Zunächst einmal sollten Sie verinnerlichen, dass es sowohl bei der Prüfung des Versuchs als auch beim Rücktritt nur auf die Vorstellung des Täters ankommt. Beim Tatentschluss liegt das auf der Hand. Beim unmittelbaren Ansetzen wird es gerne übersehen. Auch hier muss man aber fragen, liegt auf der Basis der Vorstellungen des Täters eine konkrete Gefahr für das Rechtsgut vor (es gibt nämlich den untauglichen Versuch, bei dem objektiv keine Gefahr gegeben ist), sind nach dieser Vorstellung noch wesentliche Zwischenschritte erforderlich und hat darauf basierend der Täter mit seinem Handeln oder Unterlassen die Schwelle zum „Jetzt geht`s los“ überschritten.
Das gleiche gilt für den Rücktritt.
Zunächst einmal müssen Sie prüfen, ob nach der Vorstellung des Täters der Versuch fehlgeschlagen ist. Das ist immer dann der Fall, wenn der Täter annimmt, die Tatbestandsverwirklichung nicht mehr im unmittelbaren Fortgang und mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln erreichen zu können.
Nach h.M. (Gesamtbetrachtungslehre) ist dabei auf den letzten Akt der Tatbestandsverwirklichung abzustellen. Achtung: arbeiten Sie hier sauber! Beginnt der Täter die Verletzung des Opfers mit Tötungsvorsatz und wechselt er nach der ersten Handlung seinen Vorsatz zum Körperverletzungsvorsatz und macht weiter, dann ist auf den Zeitpunkt abzustellen, an welchem der Täter die mit Tötungsvorsatz begangene Handlung ausgeführt hat und nicht auf den Zeitpunkt der letzten Handlung insgesamt. (lesen Sie dazu die Entscheidungen des BGH zum einen bei BGH & Co -https://www.juracademy.de/rechtsprechung/article/ruecktrittshorizont-vorsatzwechsel- zum anderen in der JuS 2018, 818)
Ist der Versuch nicht fehlgeschlagen, bemessen sich die Anforderungen an die Rücktrittshandlung erneut nach der Vorstellung des Täters:
- glaubt der Täter, alles Erforderliche zur Tatbestandsverwirklichung getan zu haben, liegt ein beendeter Versuch vor, von welchem der Täter nur zurücktreten kann, wenn er (h.M.) eine Kausalkette in Gang setzt, die zum Ausbleiben des Erfolges führt;
- glaubt der Täter, noch nicht alles Erforderliche getan zu haben, dann liebt ein unbeendeter Versuch vor und es reicht das Aufgeben der weiteren Handlung und damit der Tatausführung aus. Beim Unterlassen besteht das Aufgeben der Tatausführung logischerweise in der Vornahme der unterlassenen Handlung.
Auch hier ist nach h.M. auf den letzten Akt abzustellen (Rücktrittshorizont), den der Täter mit dem entsprechenden Vorsatz ausgeführt hat. Demgegenüber stellt die Einzelaktslehre bei mehraktigen Geschehen auf die einzelnen Akte ab. Würgt also ein Täter zunächst sein Opfer, stellt dann aber fest, dass er es körperlich nicht schaffen wird, dadurch den Tod herbeizuführen und greift zum Messer, lässt aber nach dem ersten Stich vom Opfer ab, dann läge nach dieser Auffassung in dem Würgen ein fehlgeschlagener, nicht rücktrittsfähiger Versuch vor. Aus Opferschutzgründen wählt die h.M. den letzten Akt, also das Zustechen und fragt nach der Vorstellung des Täters zu diesem Zeitpunkt.
Zum Schluss fragen Sie nun noch, ob der Rücktritt freiwillig erfolgte, was der Fall ist, wenn der Täter aus autonomen Motiven heraus handelte (h.M.). Ob diese Motive billigenswert sind, ist dabei erneut aus Opferschutzgründe unbeachtlich.