Inhaltsverzeichnis
- b) Rechtsfähigkeit
- aa) Die Unterscheidung zwischen Innen- und Außengesellschaft
- bb) Scheck- und Wechselfähigkeit
- cc) Insolvenzfähigkeit
- dd) Erbfähigkeit
- ee) Markenfähigkeit
- ff) Grundbuchfähigkeit
- gg) Die GbR als Verwalterin nach dem Wohnungseigentumsgesetz
- hh) Umwandlungsfähigkeit
- ii) Fähigkeit zur Gesellschafterstellung
- jj) Die GbR im Verfassungs- und Verwaltungsrecht
- kk) Beteiligten- und Parteifähigkeit
- ll) Verbrauchereigenschaft
b) Rechtsfähigkeit
aa) Die Unterscheidung zwischen Innen- und Außengesellschaft
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Abhängig davon, ob die Gesellschaft nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter auf die Teilnahme am Rechtsverkehr gerichtet ist oder nicht, unterscheidet man zwischen Innen- und Außengesellschaft. Mit dem Inkrafttreten des MoPeG hat diese Unterscheidung an Bedeutung verloren, weil das Gesetz die Rechts- und Parteifähigkeit der GbR für den Regelfall klar geregelt hat.
Nach § 705 Abs. 2 BGB (in der Fassung des MoPeG) ist die nicht rechtsfähige GbR lediglich ein Instrument zur internen Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen den Gesellschaftern. Diese Gesellschaft nimmt nicht am Rechtsverkehr teil und kann daher weder ein eigenes Gesellschaftsvermögen bilden noch als Trägerin von Rechten und Pflichten auftreten.
Die rechtsfähige GbR hingegen, wie sie in § 705 Abs. 2 Alt. 1 BGB definiert ist, besitzt Rechts- und Parteifähigkeit. Sie kann als eigenständiges Rechtssubjekt auftreten, Verträge schließen, Eigentum erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. Diese Regelung kodifiziert die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), die bereits in den Grundsatzurteilen von 1997 und 2001 die Rechtsfähigkeit der Außen-GbR anerkannt hatte.
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Die Frage nach der Rechtsnatur der GbR war seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches umstritten, da der ursprüngliche Gesetzgeber diese offenließ. Mit dem MoPeG hat der Gesetzgeber die Unterscheidung zwischen Innen- und Außengesellschaft systematisiert. Die Außengesellschaft bürgerlichen Rechts wird in § 705 Abs. 2 Alt. 1 BGB ausdrücklich als rechtsfähige Gesellschaft anerkannt. Sie ist jedoch keine juristische Person, sondern weiterhin eine Personengesellschaft, die aus der Gruppe der Gesellschafter besteht.
Gesellschaftsverbindlichkeiten betreffen nach wie vor die Gesellschafter direkt: Nach § 721 Satz 1 BGB haften die Gesellschafter gesamtschuldnerisch für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Dies bedeutet, dass ein Gläubiger von jedem Gesellschafter die gesamte Schuld verlangen kann.
Hinweis
Die Unterscheidung zwischen Innen- und Außengesellschaft spiegelt sich in der Trennung zwischen Innen- und Außenverhältnis wider. Das Innenverhältnis betrifft die Geschäftsführung und die Rechte und Pflichten der Gesellschafter untereinander. Das Außenverhältnis regelt die Vertretung der Gesellschaft und damit das Handeln gegenüber Dritten. Das MoPeG vereinfacht die rechtsformübergreifende Systematik, indem es eine klare Abgrenzung zwischen diesen Bereichen schafft.
bb) Scheck- und Wechselfähigkeit
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Scheck- und Wechselfähigkeit der Außen-GbR war bereits seit längerer Zeit anerkannt.BGH Urteil vom 15.7.1997 (Az: XI ZR 154/96), unter Tz. 15 = BGHZ 136, 254. Die GbR ist also Subjekt des Wertpapierrechts.
cc) Insolvenzfähigkeit
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Die Insolvenzfähigkeit der GbR folgt unmittelbar aus § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO.
dd) Erbfähigkeit
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Sie ist darüber hinaus auch erbfähig. Damit entfällt die bisherige mühselige Umdeutung einer auf eine GbR gerichteten Verfügung von Todes wegen in eine solche, die die einzelnen Gesellschafter mit der Auflage, das Zugewandte in die GbR einzubringen, bedenkt.Elsing BB 2003, 914; Scherer/Feick ZEV 2003, 341; anders noch BayObLG Beschluss vom 31.3.1998 (Az: 1Z BR 174/97), unter Tz. 19 = FamRZ 99, 170.
