Inhaltsverzeichnis
III. Erlass des Urteils
1. Form und Inhalt
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Das Urteil besteht aus fest vorgeschriebenen Elementen: Es enthält zunächst die Überschrift mit der Formel, dass das Urteil im Namen des Volkes ergeht (§ 311 Abs. 1 ZPO). Dann folgen das Aktenzeichen und das Verkündungsdatum. Dem schließt sich das Rubrum, d.h. die Bezeichnung der Parteien und ihren Bevollmächtigten (§ 313 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), an. Nach dem Rubrum folgt der Tenor (= die Urteilsformel) als der wesentliche Teil des Urteils. Der Tenor ist für die Zwangsvollstreckung maßgebend. Danach kommt die Begründung des Urteils. Zunächst wird der Tatbestand (§ 313 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 ZPO) wiedergegeben, der eine Darstellung der im Prozess erhobenen Ansprüche, die Angriffs- und Verteidigungsmittel, die Anträge der Parteien sowie eine knappe Darstellung der Prozessgeschichte enthält. Dem folgen die Entscheidungsgründe (§ 313 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 ZPO). Diese geben die Erwägungen des Gerichts in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht wieder. Dann folgt die seit 2014 vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung (§ 232 ZPO). Das Urteil schließt mit der Unterschrift des Richters (§ 315 Abs. 1 ZPO).
Überschrift | AMTSGERICHT KÖLN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL | |||||||
Aktenzeichen Verkündungsdatum | 12 C 521/17 | verkündet am: 9.5.22 Mey, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle | ||||||
Rubrum | In dem Rechtstreit Mona Moos, – Klägerin – Prozessbevollmächtigte – Rechtsanwälte Huber & Kollegen | |||||||
| gegen | |||||||
| die Firma V-GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer Gerald Grün – Beklagte – Prozessbevollmächtigte – Rechtsanwälte Linsen & Partner | |||||||
| hat das Amtsgericht Köln durch den Richter am Amtsgericht Müller in der mündlichen Verhandlung am 28.4.2022 für Recht erkannt: | |||||||
Tenor |
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Tatbestand | Tatbestand | |||||||
| Die Klägerin hat am … im Geschäft der Beklagten 30 Fliesen der Marke ... gekauft. Die Fliesen wurden durch einen von der Klägerin beauftragten Fliesenleger verlegt. Die Klägerin trägt vor … ..…… | |||||||
Entscheidungsgründe | Entscheidungsgründe | |||||||
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ein- und Ausbau der Fliesen nach §§ 437 Nr. 1, 439 BGB nicht zu. Nach der Rechtsprechung des BGH …… Die Klägerin kann aber Minderung in Höhe von 273 € verlangen … Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO …. | ||||||||
Rechtsbehelfsbelehrung | Rechtsbehelfsbelehrung | |||||||
Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats ab Zustellung schriftlich Berufung beim Landgericht Köln …… | ||||||||
Unterschrift | Müller Richter am Amtsgericht |
2. Bindung an den Antrag
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Expertentipp
Haben Sie den Dispositionsgrundsatz mit seinen verschiedenen Ausprägungen noch in Erinnerung? Wiederholen Sie ihn ggf. an dieser Stelle (Rn. 38 ff.).
Nach § 308 ZPO ist das Gericht an die Sachanträge der Parteien gebunden. Es darf nicht selbst kreativ werden und eine eigene (bessere) Rechtsfolge aussprechen. Das verbietet der Dispositionsgrundsatz. Dem Gericht ist es jedoch erlaubt, ein Weniger zuzusprechen.
Vgl. BGH NJW 2016, 1094; Thomas/Putzo/Reichold ZPO § 308 Rn. 3. So darf es dem Kläger statt des gesamten Anspruchs nur einen Teilbetrag zuerkennen (statt 2000 € nur 1000 €) oder den Beklagten statt zur Löschung aller Fotos zu einem Teil davon verurteilen.BGH NJW 2016, 1094, 1095. Zulässig ist es auch, statt zur Leistung „nur“ zur Leistung Zug um Zug zu verurteilen. Unzulässig ist es aber, den Beklagten statt zur Zahlung zur Herausgabe einer Sache zu verurteilen.Beispiel
Mona möchte von der V-GmbH Neulieferung der Fliesen und ihren Einbau, sowie den Ausbau der alten Fliesen. Das AG Köln erkennt ihr wegen der Verfärbungen der Fliesen einen Minderungsbetrag in Höhe von 273 € zu. Dies ist ein Verstoß gegen § 308 ZPO, da Mona nie einen Anspruch auf Minderung gerichtlich erhoben hat.
Vgl. auch BGH NJW 2017, 1180, 1181 (Verletzung rechtlichen Gehörs Art. 103 Abs. 1 GG).3. Urteilsverkündung und Zustellung
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Ein Urteil wird erst durch seine förmliche Verkündung „geboren“ (§ 310 Abs. 1 ZPO). Vorher ist es nicht existent; es ist ein bloßer Entwurf.
BGH NJW 2014, 1306, 1307; NJW 2015, 2342. Es muss von den Richtern gefällt werden, die bei der letzten mündlichen Verhandlung anwesend waren (§ 309 ZPO = Unmittelbarkeit). Eher selten kommt es vor, dass das Urteil sogleich am Ende der mündlichen Verhandlung verkündet wird, sog. Stuhlurteil (§ 310 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 ZPO). Denn regelmäßig braucht der Richter nach der mündlichen Verhandlung noch eine gewisse „Nachdenkzeit“, so dass er das Urteil bevorzugt in einem besonderen Verkündungstermin verkündet (§ 310 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 ZPO). In diesem Fall muss das Urteil bei der (späteren) Verkündung vollständig formuliert sein (§ 310 Abs. 2 ZPO). Im Anschluss daran folgt die Zustellung des Urteils (§§ 317, 270 Abs. 1 ZPO). Die Zustellung markiert einen wichtigen Meilenstein für die Parteien, da sie die Rechtsmittelfristen und Einspruchsfristen in Gang setzt (§§ 517, 548, 339 ZPO).Hinweis
Die Zustellung des Urteils ist zudem Voraussetzung, dass die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann (§ 750 Abs. 1 ZPO).