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Strafrecht Besonderer Teil 2 - Betrug, § 263 - Irrtumserregung

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Strafrecht Besonderer Teil 2

Betrug, § 263 - Irrtumserregung

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2. Irrtumserregung

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Durch die Täuschung muss beim Opfer kausal ein Irrtum erregt oder unterhalten worden sein.

Definition

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Definition: Irrtum

Unter einem Irrtum ist jede unrichtige, der Wirklichkeit nicht entsprechende Vorstellung über Tatsachen zu verstehen.

Wessels/Hillenkamp Strafrecht BT/2 Rn. 510.

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Irren können sich nur natürliche Personen, so dass bei Manipulationen an Computern § 263a zu prüfen ist.

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Ein Irrtum des Opfers liegt unproblematisch vor, wenn dieses die Täuschung des Täters bewusst reflektiert.

Beispiel

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Galerist G verkauft der ahnungslosen, aber ambitionierten K einen an einem Besenstiel befestigten Filzhut als letztes Kunstwerk von Beuys zu einem Betrag von 50 000 €. K war nur aufgrund des Umstandes, dass es sich um einen „echten Beuys“ handelt, bereit, diesen Preis zu zahlen.

Hier liegt eine aktuelle Reflektion der K vor, so dass die Irrtumserregung zweifelsfrei bejaht werden kann.

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Eine aktuelle Reflektion des Opfers ist indes für die Bejahung eines Irrtums nicht erforderlich. Nach überwiegender Auffassung reicht es, dass das Opfer im Wege eines sachgedanklichen Mitbewusstseins davon ausgeht, es sei „alles in Ordnung“. Ein Irrtum muss hingegen verneint werden, wenn das Opfer sich über die vom Täter behauptete Tatsache keinerlei Gedanken macht.

Umstritten z.B. bei Fällen, in denen ein Rechtspfleger über einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides entscheiden muss. Da den Rechtspfleger keine inhaltliche Prüfungspflicht trifft, geht eine Auffassung davon aus, dass er sich dementsprechend auch keine Gedanken mache und sich ergo auch nicht irren könne. Andererseits wird darauf hingewiesen, dass der Rechtspfleger keinesfalls einen Mahnbescheid erlassen wolle, der ersichtlich auf falschen Tatsachen beruhe. Eine gute Darstellung dieses Problems finden Sie in der Entscheidung des OLG Celle NStZ-RR 2012, 111. Eine Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig werden. Indizien für das Vorliegen eines sachgedanklichen Mitbewusstseins sind allgemeine Prüfungspflichten des Opfers, das Fehlen von Auffälligkeiten sowie die allgemeine Lebenserfahrung.

Beispiel

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Der Kellner, der im Restaurant Bestellungen entgegennimmt, wird i.d.R. auch ohne bewusste Reflektion davon ausgehen, dass der bestellende Gast zur Zahlung willens und imstande ist.

Wer Geld entgegennimmt, wird im Wege des sachgedanklichen Mitbewusstseins davon ausgehen, dass es sich bei dem Geld nicht um Falschgeld handelt.

Fraglich ist, ob der Bankangestellte, der nach Vorlage eines Sparbuchs das Geld an den Täter, der nicht der berechtigte Sparbuchinhaber ist, auszahlt, über die Berechtigung nachdenkt. Da Sparbücher Legitimationspapiere gem. § 808 BGB sind, leistet die Bank befreiend an den Vorlegenden, auch wenn dieser nicht der Berechtigte ist. Es besteht mithin aufgrund dessen grundsätzlich keine Prüfpflicht des Bankangestellten, was darauf schließen lassen könnte, dass dieser sich entsprechend auch keine Gedanken über die Berechtigung mache.

So im Ergebnis SK-Samson/Günther § 263 Rn. 60. Dem wird jedoch entgegengehalten, dass bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Bankangestellten die Bank als Ausnahme zu § 808 BGB nicht von ihrer Verbindlichkeit gegenüber dem Berechtigten befreit werde. Dies führe dazu, dass auch ein Bankangestellter bei Vorlage des Sparbuches davon ausgehe, der Vorlegende sei der Berechtigte.Wessels/Hillenkamp Strafrecht BT/2 Rn. 511.

Der Käufer eines Gebrauchtwagens wird auch ohne aktuelle Reflektion davon ausgehen, dass mit dem Wagen „alles in Ordnung“ sei, der Wagen insbesondere kein Unfallwagen ist.

Der Händler, dessen Kunde mit einer Kreditkarte gezahlt hat, wird sich in aller Regel keine Gedanken darüber machen, ob das Konto des Kunden eine entsprechende Deckung aufweist. Dies hängt mit der Garantiefunktion der Kreditkarte zusammen, die bewirkt, dass der Händler auf jeden Fall von dem kartenausgebenden Institut den Kaufpreis erhält. In diesem Fall würden Sie in der Klausur allerdings auch schon die konkludente Täuschung verneinen. Konkludent wird nämlich nur das miterklärt, woran der Rechtsverkehr ein rechtlich erhebliches Interesse hat.

