Zwei unterschiedliche Ideen gibt es: Der Entwurf eines „Gesetzes zum Schutz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben“ von Abgeordneten der Grünen um die Juristinnen Renate Künast und Katja Keul und ein interfraktioneller Entwurf von Katrin Helling-Plahr und Otto Frick (FDP), Dr. Karl Lauterbach, Swen Schulz (SPD) und Dr. Petra Sitte (Die Linke). An beiden vorgelegten Entwürfen ist kein Abgeordneter von CDU und CSU beteiligt. Das Bundesgesundheitsministerium, in diesem Thema stark unter Kritik, teilte auf Nachfrage mit, es liege noch keine Positionierung der Bundesregierung zum Ob und Wie einer möglichen Neuregelung der Suizidhilfe vor. „Die starke Lebensschutzorientierung des Grundgesetzes stellt ein gewichtiges Argument für die Position dar, dass es grundsätzlich nicht Aufgabe des Staates sein kann, die Tötung eines Menschen - sei es von eigener oder von fremder Hand - durch staatliche Handlungen aktiv zu unterstützen.“
Durch die Entwürfe soll das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben eine reale Umsetzung erfahren können, aber auch Suizidprävention geleistet und die Kommerzialisierung von Sterbehilfe verhindert werden. Die Abgeordneten wollen zudem gesetzlich festschreiben, was die Karlsruher Richter auch entschieden (Ls. 6): Dass niemand künftig verpflichtet sein wird, Suizidhilfe zu leisten.
Beide Entwürfe setzen, wie auch das Urteil vom Februar 2020, voraus, dass Grundlage eines selbstbestimmten Sterbewunschs ein autonom gebildeter und freier Willen ist. Der Entwurf der Grünen-Abgeordneten definiert Sterbewillige als volljährige Menschen, die eine vom freien Willen getragene feste Entscheidung getroffen haben, ihrem Leben ein Ende zu setzen, und definiert die Freiheit des Willens, eine der komplexesten Fragen im Kontext der Sterbehilfe, positiv und negativ. Der Vorschlag von Abgeordneten aus FDP, SPD und Der Linken erklärt, dass Minderjährige im Regelfall die Bedeutung und Tragweite einer Suizidentscheidung noch nicht hinreichend erfassen könnten. Auch nach dem Entwurf der Grünen- Abgeordneten soll Volljährigkeit im Regelfall notwendig sein; der Entwurf gesteht aber ausnahmsweise die Möglichkeit zu, durch ein Gutachten die Einsichtsfähigkeit des Minderjährigen prüfen zu lassen, sofern die Sorgeberechtigten einverstanden sind.
Beide Vorschläge gehen davon aus, dass Hilfe zum Sterben neben ärztlichem Personal, Angehörigen und anderen Nahestehenden des Sterbewilligen auch sog. „Sterbehilfeorganisationen“ leisten können, und machen Vorgaben zu den Voraussetzungen, die diese zu erfüllen hätten, um eine Kommerzialisierung zu verhindern. Der Grünen-Entwurf enthält dabei etwa die Formulierung, dass es das Ziel der Anbieter sein müsse, den Betroffenen „selbstlos“ zu helfen. Der Vorschlag normiert zudem eine Strafbarkeit unlauterer Werbung für solche Organisationen.
Die Entwürfe legen auch Ideen vor, um die Freiheit, Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit des Sterbewunschs sicherzustellen. So sollen Beratung, Belehrung und Information geregelt werden. Diese sollen sicherstellen, dass die Sterbewilligen auch Konsequenzen und Tragweite ihres Handelns erkennen, über Alternativen sich bewusst sind und eine informierte Entscheidung treffen können. Wartezeiten zwischen Beratung und Verschreibung des tödlich wirkenden Medikaments sind vorgeschrieben, dazu kommen Abfragen und Checks (Begutachtung) durch einen weiteren, unabhängigen Mediziner.
Der Grünen-Vorschlag unterscheidet zwischen Menschen, die aufgrund einer Krankheit Suizid begehen wollen und solchen, die aus anderen Motiven nicht mehr leben möchten. Für kranke Patientinnen und Patienten soll der behandelnde Arzt ein tödlich wirkendes Medikament verschreiben dürfen, wenn er von der Freiheit, Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit des Entschlusses überzeugt ist. Über die Anträge nicht Schwerstkranker soll eine Landesbehörde entscheiden und davon überzeugt sein, dass diese selbstbestimmt und endgültig sterben wollen. Der interfraktionelle Entwurf sieht hingegen unabhängig von der Motivation für den Sterbewunsch stets eine Verschreibung durch Ärztinnen und Ärzte vor. Diese müssen sich jedoch bestätigen lassen, dass die Sterbewilligen zuvor eine umfassende Beratung in einer entsprechenden Stelle erhalten haben.
Beide Entwürfe beschränken sich dabei darauf, die Hilfe zur Selbsttötung explizit für straffrei zu erklären, einen Prozess zur Verschreibung eines tödlichen Medikaments (erst) nach Feststellung eines frei gebildeten, ernsthaften und dauerhaften Sterbewillens zu regeln und klarzustellen, dass auch künftig keine Ärztin, Apotheker usw. verpflichtet sein wird, entgegen der eigenen Überzeugung Sterbehilfe zu leisten. Keine Regelungen jedoch treffen beide Entwürfe zum Berufsrecht und Strafrecht.