Strafrecht Besonderer Teil 1

Üble Nachrede, § 186

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C. Üble Nachrede, § 186

I. Überblick

427

§ 186 schützt den guten Ruf des Opfers, indem es bestimmte Tatsachenbehauptungen, die Dritten gegenüber aufgestellt werden, unter Strafe stellt. Die Besonderheit bei § 186 besteht darin, dass die Nichterweislichkeit der Wahrheit im Gegensatz zu den §§ 185 und 187 zu Lasten des Täters geht. Behauptet also der Täter eine Tatsache, bei welcher sich im Nachhinein nicht beweisen lässt, ob sie wahr oder unwahr ist, so hat sich der Täter, sofern er diese Tatsache gegenüber einem Dritten geäußert hat, nach § 186 strafbar gemacht. Bei den §§ 185 und 187 hingegen würde die Nichterweislichkeit der Wahrheit nach dem „in-dubio-pro-reo“-Grundsatz zu einer Verneinung des objektiven Tatbestandsmerkmals „Unwahrheit“ der Tatsache und zu einem Freispruch führen.

Hinweis

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Damit gilt: „Lästern auf eigene Gefahr!“

428

Die Nichterweislichkeit der Wahrheit ist nach h.M. eine objektive Strafbarkeitsbedingung mit der Folge, dass sich der Vorsatz nicht darauf beziehen muss.Joecks/Jäger § 186 Rn. 13.

Wird die üble Nachrede öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften im Sinne des § 11 Abs. 3 begangen, so liegt eine Qualifikation vor.

429

Der Aufbau des § 186 sieht wie folgt aus:

Prüfungsschema

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Wie prüft man: Üble Nachrede, § 186

I.

Objektiver Tatbestand

 

1.

Beleidigungsfähiges Objekt

 

2.

Tathandlung:

 

 

a)

Behaupten oder Verbreiten einer ehrenrührigen Tatsache

 

 

b)

In Beziehung auf einen anderen

II.

Subjektiver Tatbestand

 

 

Vorsatz, dolus eventualis reicht

III.

Objektive Bedingung der Strafbarkeit

 

 

Tatsache ist nicht erweislich wahr

IV.

Rechtswidrigkeit

V.

Schuld

 

II. Objektiver Tatbestand

430

Der objektive Tatbestand des § 186 setzt voraus, dass der Täter in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist.

Taugliche Tatobjekte sind wie bei § 185 einzelne Personen (auch unter einer Kollektivbezeichnung) oder Kollektive.

431

Wie bereits ausgeführt, muss es sich bei der Äußerung des Täters um die Kundgabe einer Tatsache handeln. Reine Werturteile sind folglich von § 186 nicht erfasst. Zur Abgrenzung wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

Da die Tatsache „in Beziehung auf einen anderen“ behauptet oder verbreitet werden muss, dürfen der Beleidigte und der Empfänger der Mitteilung nicht personenidentisch sein.LK-Herdegen § 186 Rn. 8. Verächtliche Tatsachenbehauptungen gegenüber dem Beleidigten selbst werden – wie bereits gelernt – von § 185 erfasst.

432

§ 186 ist wie § 185 auch ein Kommunikationsdelikt, so dass erneut die Schaffung einer kompromittierenden Sachlage nicht ausreicht.

Beispiel

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A möchte sich an seiner ehemaligen Freundin rächen und gibt im Kölner Stadtanzeiger eine Anzeige mit folgendem Inhalt auf: „Silvia erfüllt Dir ausgefallene erotische Wünsche, ruf mich unter 0173 45456767 an“. S erhält daraufhin unzählige Anrufe mit teilweise obszönen sexuellen Nachfragen.

Eine üble Nachrede oder Verleumdung scheitert an der Verbreitung „in Beziehung auf einen anderen“, da A den Drittbezug gerade verschleiert hat, indem er so getan hat, als ob S die Anzeige aufgegeben habe. Erforderlich für die §§ 186 und 187 ist jedoch ein „Drei-Personen-Verhältnis“. Allerdings kommt eine Beleidigung in mittelbarer Täterschaft in Betracht, wobei die anrufenden Freier als unvorsätzlich handelnde Werkzeuge agieren, denen die Unwahrheit der behaupteten Tatsache (Prostitution) nicht bekannt ist.

Wie schon bei § 238 dargestellt, erfüllt das Verhalten des A darüber hinaus den § 238 Abs. 1 Nr. 3.

433

Die Tatsache muss geeignet sein, den anderen verächtlich zu machen oder ihn in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Ein tatsächlicher Unterschied besteht zwischen den beiden Alternativen nicht, vielmehr kommt es in beiden Fällen auf die Kundgabe einer ehrenrührigen Tatsache an.Fischer § 186 Rn. 4. Die Unwahrheit der Tatsache muss im objektiven Tatbestand hingegen nicht festgestellt werden. Es kommt allein auf die Ehrenrührigkeit an.

Definition

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Definition: zur Verächtlichmachung eines anderen geeignet

Eine Tatsache ist zur Verächtlichmachung eines anderen geeignet, wenn sie diesen als eine Person hinstellt, die ihren ethischen, moralischen oder sozialen Pflichten nicht gerecht wird.

