Inhaltsverzeichnis
f) Rechte und Pflichten der Aktionäre
aa) Einlageleistung
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Die Art der Einlage richtet sich nach der Art der Gründung. Das Gesetz kennt zwei Gründungsformen, die Bargründung und die Sachgründung, die kombiniert werden können.
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Der gesetzliche Regelfall ist die Bargründung, bei der der Aktionär seine Einlage in inländischem Geld oder in ähnlicher Form erbringt (§ 54 Abs. 3 AktG). Andere Leistungsformen sind ausgeschlossen.
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Demgegenüber richtet sich die Einlageleistung bei der Sachgründung danach, ob es sich um eine Sacheinlage oder eine Sachübernahme handelt (§ 27 Abs. 1 AktG).
Die Sacheinlage erfasst im Grundsatz alle Fälle einer Einlageleistung, die nicht durch bare oder unbare Zahlung des Ausgabebetrags erfolgt. Voraussetzung ist lediglich, dass der einzulegende Gegenstand einlagefähig ist. Einlagefähig sind solche Vermögensgegenstände, die einen Vermögenswert haben (Bewertbarkeit) und die als solche auf die Gesellschaft übertragen werden können (Übertragbarkeit). Forderungen gegen den Gründer selbst können nicht eingelegt werden.
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Die Praxis kennt Fälle der Mischform, insbesondere die
• | gemischte Sacheinlage, bei der der Aktionär einen Vermögensgegenstand als Einlage auf die AG überträgt, dessen Wert den Betrag der übernommenen Einlage übersteigt, und ein Ausgleich des Mehrwertes in Aktien der Gesellschaft und in anderem Entgelt erfolgt.Im Einzelnen dazu BGH Urteil vom 20.11.2006 (Az: II ZR 176/05), unter Tz. 17 = BGHZ 170, 47; s. auch Stiller/Redeker ZIP 2010, 865. |
• | Mischeinlage, bei der der Gründer sowohl Bar- als auch Sacheinlageleistungen erbringt, es handelt sich auch hier wegen der nicht vollständigen Erbringung in bar um eine Sacheinlage. |
Beispiel
Statt einer Zahlung in Geld räumt Gründer G der AG die ausschließlichen Nutzungsrechte an seinem Patent zu einer bestimmten Maschinenform ein.
Um einen Fall der Sachübernahme handelt es sich, wenn die Gesellschaft vorhandene oder herzustellende Vermögensgegenstände übernehmen soll, deren Vorhandensein oder Herstellung der Gründer bereits zugesagt hat. Das Gesetz nennt beispielhaft vorhandene oder herzustellende Betriebsanlagen der Gesellschaft (§ 27 Abs. 1 S. 1 AktG).
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Nach § 57 Abs. 1 AktG dürfen die Einlagen nicht zurückgewährt werden. Gleichwohl sollen in einem solchen Fall weder Verpflichtungs- noch Erfüllungsgeschäft nichtig sein.BGH Urteil vom 12.3.2013 (Az: II ZR 179/12), unter Tz. 12 ff. = ZIP 2013, 819.
bb) Treuepflicht
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Der Aktionär ist der AG und den übrigen Aktionären gegenüber zur Treue verpflichtet. Er darf seine Mitgliedschaftsrechte insbesondere nicht zum Nachteil der AG oder der anderen Aktionäre ausüben.BGH Urteil vom 20.3.1995 (Az: II ZR 205/94), unter Tz. 29 ff. = BGHZ 129, 136.
Dieses Schädigungsverbot untersagt beispielsweise
• | jede Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung gegen den gemeinsamen Zweck,BGH Urteil vom 20.3.1995 (Az: II ZR 205/94), unter Tz. 29 ff. = BGHZ 129, 136: Verhinderung einer notwendigen Gesellschaftssanierung. vor allem zur Verfolgung allein eigener Zwecke (§ 243 Abs. 2 S. 1 AktG); |
• | jede die AG diskreditierende und kreditgefährdende Äußerung gegenüber Dritten und |
• | die zu einer Liquiditätskrise führende Kündigung eines Gesellschafterdarlehens.BGH Urteil vom 25.9.1986 (Az: II ZR 262/85), unter Tz. 13 ff. = BGHZ 98, 276. |
Eine besondere Ausprägung hat das Schädigungsverbot in der Untersagung jeder missbräuchlichen Ausübung von Anfechtungs- und Klagerechten gegen Hauptversammlungsbeschlüsse gefunden.BGH Urteil vom 20.3.1995 (Az: II ZR 205/94), unter Tz. 18 ff. = BGHZ 129, 136 – Girmes.
cc) Gleichbehandlungsgrundsatz
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Im Gegenzug zur Treuepflicht hat der Aktionär Anspruch auf Gleichbehandlung (§ 53a AktG). Jede Ungleichbehandlung der Aktionäre ohne sachlichen Grund vor allem in der Hauptverhandlung ist unzulässig. Eine Ungleichbehandlung kann sachlich gerechtfertigt sein, wenn der Eingriff in das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs geeignet und erforderlich ist, um ein vorrangiges Interesse der AG zu wahren, der Eingriff setzt daher eine Abwägung voraus.BGH Urteil vom 13.3.1978 (Az: II ZR 142/76), unter Tz. 9ff. – Kali und Salz = BGHZ 71, 40; BGH Urteil vom 1.2.1988 (Az: II ZR 75/87), unter Tz. 13 ff. = BGHZ 103, 184.
Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz führen zur Anfechtbarkeit der betreffenden Hauptversammlungsbeschlüsse (§ 243 Abs. 1 AktG). Der betroffene Aktionär hat überdies Anspruch auf nachträgliche Herstellung der Gleichbehandlung, aber keinen Anspruch auf eine Gleichbehandlung, die selbst pflichtwidrig wäre.BGH Beschluss vom 22.10.2007 (Az: II ZR 184/06), unter Tz. 3 = ZIP 2008, 218.
dd) Auskunftsanspruch
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Der Aktionär, auch der stimmrechtslose, kann in der Hauptversammlung Auskünfte vom Vorstand verlangen (§ 131 AktG). Der Auskunftsanspruch kann als höchstpersönliches Recht nicht durch die Satzung ausgeschlossen und nicht ohne die Mitgliedschaft übertragen werden („Abspaltungsverbot“).
Der Auskunftsanspruch richtet sich gegen die AG, vertreten durch den Vorstand. Dieser ist bei der Auskunftserteilung zur gewissenhaften und getreuen Rechenschaft verpflichtet (§ 131 Abs. 2 S. 1 AktG).
Er betrifft alle Angelegenheiten der Gesellschaft, also etwa Kunden- und Geschäftsbeziehungen, die Art und Höhe der Gesellschafts- und Steuerschulden, Informationen über die Gewinnsituation und die zukünftige Gewinnerwartung, die Anlage des Gesellschaftsvermögens und Angelegenheiten verbundener Unternehmen,BGH Urteil vom 19.6.1995 (Az: II ZR 58/94 ), unter Tz. 12 ff. = ZIP 1995, 1256. soweit ein Bezug zu einem der Gegenstände der Tagesordnung besteht.BGH Urteil vom 18.10.2004 (Az: II ZR 250/02), unter Tz. 11 = ZIP 2004, 2428. Gesetzlich geregelt ist der Auskunftsanspruch zu Unternehmensverträgen (§ 293g Abs. 3 AktG).
Eine Auskunftsverweigerung ist nur in den gesetzlich geregelten Fällen erlaubt (§ 131 Abs. 3 AktG). Die Auskunftsverweigerung kommt in Betracht, wenn die Auskunftserteilung einen nicht unerheblichen Nachteil für die AG oder ein verbundenes Unternehmen zur Folge hätte, wenn steuerliche Bewertungsansätze betroffen sind und wenn der Vorstand sich durch die Auskunftserteilung strafbar machen würde.
Das 2005 in Kraft getretene Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) nimmt zudem solche Auskünfte aus, die auf der Internetseite der AG über mindestens sieben Tage vor Beginn der Hauptversammlung und in ihr durchgängig zugänglich sind. Dies soll den Ablauf der Hauptversammlung beschleunigen und Rechtsmissbrauch vorbeugen.
ee) Vermögensrechte
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Der Aktionär hat Anspruch auf Teilhabe am Bilanzgewinn (§ 58 Abs. 4 AktG). Der Anspruch erstreckt sich auf die Fassung eines Gewinnverwendungsbeschlusses in der Hauptversammlung und seine Anfechtung. Die Teilhabe kann in Geld (Bardividende) oder in Gestalt einer Sachausschüttung (Sachdividende) erfolgen, wenn die Satzung die Sachdividende zulässt (§ 58 Abs. 5 AktG).
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Um dem Aktionär die Möglichkeit zu geben, sein Beteiligungsverhältnis an der AG zu wahren, hat er im Falle einer ordentlichen Kapitalerhöhung und einer Kapitalerhöhung im Wege des genehmigten KapitalsNicht aber bei einer bedingten Kapitalerhöhung, die sich nur an einen bestimmten Personenkreis richtet. Anspruch auf Bezug junger Aktien zu dem Anteil seiner bisherigen Beteiligung am Grundkapital.
Der Anspruch richtet sich gegen die AG auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages und wird durch Abtretung (§§ 398 ff. BGB) bzw. im Falle des Dividendenscheins nach §§ 929 ff. BGB erfüllt.
Da er an einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ohnehin teilnimmt, ist dort ein Bezugsrecht nicht erforderlich.