Strafrecht Besonderer Teil 3 - Strafvereitelung im Amt, § 258a

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Strafrecht Besonderer Teil 3

Strafvereitelung im Amt, § 258a

E. Strafvereitelung im Amt, § 258a

I. Überblick

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Wie bereits ausgeführt, ist § 258a eine Qualifikation zu § 258. Da der Täter ein Amtsträger sein muss, handelt es sich um ein Sonderdelikt, mit der Folge, dass auch Mittäter und mittelbare Täter des § 258a Amtsträger sein müssen. Die Amtsträgereigenschaft ist ein besonderes persönliches Merkmal, welches sich strafschärfend auswirkt, so dass bei Teilnehmern § 28 Abs. 2 Anwendung findet.

Der Amtsträger kann sich sowohl wegen Verfolgungs- als auch wegen Vollstreckungsvereitelung strafbar machen. Zu beachten ist, dass gem. § 258a Abs. 3 der persönliche Strafausschließungsgrund des § 258 Abs. 6 (Angehörigenprivileg)  nicht anwendbar sind.

II. Tatbestand

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Täter des § 258a muss zunächst ein Amtsträger sein. Der Begriff des Amtsträgers ist in § 11 Abs. 1 Nr. 2 legaldefiniert. Die Amtsträgereigenschaft allein reicht jedoch nicht aus für eine Strafbarkeit gem. § 258a. Hinzukommen muss, dass der Täter als Amtsträger zur Mitwirkung bei dem Strafverfahren oder dem Verfahren zur Anordnung der Maßnahme berufen ist. Zu derart Berufenen gehören grundsätzlich Richter und Staatsanwälte sowie Polizeibeamte und Beamte der Finanzverwaltung.

Schönke/Schröder-Hecker § 258a Rn. 5.

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Umstritten ist, ob mit dem Tatbestandsmerkmal „zur Mitwirkung berufen“ verlangt werden muss, dass der Amtsträger tatsächlich mit der Sache befasst ist oder ob es ausreicht, wenn er die dienstliche Möglichkeit hat, sich mit der Sache zu befassen.

Beispiel

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Gegen den Sohn von Staatsanwältin S wird wegen verschiedener Computerdelikte ermittelt. Zuständig ist der als Hardliner verschriene Staatsanwalt A. Um ihren Sohn vor Strafe zu bewahren, entfernt S in der Mittagspause aus der Ermittlungsakte die wesentlichen Zeugenaussagen, die ihren Sohn belasten.

Nach herrschender Auffassung reicht die dienstlich eröffnete Möglichkeit aus, in das Verfahren einzugreifen und sei es auch unter Verletzung innerdienstlicher Zuständigkeiten.

Schönke/Schröder-Hecker § 258a Rn. 4 m.w.N. Eine tatsächliche Befassung mit der Sache, wie sie teilweise von anderen Vertretern verlangt wird,Fischer § 258a Rn. 3. ist dementsprechend nicht erforderlich.

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Klausurrelevant wird diese Thematik vor allem auch im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Amtsträger, der außerdienstlich von einer Straftat Kenntnis erlangt, sich wegen Strafvereitelung im Amt durch Unterlassen strafbar machen kann. Sofern man mit der herrschenden Meinung die dienstlich eröffnete Möglichkeit, in ein Verfahren einzugreifen, als ausreichend ansieht, stellt sich in Fällen dieser Art die Frage, ob der Amtsträger als Garant verpflichtet ist, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Da § 258 die Strafrechtspflege schützt, kann eine Garantenpflicht nur denjenigen treffen, der verpflichtet ist, die Belange der Strafrechtspflege wahrzunehmen oder jedenfalls zu fördern.

Jäger Strafrecht BT Rn. 576.

Beispiel

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Staatsanwältin S erfährt abends in der Kneipe von ihrem langjährigen Freund F, dass dessen Ehefrau, die im Vorstand eines staatlichen Unternehmens sitzt, eine Untreue in Millionenhöhe begangen hat. Aufgrund der langjährigen, freundschaftlichen Verbundenheit unterlässt es S, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.

Fraglich ist, ob S sich der Strafvereitelung im Amt gem. §§ 258a, 13 strafbar gemacht haben kann. Voraussetzung dafür ist u.a., dass S verpflichtet ist, ein solches Ermittlungsverfahren einzuleiten.

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Diese Verpflichtung könnte sich aus dem Legalitätsprinzip ergeben, welches in § 152 Abs. 2 StPO (bitte nachlesen!) niedergelegt ist. Demnach ist der Staat und damit auch die Staatsanwaltschaft grundsätzlich verpflichtet, bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte, die einen Anfangsverdacht begründen, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Diese Pflicht besteht unstreitig, wenn der Amtsträger während seiner Amtszeit einen Anfangsverdacht fasst und es gleichwohl unterlässt, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Nach herrschender Meinung besteht diese Pflicht jedoch auch bei außerdienstlicher Kenntniserlangung, sofern es sich um schwere, die Öffentlichkeit in besonderem Maße tangierende Straftaten handelt. Eine solche Straftat kann angenommen werden bei den Katalogtaten des § 138, darüber hinaus aber auch bei Straftaten von besonderer Gefährlichkeit oder bei solchen, die einen hohen wirtschaftlichen Schaden verursacht haben.

S_SPP StrafR BT 1/§_16/Aufsatz/Abschn_III/Nr_7/Rz_817S_SPP StrafR BT 1/§_18/Aufsatz/Abschn_III/Rz_817S_SPP StrafR BT 1/§_18/Aufsatz/Abschn_III/Fallbeispiel/Rz_817Wessels/Hettinger/Engländer Strafrecht BT 1 Rn. 817; BVerfG JZ 2004, 303; BGHSt 38, 388. Teilweise wird in der Literatur eine generelle Anzeigepflicht bei privat erlangten Informationen verneint, um den privaten Bereich der Amtsträger zu schützen.MüKo-Cramer § 258a Rn. 7. Zudem wird darauf verwiesen, dass die Differenzierung, die die h.M. vornimmt, zu unbestimmt sei, um prozessuale Verfolgungspflichten zu begründen.

Beispiel

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Da die Ehefrau des F in einem staatlichen Unternehmen im Vorstand sitzt und zudem ein Schaden in Millionenhöhe verursacht wurde, handelt es sich um eine schwere, die Interessen der Öffentlichkeit tangierende Straftat. S wäre mithin nach h.M. verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Da sie dies unterlassen hat, hat sie sich gem. §§ 258, 13 strafbar gemacht.

III. Rechtswidrigkeit und Schuld

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Insofern gibt es keine deliktsspezifischen Besonderheiten, so dass die allgemeinen Grundsätze gelten.

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