Nach dem Gesetzeswortlaut genügt es, dass die Tatsache zur Verächtlichmachung oder Herabwürdigung lediglich geeignet ist. Dass eine dieser Folgen eingetreten ist, wird nicht vorausgesetzt.Fischer § 186 Rn. 5 mit weiteren Nachweisen.

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Die Kundgabe der Tatsache erfolgt bei § 186 durch ein Behaupten oder Verbreiten.

Definition

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Definition: Behaupten

Behaupten heißt, etwas als nach eigener Überzeugung richtig hinstellen, auch wenn man es von dritten Personen erfahren hat. Es genügt in diesen Fällen, dass man sich den Tatsachengehalt zueigen macht.Joecks/Jäger § 186 Rn. 9.

435

Dabei kann ein Behaupten auch in der bloßen Äußerung eines Verdachts liegen, weiterhin im Stellen von Fragen oder dem Nahelegen einer Schlussfolgerung.

Definition

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Definition: Verbreiten

Unter Verbreiten versteht man die Weitergabe einer fremden Äußerung.Joecks/Jäger § 186 Rn. 10.

436

Im Gegensatz zum Behaupten macht sich der „Verbreiter“ die Tatsache nicht zueigen, er tritt also nicht für die Richtigkeit der Aussage ein, vielmehr gibt er sie als eine fremde Äußerung weiter. In solchen Fällen wird der Täter auch dann nicht entlastet, wenn er sich ausdrücklich von diesen Äußerungen distanziert.BGHSt 18, 182.

Beispiel

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A erzählt auf dem Campus seinen Kommilitonen, er habe gehört, dass Professor P seine Habilitation „gekauft“ habe. Er selbst glaube ja nicht daran, finde aber, dass die anderen das Gerücht kennen sollten.

In diesem Falle hat A eine Tatsache verbreitet, die zu einer Strafbarkeit gemäß § 186 führen kann. Dass er dabei diese Tatsachenäußerung als ein Gerücht bezeichnet und sich davon distanziert hat, kommt ihm nicht zugute.

III. Subjektiver Tatbestand

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Im subjektiven Tatbestand setzt § 186 Vorsatz bezüglich des objektiven Tatbestandes voraus, wobei dolus eventualis ausreicht.

IV. Nichterweislichkeit der Wahrheit der Tatsache

438

Expertentipp

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Eine solche objektive Bedingung der Strafbarkeit haben Sie bereits bei § 231 kennen gelernt. Wissen Sie noch, worin sie bestand?

Nach dem subjektiven Tatbestand ist nun zu prüfen, ob die vom Täter behauptete Tatsache erwiesenermaßen wahr ist. Es handelt sich – wie bereits eingangs erwähnt – um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit.

439

Ist die Tatsache erwiesenermaßen wahr, so ist der Täter gem. § 186 straflos. Denkbar ist nur noch eine Strafbarkeit wegen einer Formalbeleidigung gem. § 192. Lässt sich die Wahrheit jedoch nicht zweifelsfrei feststellen, so gilt die Tatsache als nicht erweislich wahr, mit der Folge, dass der Täter gem. § 186 zu bestrafen ist.

440

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang wieder § 190. Ist die behauptete oder verbreitete Tatsache nämlich eine Straftat, so ist der Beweis der Wahrheit als erbracht anzusehen, wenn der Beleidigte wegen dieser Tat rechtskräftig verurteilt worden ist. Dagegen ist der Beweis der Wahrheit ausgeschlossen, wenn der Beleidigte vor der Behauptung oder Verbreitung rechtskräftig freigesprochen worden ist.

V. Öffentliche Begehung der Tat oder Begehung durch Verbreiten von Schriften

441

Wird die üble Nachrede öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften im Sinne des § 11 Abs. 3 begangen, so erhöht sich der mögliche Strafrahmen auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren.

Definition

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Definition: öffentlich

Die üble Nachrede ist öffentlich erfolgt, wenn sie von einem größeren, nach Zahl und Individualität unbestimmten oder durch nähere Beziehung nicht verbundenen Personenkreis unmittelbar wahrgenommen werden kann.RGSt 38, 207; RGSt 42, 112.

442

Inwieweit der fragliche Tatort öffentlich zugänglich ist, spielt keine Rolle. Handelt es sich aber um eine geschlossene Gesellschaft, so sind die gerade genannten Voraussetzungen der Definition nicht erfüllt.

Beispiel

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Eine öffentliche Verbreitung kann durch Bereitstellung der Äußerungen im Internet oder durch Äußerungen im Rundfunk oder Fernsehen geschehen.Vgl. Schönke/Schröder-Lenckner § 186 Rn. 19.

Beim Verbreiten durch Schriften müssen Sie § 11 Abs. 3 beachten, wonach Ton- und Bildträger, Datenspeicher und Abbildungen den Schriften gleichstehen.

VI. Rechtswidrigkeit und Schuld

443

Zu beachten ist § 193 als besondere Rechtfertigung. Im Übrigen gelten die allgemeinen Grundsätze.

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