Zivilprozessordnung

Das Beweisrecht - Beweismittel

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VI. Beweismittel

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Für die Beweisführung stehen Kläger und Beklagtem fünf verschiedene Beweismittel zur Verfügung. In der Praxis besonders bedeutsam sind der Zeugen-, der Urkunden- und der Sachverständigenbeweis. Weniger wichtig sind der Augenschein und die Parteivernehmung. Ein Privatgutachten ist kein Beweismittel (sondern Parteivortrag).

BGH NJW 2016, 2328, 2333.
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1. Zeugenbeweis

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Der Zeugenbeweis (§§ 373 ff. ZPO) ist eines der am häufigsten angebotenen Beweismittel in der Praxis. Gegenstand des Beweises sind Tatsachen, die der Zeuge selbst wahrgenommen hat. Das gezielte heimliche Mithören eines Telefongesprächs führt allerdings zu einem Beweisverwertungsverbot.

Vgl. BAG NJW 2010, 104, 106 f.; Schilken Zivilprozessrecht Rn. 474. Zeuge kann jedermann sein, nicht aber die Partei oder der gesetzliche Vertreter (z.B. Geschäftsführer der V-GmbH). Die Qualität des Zeugenbeweises hängt maßgeblich vom Erinnerungsvermögen und der Aussagengenauigkeit ab. Den Zeugen treffen mehrere Pflichten. Er hat wahrheitsgemäß und vollständig auszusagen (§§ 395, 396 ZPO) und kann vom Gericht zur Beeidigung seiner Aussage verpflichtet werden (§ 391 ZPO). In der Praxis stellt die Beeidigung die Ausnahme dar.

Beispiel

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Thomas verklagt den Autofahrer A auf Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls. Der Autofahrer trägt im Prozess vor, dass er an diesem Tag gar nicht Auto gefahren sei, sondern krank zuhause war. Als Beweismittel gibt er seine Ehefrau als Zeugin an.

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Das Gericht muss die Aussage des Zeugen anhören und schließlich die Glaubwürdigkeit des Zeugen beurteilen. Viele Referendare neigen dazu, die Glaubwürdigkeit eines Ehepartners von vornherein zu verneinen. Das ist ein klarer „Anfängerfehler“. Der Grad der Verwandtschaft oder die Tatsache einer bestehenden Ehe ist kein alleiniger Maßstab für die Beurteilung.

2. Sachverständigenbeweis

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In vielen Zivilprozessen ist eine Entscheidung ohne Sachverständigenbeweis (§§ 402 ff. ZPO) undenkbar. Technischer und medizinischer Fortschritt wirken sich auch im Zivilprozess aus. Wenn über die Mangelhaftigkeit eines Bauwerks oder einer Computersoftware oder über die Haftung eines Arztes wegen eines Behandlungsfehlers gestritten wird, sind den juristisch gebildeten Richtern/innen Grenzen gesetzt. Hier sind Experten oder Expertinnen erforderlich, die zu den behaupteten Tatsachen Stellung nehmen. Die Auswahl trifft das Prozessgericht; die Parteien können vorher gehört werden (§ 404 Abs. 2 ZPO). Um den Prozess nicht unnötig in die Länge zu ziehen, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist zur Abgabe des schriftlichen Gutachtens (§ 411 Abs. 1 ZPO). Der ausgewählte Sachverständige muss dann unverzüglich mitteilen, ob er sein Gutachten fristgerecht abliefern kann und ob er unparteilich ist (§ 407a ZPO). Im Gegensatz zum Zeugen teilt der Sachverständige nicht seine persönliche Wahrnehmung mit, sondern er berichtet über allgemeine (wissenschaftliche) Erfahrungssätze und Zusammenhänge. Diese werden zumeist in Form eines schriftlichen Gutachtens wiedergegeben (§ 411 Abs. 1 ZPO). Die Haftung des Sachverständigen für die Erstellung unrichtiger Gutachten ist in § 839a BGB geregelt. Eine Besonderheit ist der sachverständige Zeuge. Dieser berichtet über seine persönliche Wahrnehmung in seiner Eigenschaft als Experte auf einem bestimmten Gebiet (§ 414 ZPO). Er ist also ein Zeuge mit einer besonderen Sachkunde. Für ihn gelten die Bestimmungen über den Zeugenbeweis (§ 414 ZPO).