Expertentipp

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Wie Sie anhand der vorstehenden Beispielsfälle gemerkt haben, entspricht die Argumentation, die zur Bejahung der konkludenten Täuschung führt, im Wesentlichen jener, die zur Bejahung des sachgedanklichen Mitbewusstseins herangezogen wird. Haben Sie also unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung den Erklärungsgehalt eines Verhaltens bestimmt und die konkludente Täuschung bejaht, dann wird in der Klausur zumeist auch die Bejahung eines entsprechenden Irrtums unproblematisch sein, es sei denn, der Sachverhalt enthält eindeutige Anhaltspunkte zu einer etwaigen, gleichgültigen Einstellung des Opfers. Die Klärung des Irrtums ist subjektiv durch das Opfer geprägt und insofern im Einzelfall Tatfrage.

OLG Düsseldorf NJW 1989, 2003. So kann es durchaus sein, dass das Opfer Prüfpflichten hat, welche darauf hindeuten, dass es sich über den fraglichen Umstand Gedanken gemacht haben muss, das Opfer diesen Prüfpflichten am Tattag jedoch nicht nachgekommen ist, weil es aus persönlichen Gründen mit seinen Gedanken ganz woanders war.

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Kennt das Opfer die unwahren Tatsachen nicht, dann kommt ebenfalls ein Irrtum nicht in Betracht (sog. ignorantia facti). In diesem Fall fehlt es jedoch schon an einer Täuschungshandlung, da zumeist keine Kommunikation zwischen Täter und Opfer stattgefunden hat.

Beispiel

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A hat, wie im obigen Beispielsfall beschrieben, den Zug ohne Fahrkarte betreten und entzieht sich der Kontrolle durch Schaffner S, indem er sich auf der Toilette versteckt.

Hier hat S keine Kenntnis von dem blinden Passagier, so dass er sich auch nicht irrt. Allerdings hat auch schon keine Täuschungshandlung durch A stattgefunden, da A mit dem Verstecken nicht intellektuell auf das Vorstellungsbild des S eingewirkt hat.

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Fraglich und umstritten ist, ob ein Irrtum auch dann bejaht werden kann, wenn das Opfer konkrete Zweifel an der Richtigkeit der behaupteten Tatsache hat. Teilweise wird dies mit der fehlenden Schutzbedürftigkeit des Opfers verneint.

Amelung GA 77, 1; Naucke Festschrift für Karl Peters, 1974, S. 109 ff. Dieser Auffassung wird von der überwiegenden Meinung jedoch entgegengehalten, dass damit bedenkliche Freiräume für betrügerisches Verhalten bei Leichtgläubigen und Unerfahrenen geschaffen würden. Dementsprechend stehen Zweifel des Opfers grundsätzlich der Annahme eines Irrtums nicht entgegen, sofern das Opfer die Wahrheit der behaupteten Tatsache jedenfalls für möglich hält und dadurch zur Vermögensverfügung motiviert wird.BGH NJW 2004, 454; Wessels/Hillenkamp Strafrecht BT/2 Rn. 512.

Beispiel

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Nehmen Sie an, im obigen Galeristenbeispiel (Rn. 524) ist K skeptisch ob der Echtheit des „Kunstwerks“. Auf dementsprechende Nachfrage hält G ihr jedoch einen ausführlichen Vortrag über die Tradition seiner Galerie und sein persönliches Verhältnis zum Künstler, so dass K ihm letztlich glaubt. Retrospektiv betrachtet könnte man der K entgegen halten „schön blöd“, tatsächlich hat K den Angaben des G letztlich vertraut.

525

Der Irrtum muss kausal auf der Täuschung beruhen. Das ist der Fall, wenn er durch die Täuschung erregt oder unterhalten wird.

Definition

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Definition: erregt

Der Irrtum wird erregt, wenn der Täter ihn durch Einwirkung auf die Vorstellung des Getäuschten hervorruft, wobei auch eine Mitverursachung ausreicht.

Wessels/Hillenkamp Strafrecht BT/2 Rn. 513.

Ein Irrtum wird unterhalten, wenn der Täter die Aufklärung einer bereits bestehenden Fehlvorstellung verhindert oder erschwert bzw. die Fehlvorstellung bestärkt oder verfestigt.

Küper Strafrecht BT S. 223.

Beispiel

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Führerscheinneuling F möchte sich von Papas großzügiger Spende seinen ersten Sportwagen kaufen. Hoch motiviert begibt er sich zu einem BMW-Händler und entdeckt dort einen BMW Z3. Irrig geht er davon aus, dass es sich bei diesem Auto um das neueste Modell handelt und ist dementsprechend begeistert über den niedrigen Preis. Dem Verkäufer erklärt er, dass er niemals geglaubt habe, dass die neuen Modelle günstiger als die alten seien. Der Verkäufer erkennt, dass F das angebotene Modell, welches tatsächlich ein Vorgängermodell ist, für das neueste Modell aus der Serie hält, und bestärkt F in seiner Vorstellung, indem er ihm erzählt, dass es sich aus diesen Gründen auch tatsächlich um ein lohnenswertes Angebot handle.

Hier hat Verkäufer V darüber getäuscht, dass es sich bei dem Fahrzeug um das neueste Modell handelt. Entsprechend hat er bei F einen bereits bestehenden Irrtum verstärkt. Sofern jedoch der Wagen „sein Geld wert ist“, wird in diesem Fall der Vermögensschaden zu verneinen sein, da bei objektiver Betrachtung F als Eigentümer des Wagens einen materiellen Gegenwert erhalten wird.

 

 

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