Inhaltsverzeichnis
IV. Sofortige Beschwerde
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Die ZPO unterscheidet zwischen sofortiger Beschwerde und Rechtsbeschwerde. Mit der sofortigen Beschwerde werden gerichtliche Entscheidungen überprüft, gegen die Berufung und Revision nicht erlaubt sind (§ 567 ZPO).
Hinweis
Die Parteien heißen in diesem Verfahren Beschwerdeführer und Beschwerdegegner.
1. Zulässigkeit
a) Statthaftigkeit
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Die sofortige Beschwerde ist statthaft gegen in erster Instanz erlassene Entscheidungen (Beschlüsse, Verfügungen) von AG oder LG, wenn dies im Gesetz bestimmt ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO mit z.B. §§ 71 Abs. 2, 91a Abs. 2, 99 Abs. 2, 793 ZPO) oder wenn die Entscheidung eine mündliche Verhandlung nicht erfordert und in der Entscheidung ein Gesuch zurückgewiesen wurde (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), z.B. die Ablehnung einer Terminbestimmung.
Zeiss/Schreiber Zivilprozessrecht Rn. 725. Die sofortige Beschwerde ist auf erstinstanzliche Entscheidungen beschränkt. Gegen Beschlüsse der zweiten Instanz gibt es die Rechtsbeschwerde, die aber einer Zulassung durch Gesetz oder durch das Ausgangsgericht bedarf. Nach der Rechtsprechung ist die sofortige Beschwerde auch gegen Beschlüsse statthaft, die gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßen, selbst wenn das Gesetz eine Beschwerde nicht erlaubt (wie z.B. § 355 Abs. 2 ZPO bei Beweisbeschlüssen).Vgl. BGH NJW-RR 2009, 1223 (Beweisbeschluss zur Frage der Prozessfähigkeit einer Partei).b) Form, Frist, Beschwer
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Die sofortige Beschwerde setzt zunächst die Einreichung einer Beschwerdeschrift des Beschwerdeführers voraus (§ 569 Abs. 2 S. 1 ZPO). Sie ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen (§ 569 Abs. 1 S. 1 ZPO) nach Wahl des Beschwerdeführers entweder beim Ausgangsgericht (iudex a quo) oder beim Beschwerdegericht (iudex ad quem) einzureichen (§ 569 Abs. 1 S. 1 ZPO). Die Einlegung hat bei beiden Gerichten fristwahrende Wirkung (anders bei der Berufung, Revision). Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung (§ 569 Abs. 1 S. 2 ZPO). Auch die sofortige Beschwerde setzt eine Beschwer voraus. Richtet sich die Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung, müssen 200 € als Beschwersumme erreicht werden (§ 567 Abs. 2 ZPO). Einer Begründung der Beschwerde (anders bei Berufung, Revision) bedarf es nicht („soll“ in § 571 Abs. 1 ZPO).
2. Beschwerdeverfahren
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Als erstes erhält das Ausgangsgericht Gelegenheit, selbst der Beschwerde abzuhelfen (§ 572 Abs. 1 S. 1 ZPO). Dieses Selbstüberprüfungsrecht bezweckt eine geringere Belastung der Beschwerdegerichte.
Pohlmann Zivilprozessrecht Rn. 666. Hilft das Ausgangsgericht der Beschwerde nicht ab, muss diese unverzüglich dem Beschwerdegericht vorgelegt werden (§ 572 Abs. 1 Hs. 2 ZPO). Erst jetzt kommt es zum Devolutiveffekt. Das Beschwerdegericht prüft zunächst die Zulässigkeit der Beschwerde. Ist sie unzulässig, wird sie verworfen (§ 572 Abs. 2 ZPO). Andernfalls wird das Verfahren als zweite Tatsacheninstanz fortgeführt.3. Begründetheit und Entscheidung
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In der Begründetheit überprüft das Beschwerdegericht, ob die Entscheidung des Ausgangsgerichts rechtmäßig ergangen ist. Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel können berücksichtig werden (§ 571 Abs. 2 S. 1 ZPO). Hält das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, kann es selbst entscheiden oder das Ausgangsgericht anweisen, die ersetzende Entscheidung selbst vorzunehmen (§ 572 Abs. 3 ZPO). Eine unbegründete Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Entscheidungen des Beschwerdegerichts ergehen stets durch Beschluss (§ 572 Abs. 4 ZPO).