ee) Markenfähigkeit
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Die GbR ist markenfähig.K. Schmidt NJW 2001, 993; a.A. noch BGH Urteil vom 24.2.2000 (Az: I ZR 168/97), unter Tz. 410 = DB 2000, 2117 – Ballermann. Wurde eine Marke für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts angemeldet, ist letztere von Anfang an auch dann alleinige Markeninhaberin, wenn statt ihrer im Markenregister entsprechend der früher vertretenen Rechtsmeinung, derzufolge Gesellschaften bürgerlichen Rechts, auch wenn sie Außengesellschaften sind, nicht Zeicheninhaber sein konnten, ihre Gesellschafter eingetragen sind.BPatG Beschluss vom 20.8.2004 (Az: 25 W (pat) 232/03), unter Tz. 22 = GRUR 2004, 1030 – Markenregisterfähigkeit einer GbR; BPatG Beschluss vom 12.6.2007 (Az: 27 W (pat) 40/05), unter Tz. 21 ff. = GRUR 2008, 448 – Pit Bull.
ff) Grundbuchfähigkeit
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Mittlerweile ist außerdem die Grundbuchfähigkeit der GbR anerkannt. Der Gesetzgeber hat § 47 Abs. 2 GBO dergestalt neu gefasst, dass für eine GbR ein Recht nur eingetragen werden soll, wenn sie im Gesellschaftsregister (§ 707 BGB) eingetragen ist. Systematisch setzt dies voraus, dass es sich um eine rechtsfähige GbR handelt (§ 705 Abs. 2 Alt. 1 BGB).Ob bei Ausscheiden eines Gesellschafters die verbleibenden Gesellschafter eine Grundbuchberichtigung bewilligen müssen, ist umstritten.Für das Erfordernis einer Bewilligung durch die verbleibenden Gesellschafter OLG München Beschluss vom 28.07.2015 (Az.: 34 Wx 106/15) unter II.2.a.1.aa = EWiR 2016, 71 m. Anm. Schodder, gegen das Erfordernis KG Beschluss vom 8.7.2020 (Az.: 1 W 35/20) unter II. = EWiR 2021, 75 m. Anm. Paulus.
Sind im Grundbuch noch alle Gesellschafter der GbR mit dem Zusatz „als GbR“ eingetragen, so ist Eigentümerin der Immobilie die GbR.BGH Beschluss vom 4.12.2008 (Az: V ZB 74/08), unter Tz. 20 = BGHZ 179, 102, und BGH Beschluss vom 28.4.2011 (Az: V ZB 194/10), unter Tz. 10 ff. = NZG 2011, 698, 698 ff. Grundlegend zur Grundbuchfähigkeit Wilhelm NZG 2011, 801; s. auch Altmeppen ZIP 2011, 1937, Ulmer ZIP 2011, 1689 und Westermann WM 2013, 441, 446.
Gegenüber den vom OLG Schleswig geäußerten Bedenken,OLG Schleswig Beschluss vom 29.10.2007 (Az: 2 W 212/07), unter Tz. 2 = NJW 2008, 306. dass mangels Eintragung der GbR in ein öffentliches Register der Nachweis ihres Bestehens und der vertretungsberechtigten Personen nur schwer geführt werden könne, behalf sich die Praxis bisher mit der Einsetzung eines Grundbuchtreuhänders. Dieser umständliche Weg ist mit Einführung des Gesellschaftsregisters obsolet.
gg) Die GbR als Verwalterin nach dem Wohnungseigentumsgesetz
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Wie oHG, KG oder GmbH kann die im Gesellschaftsregister eingetragene GbR Verwalterin nach dem Wohnungseigentumsgesetz sein, nach bisheriger Rechtsprechung nicht aber eine nicht im Gesellschaftsregister eingetragene.BGH Beschluss vom 26.1.2006 (Az: V ZB 132/05), unter Tz. 13 = ZIP 2006, 560. Der Grund dafür ist nicht in der Frage der Rechtsfähigkeit zu suchen, der GbR mangelt es vielmehr an einer Registerpublizität, da sie anders als die Personenhandelsgesellschaften nicht im Handelsregister eingetragen wird. Daher sieht der BGH die Handlungsfähigkeit der Wohnungseigentümer gefährdet. Überzeugen kann eine solch individuelle Wertung nicht. Die fehlende Registerpublizität der GbR führt nicht nur für den Rechtsverkehr im Rahmen des Wohnungseigentumsgesetzes, sondern allgemein zu Rechtsunsicherheiten.Kritisch gegenüber dem BGH insoweit Schäfer NJW 2006, 2160.
