Inhaltsverzeichnis
- I. Anfechtungsklage des Bauherrn gegen bauaufsichtliche Maßnahmen
- 1. Entscheidungskompetenz des Gerichts
- 2. Zulässigkeit der Klage
- a) Statthaftigkeit
- b) Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO
- c) Ordnungsgemäß und erfolglos durchgeführtes Vorverfahren
- d) Klagefrist, § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO
- e) Partei- und Prozessfähigkeit und sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen
- 3. Begründetheit der Klage
- a) Passivlegitimation, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO
- b) Rechtmäßigkeit der bauaufsichtlichen Maßnahme
- c) Rechtsverletzung des Klägers
I. Anfechtungsklage des Bauherrn gegen bauaufsichtliche Maßnahmen
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Prüfungsschema
Wie prüft man: Anfechtungsklage des Bauherrn gegen bauaufsichtliche Maßnahmen
A. | Entscheidungskompetenz des Gerichts | |||
| I. | Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO | ||
| II. | Sachliche und örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts nach §§ 45, 52 Nr. 1 VwGO i.V.m. Art. 1 Abs. 2 AGVwGO | ||
B. | Zulässigkeit der Klage | |||
| I. | Statthaftigkeit | ||
| II. | Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO | ||
| III. | Ordnungsgemäß und erfolglos durchgeführtes Vorverfahren | ||
| IV. | Klagefrist, § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO | ||
| V. | Partei- und Prozessfähigkeit und sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen | ||
C. | Begründetheit der Klage | |||
| I. | Passivlegitimation, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO | ||
| II. | Rechtmäßigkeit der bauaufsichtlichen Maßnahme | ||
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| 1. | Rechtsgrundlage | |
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| 2. | Formelle Rechtmäßigkeit der bauaufsichtlichen Maßnahme | |
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| a) | Zuständigkeit |
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| b) | Verfahren, insbesondere Anhörung |
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| c) | Form |
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| 3. | Materielle Rechtmäßigkeit der bauaufsichtlichen Maßnahme | |
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| a) | Tatbestand der Befugnisnorm |
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| b) | Bestandsschutz als Hindernis |
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| c) | Richtiger Adressat |
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| d) | Ermessensfehlerfreie Entscheidung |
| III. | Rechtsverletzung des Klägers |
Die Anfechtungsklage des Bauherrn hat Aussicht auf Erfolg, wenn das angerufene Gericht entscheidungskompetent ist, die Klage zulässig und begründet ist.
1. Entscheidungskompetenz des Gerichts
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Hier kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
vgl. Rn. 418.2. Zulässigkeit der Klage
492
Die Klage ist zulässig, wenn alle erforderlichen Sachentscheidungsvoraussetzungen gegeben sind.
a) Statthaftigkeit
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Die statthafte Klageart richtet sich gemäß §§ 86, 88 VwGO nach dem klägerischen Begehren; der Kläger wendet sich gegen bauaufsichtliche Maßnahmen und damit gegen Verwaltungsakte i.S.d. Art. 35 S. 1 BayVwVfG; statthaft ist damit die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO.
b) Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO
494
Die Klagebefugnis des Klägers ergibt sich aus seiner Stellung als Adressat einer belastenden Maßnahme, womit zumindest die Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG möglich erscheint.
Hinweis
Achten Sie insoweit auf die Regelung des Art. 54 Abs. 2 S. 3 BayBO, wonach bauaufsichtliche Maßnahmen auch Wirkung für und gegen den Rechtsnachfolger entfalten; auch dieser kann also gleichfalls Anfechtungsklage erheben, soweit es für ihn noch möglich ist, die Klagefrist aus § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO zu wahren.
c) Ordnungsgemäß und erfolglos durchgeführtes Vorverfahren
495
Ein Vorverfahren ist nach § 68 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VwGO i.V.m. Art. 12 Abs. 1, 2 AGVwGO entbehrlich.
d) Klagefrist, § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO
496
Die Klagefrist beträgt nach § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO einen Monat ab Bekanntgabe der bauaufsichtlichen Maßnahme.
e) Partei- und Prozessfähigkeit und sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen
497
Partei- und Prozessfähigkeit bestimmen sich nach den §§ 61 ff. VwGO.