3. Urkundenbeweis

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Der Urkundenbeweis ist in den §§ 415 ff. ZPO geregelt. Nach der ZPO ist eine Urkunde die Verkörperung einer Gedankenäußerung in Schriftzeichen. Keine Urkunden sind mangels schriftlicher Fixierung elektronische Dokumente (z.B. Computerdateien, DVD oder CD). Diese werden als Augenscheinobjekte eingestuft (§ 371 Abs. 1 S. 2 ZPO), ebenso wie Fotos, Kopien, Videoaufnahmen oder Zeichnungen.

Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht § 119 Rn. 4. Beim Urkundenbeweis gelten feste gesetzliche Beweisregeln. Unterschieden wird zwischen öffentlichen und privaten Urkunden. Eine private Urkunde beweist immerhin, dass die in ihr enthaltene Erklärung vom Aussteller stammt (§ 416 ZPO), sofern sie echt ist (d.h. bei Echtheit der Unterschrift § 440 Abs. 2 ZPO). Ihr Inhalt unterliegt dagegen der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 286 ZPO).Zöller/Greger ZPO § 416 Rn. 9. Öffentliche Urkunden sind dokumentierte Erklärungen, die nach § 415 ZPO vor einer Behörde (insbesondere Notar) oder nach § 417 ZPO von einer Behörde (z.B. Gericht erlässt Strafurteil) abgegeben wurden. Nach § 415 ZPO umfasst die Beweiskraft den gesamten beurkundeten Vorgang (Person, Ort, Zeit, Inhalt). Werden die Behördendokumente dann eingescannt (an sich Augenscheinobjekte), bleiben diese Beweiskraftregeln erhalten (§ 371b ZPO).

4. Augenschein

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Der Beweis des (richterlichen) Augenscheins ist in §§ 371 ff. ZPO geregelt. Das Wort Augenschein ist etwas missverständlich. Unter den Beweis des Augenscheins fallen alle sinnlichen Wahrnehmungen (Auge, Ohr, Geschmack, Geruch, Tastsinn), so dass auch die Wahrnehmung von Geruchs- oder Lärmbelästigungen

Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht § 118 Rn. 1. oder das Betrachten einer Dash-cam-Aufzeichnung (zu einem Verkehrsunfall)Kein Verwertungsverbot: OLG Nürnberg NJW 2017, 3597, 3598 f.; LG München I BeckRS 2016, 18683. dazu gehören. Auch elektronische Dokumente (§ 371 Abs. 1 S. 2 ZPO) sind Augenscheinobjekte, wobei diese teils eigene (Urkunden-)Beweisregeln haben (§§ 371a, 371b ZPO). Diese äußerlich feststellbaren Tatsachen, die der Richter in eigener Person wahrnimmt, sind Gegenstand des Augenscheinbeweises. Das Gericht kann die Vorlage der Augenscheinobjekte anordnen (§ 144 Abs. 1 ZPO).

Beispiel

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Mona behauptet im Prozess gegen die V-GmbH, dass die Fliesen Verfärbungen aufweisen und daher mangelhaft seien. Sie bietet Augenschein und Sachverständigenbeweis als Beweismittel an. Hier kann das Gericht Augenscheinbeweis durch Besichtigung der Fliesen erheben.

5. Parteivernehmung

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Die Parteivernehmung (§§ 445 ff. ZPO) ist gegenüber den anderen Beweismitteln subsidiär.

BAG NJW 2014, 1326, 1327. Sie kommt in der Praxis immer wieder vor. Die Parteivernehmung ist vom bloßen Parteivortrag (Anhörung) in der mündlichen Verhandlung zu unterscheiden. Die Parteivernehmung erfordert einen Beweisbeschluss, in dem das Beweisthema klar abgegrenzt wird.Zöller/Greger ZPO § 448 Rn. 6. Zu einer Parteivernehmung kommt es, wenn das Gericht diese von Amts wegen anordnet (§ 448 ZPO).Zu den Voraussetzungen BGH NJW 2016, 950, 952. Eine Parteivernehmung kann im Fall der Beweisnot (Vier-Augen-Gespräch) aus dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit erforderlich sein.BGH NJW 2013, 2601, 2602; NJW 2010, 3292, 3293. Eine Partei kann nur die Parteivernehmung der gegnerischen Partei beantragen, außer beide Parteien sind mit der Eigennennung einverstanden (§ 447 ZPO).

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