Mit dem Wohnungseigentum in weiterem Zusammenhang steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu der Zulässigkeit einer Kündigung eines Mietverhältnisses durch eine GbR wegen Eigenbedarfs nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, die wirksam ist, wenn entweder die Gesellschaft selbst oder einer ihrer Gesellschafter Eigenbedarf geltend machen kann. In seinem Urteil zum Eigenbedarf geht der BGH von der Erwägung aus, dass es unerheblich sei, ob die Vermietung durch eine Gesamthand oder eine Personenmehrheit – etwa ein Ehepaar – erfolge.BGH Urteil vom 27.6.2007 (Az: VIII ZR 271/06), unter Tz. 12 = NJW 2007, 2845; Urteil vom 14.12.2016 (Az: VIII ZR 232/15), unter Tz. 15 ff. = NJW 2017, 547, 549.
hh) Umwandlungsfähigkeit
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Die GbR kann Ziel einer formwechselnden Umwandlung sein.
ii) Fähigkeit zur Gesellschafterstellung
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Die rechtsfähige GbR kann Gesellschafter jeder Gesellschaftsform mit Ausnahme der Partnerschaftsgesellschaft sein, auch kann sie sich an einer anderen GbR beteiligen.
jj) Die GbR im Verfassungs- und Verwaltungsrecht
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Die GbR ist Trägerin von Grundrechten.BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 2.9.2002 (Az: 1 BvR 1103/02), unter Tz. 6 = ZIP 2002, 2214. Sie ist Adressatin ordnungsbehördlicher Verfügungen als Bauherrin, die eine Baugenehmigung begehrt.OVG Bautzen Beschluss vom 16.7.2001 (Az: 1 B 113/01), unter Tz. 2 = NJW 2002, 1361.
kk) Beteiligten- und Parteifähigkeit
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Die GbR ist im Verwaltungsprozess beteiligungsfähig (§ 61 Nr. 2 VwGO). Ihre Parteienstellung im finanzgerichtlichen Verfahren ist anerkannt (§ 57 FGO) für die Fälle, in denen sie selbst Steuerrechtssubjekt ist, vor allem im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften.BFH Urteil vom 18.5.2004 (Az: IX R 83/00), unter Tz. 12 = DStR 2004, 1331.
Im Zivilprozess bestand nach überkommener Ansicht bisher allein eine notwendige Streitgenossenschaft zwischen den Gesellschaftern. Schon bisher war anerkannt, dass die Außengesellschaft aktiv und passiv parteifähig ist, also Klägerin ebenso wie Beklagte sein kann.Ausführlich hierzu Lutz GWR 2012, 30. Die Gesellschaft kann daher nur einheitliche Anträge stellen.BGH Urteil vom 23.10.2003 (Az: IX ZR 324/01), unter Tz. 15 = DStR 2004, 191. Ein Wechsel der Gesellschafter ist kein Parteiwechsel, sondern im Wege einer Rubrumsberichtigung zu berücksichtigen, wenn die Gesellschafter im Einzelnen genannt sind, gleiches gilt für Rechtsstreitigkeiten, in denen die Gesellschafter noch als notwendige Streitgenossen auftraten.BGH Urteil vom 15.1.2003 (Az: XII ZR 300/99), unter Tz. 15 = ZIP 2003, 667. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines einzelnen Gesellschafters der GbR führt mithin nicht mehr zu einer Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 ZPO.OLG Dresden Beschluss vom 8.6.2006 (Az: 13 W 0653/06), unter Tz. 11 = ZIP 2006, 2287. Vertreter der GbR im Rechtsstreit ebenso wie in öffentlich-rechtlichen Verfahren sind die Gesellschafter, soweit nicht ein einzelner mit der Vertretung betraut ist.BGH Beschluss vom 7.12.2006 (Az: V ZB 166/05), unter Tz. 13 = ZIP 2007, 248.
ll) Verbrauchereigenschaft
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Die GbR kann nur dann Verbraucher gemäß § 13 BGB sein, wenn an ihr ausschließlich natürliche Personen beteiligt sindBGH Urteil vom 30.3.2017 (Az: VII ZR 269/15), unter Tz. 23 ff. = NZG 2017, 696, 697.. So wie juristischen Personen nie Verbrauchereigenschaft zukommt, da ihnen privates Handeln fremd ist, kann auch eine GbR nicht Verbraucher sein, wenn an ihr mindestens eine juristische Person als Gesellschafter beteiligt ist.