Schuldrecht Allgemeiner Teil 2

Rücktritt nach § 326 Abs. 5

G. Rücktritt nach § 326 Abs. 5

I. Bedeutung des Rücktrittsrechts aus § 326 Abs. 5

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Im Falle der Leistungsbefreiung nach § 275 führt § 326 Abs. 1 S. 1 automatisch zum vollständigen (§ 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1) bzw. anteiligen (§ 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 2) Wegfall der Gegenleistungspflicht. Nach § 326 Abs. 4 kann eine bereits bewirkte Gegenleistung nach den §§ 346–348 zurückgefordert werden, ohne dass es einer Rücktrittserklärung bedarf – § 349 findet über § 326 Abs. 4 gerade keine Anwendung. Das Gesetz sorgt also im Falle der Unmöglichkeit im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages „automatisch“ für eine Rückabwicklung.

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Warum ist dann aber in § 326 Abs. 5 überhaupt ein Rücktrittsrecht vorgesehen? Es erscheint auf den ersten Blick vollkommen überflüssig! Auf den zweiten Blick zeigt sich, dass das Rücktrittsrecht in zwei Fällen bedeutsam ist.

1. Befreiung von einer Teilleistung nach § 275

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Wie wir bereits gesehen haben, führt die Unmöglichkeit einer Teilleistung nach § 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 nur zum teilweisen Entfallen der Gegenleistungspflicht (§ 326 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 i.V.m. § 441 Abs. 3), also zu einer Minderung der Gegenleistung. Wenn nun aber der Gläubiger an der noch möglichen Restleistung gar kein Interesse hat, soll ihm über §§ 326 Abs. 5, 323 (Achtung: § 323 Abs. 5 S. 1, Abs. 6!) die Möglichkeit des Rücktritts vom ganzen Vertrag eröffnet werden.

2. Befreiung von der Nacherfüllung nach § 275

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Wenn der Schuldner schlecht, also mangelhaft, geleistet hat, hat er ebenfalls nur eine Teilleistung erbracht, zwar nicht bezogen auf die Menge, aber bezogen auf die geschuldete Qualität seiner Leistung. In diesem Fall soll der Gläubiger die freie Wahl zwischen Minderung (nach §§ 437 Nr. 2, 441 bzw. nach §§ 634 Nr. 3, 638) oder Rücktritt (nach §§ 437 Nr. 2, 323, 326 Abs. 5, 440) bzw. nach §§ 634 Nr. 2, 323, 326 Abs. 5, 636) haben. Der Gläubiger darf also frei wählen, ob er die minderwertige Sache behält und mindert oder ob er die Sache wieder zurückgeben will und den ganzen Vertrag rückabwickelt. Das Gesetz will hier keine Variante automatisch anordnen und lässt deshalb den in § 326 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 vorgesehenen Mechanismus nach § 326 Abs. 1 S. 2 außer Kraft treten.

Ist der Mangel von Anfang an oder durch einen nachträglich eingetretenen Umstand nach keiner der in § 439 Abs. 1 bzw. § 635 Abs. 1 vorgesehenen Varianten behebbar, ergibt sich die Minderungsmöglichkeit aus §§ 437 Nr. 2, 441, 326 Abs. 5, 323

Achtung: Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 S. 2 findet gem. § 441 Abs. 1 S. 2 bzw. § 638 Abs. 1 S. 2 im Falle der Minderung keine Anwendung. bzw. nach §§ 634 Nr. 3, 638, 326 Abs. 5, 323) und das Rücktrittsrecht aus §§ 437 Nr. 2, 326 Abs. 5, 323 (bzw. nach §§ 634 Nr. 2, 326 Abs. 5, 323).

II. Voraussetzungen des Rücktrittsrechts

1. Gegenseitiger Vertrag

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Wie sich aus §§ 326 Abs. 5, 323 ergibt, setzt das Rücktrittsrecht aus § 326 Abs. 5 einen gegenseitigen Vertrag voraus. In der Regel wird es sich um einen Kauf- oder Werkvertrag handeln.

2. Leistungsbefreiung nach § 275

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Das Rücktrittsrecht aus § 326 Abs. 5 knüpft an die Pflichtverletzung „Nichtleistung“, und zwar wegen Leistungsbefreiung nach § 275 an. Wie eben erörtert, kommen dabei die Befreiung von einer Teilleistung oder die Befreiung von der Nacherfüllungspflicht in Betracht.

Hinweis

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Eine Besonderheit ist in den Fällen der Leistungserschwerung (§ 275 Abs. 2, Abs. 3) zu beachten: Liegen die Voraussetzungen von § 275 Abs. 2, Abs. 3 vor, erlischt die Leistungspflicht – anders als bei § 275 Abs. 1 – nicht kraft Gesetzes. Der Schuldner muss vielmehr die Einrede der Leistungsverweigerung erheben. Die Erhebung dieser Einrede durch den Schuldner ist auch (ungeschriebene) Voraussetzung des Rücktrittsrechts des Gläubigers aus § 326 Abs. 5. Denn anderenfalls könnte der Gläubiger verhindern, dass der Schuldner die Leistung trotz der Leistungserschwerung erbringt und sich damit die Gegenleistung verdient.

3. Kein Ausschluss nach § 323 Abs. 5

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Ist der Schuldner von einer Teilleistung befreit, kann der Gläubiger gem. § 326 Abs. 5 i.V.m. § 323 Abs. 5 S. 1 vom (restlichen) Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der noch möglichen Restleistung berechtigterweise kein Interesse hat. Dies ist im Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände zu entscheiden.

Im Falle der Schlechtleistung hängt das Rücktrittsrecht nach § 323 Abs. 5 S. 2 davon ab, ob der Mangel erheblich ist oder nicht.

Hinweis

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Achtung: Der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 S. 2 findet gem. § 441 Abs. 1 S. 2 bzw. § 638 Abs. 1 S. 2 im Falle der Minderung keine Anwendung! Man kann also auch wegen unerheblicher Mängel mindern.

4. Kein Ausschluss nach § 323 Abs. 6

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Beim Rücktritt spielt es generell keine Rolle, ob der Schuldner die objektiven Gründe für die Leistungsbefreiung auch zu vertreten hat.

Hat hingegen der Gläubiger das Leistungshindernis i.S.d. § 275 Abs. 1, Abs. 2 oder Abs. 3 ganz oder weit überwiegend zu verantworten oder befand er sich zum Zeitpunkt des Unmöglichwerdens im Annahmeverzug (§§ 293 ff.), ist ein Rücktritt gem. § 326 Abs. 5 i.V.m. § 323 Abs. 6 ausgeschlossen.

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