 30 Abs. 3 BauGB nach §§ 34, 35 BauGB.

 

 

 

Innenbereich (§ 34 BauGB); setzt einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil voraus; Einfügen nach Art, Maß, Bauweise, überbaubare Grundstücksfläche in die nähere Umgebung.

 

 

 

Außenbereich (§ 35 BauGB); Außenbereich in negativer Abgrenzung zu §§ 30 Abs. 1, Abs. 2 BauGB, 34 BauGB; Differenzierung nach privilegierten und sonstigen Vorhaben (§ 35 Abs. 1, 2 BauGB).

 

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