insoweit kann auf die Ausführungen unter Rn. 406 verwiesen werden. Zudem muss die Klage insbesondere ordnungsgemäß i.S.d. §§ 81, 82 Abs. 1 VwGO erhoben werden.3. Begründetheit der Klage
498
Die Klage ist begründet, wenn sie gegen den gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO richtigen Beklagten gerichtet ist, die bauaufsichtliche Maßnahme rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
a) Passivlegitimation, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO
499
Passivlegitimiert ist der Freistaat Bayern als Rechtsträger des Landratsamtes oder die Gemeinde als ihr eigener Rechtsträger nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.
b) Rechtmäßigkeit der bauaufsichtlichen Maßnahme
500
Die bauaufsichtliche Maßnahme ist rechtmäßig, wenn sie auf einer gültigen Rechtsgrundlage beruht sowie formell und materiell in rechtmäßiger Weise ergangen ist.
Insoweit prüfen Sie die Rechtmäßigkeit der bauaufsichtlichen Maßnahme nach den obigen Ausführungen. Grundsätzlich ist der entscheidungsrelevante Zeitpunkt im Rahmen der Anfechtungsklage derjenige der letzten behördlichen Entscheidung, hier also der Zeitpunkt des Erlasses der bauaufsichtlichen Maßnahme. Bei bauaufsichtlichen Maßnahmen sind hier Modifikationen angezeigt. Da es sich bei der Baueinstellung um einen Dauerverwaltungsakt handelt, ist im Streitfall nicht auf den Zeitpunkt des Bescheidserlasses abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.Decker in Simon/Busse BayBO Art. 75 Rn. 137, 138. Die Baubeseitigung ist zwar anders als die Baueinstellung und die Nutzungsuntersagung kein Dauerverwaltungsakt, jedoch ist auch hier aus den nachfolgenden Erwägungen regelmäßig auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Sofern sich bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung Änderungen zugunsten des Bauherrn ergeben, sind diese zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen;vgl. W.-R. Schenke/R.P. Schenke in Kopp/Schenke Verwaltungsgerichtsordnung § 113 Rn. 45. eine Abweisung der Klage wäre in diesem Fall unnötige Förmelei, wenn das Vorhaben des Bauherrn im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung die Vorschriften des materiellen Rechts wahrt.vgl. Becker/Heckmann/Kempen/Manssen Öffentliches Recht in Bayern Rn. 536. Der Betroffene müsste bei Abstellen auf den Bescheidszeitpunkt die Anlage zunächst beseitigen, könnte dann aber wieder eine entsprechende Baugenehmigung zur Neuerrichtung beantragen. Dieses Ergebnis erscheint widersinnig und bedarf daher der dargestellten Korrektur. Bei der Nutzungsuntersagung als Dauerverwaltungsakt wird ebenfalls maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt.
Hinweis
Bei der Baueinstellung ist zusätzlich zu beachten, dass die Bauaufsichtsbehörde diese nach Erlass in der Folgezeit verfahrensmäßig fortlaufend unter Kontrolle zu halten und zu prüfen hat, ob weiterhin gegen baurechtliche Vorschriften verstoßen wird. Ist das nicht der Fall, weil zwischenzeitlich beispielsweise die Bauarbeiten abgeschlossen wurden, ist die Baueinstellungsverfügung aufzuheben.
Decker in Simon/Busse BayBO Art. 75 Rn. 137; VGH BW BauR 2007, 358; BayVGH, B.v. 19.1.2007, 2 CS 06.3083 – juris. Dies gilt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn die Arbeiten entgegen der regelmäßig für sofort vollziehbar erklärten Baueinstellungsverfügung abgeschlossen wurden.BayVGH, B.v. 14.11.2001, 20 ZB 01.2648 – juris; Decker in Simon/Busse BayBO Art. 75 Rn. 140.c) Rechtsverletzung des Klägers
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Durch eine rechtswidrige bauaufsichtliche Maßnahme ist der Kläger als Eigentümer des Grundstücks in seinem Eigentumsrecht nach Art. 14 Abs. 1 GG und der Nicht-Eigentümer in Art. 2 Abs. 1 GG verletzt.