Die Religion und Religionsgesellschaften erfahren in Deutschland einen besonderen Schutz: Vorschriften der WRV (Artt. 136-139 und 141, die sog. Fünf Kirchenartikel) wurden über Art. 140 GG in dieses inkorporiert und sind vollwertiges Verfassungsrecht. Damit begründet das GG ein im internationalen Vergleich recht gemäßigtes religionsverfassungsrechtliches System. Kirche und Staat sind getrennt, der Staat weltanschaulich neutral. Religionsfreiheit und kirchliches Selbstbestimmungsrecht sind aber auch im öffentlichen Bereich gewährleistet.
Art. 136 WRV schützt die individuelle Religionsfreiheit. Staatsbürgerliche Rechte (und nach dem Konzept der WRV auch Pflichten) werden durch die Ausübung dieser weder bedingt noch beschränkt. Art. 136 WRV ist diesbezüglich ein spezielles Gleichheitsrecht. Abs. 2 regelt insbesondere den Zugang zu öffentlichen Ämtern, geht aber nicht über Art. 33 Abs.2 GG hinaus. Die Zugehörigkeit zu einer Religion ist nur nach den Vorschriften aus Abs. 3 zu offenbaren (etwa um die Einziehung von Kirchensteuern zu ermöglichen); Abs. 4 verbietet es zu einer religiösen Handlung, wie etwa einem Eid mit religiöser Formel, gezwungen zu werden. Art. 136 Abs. 3 u. 4 sind damit Konkretisierungen der negativen Religionsfreiheit aus Art. 4 GG.
Art. 137 WRV stellt klar, dass es keine Staatskirche gibt – es dürfen also keine staatlichen Aufgaben durch die Kirche oder umgekehrt wahrgenommen werden, auch eine gemeinsame Organisation (Kondominium) ist ausgeschlossen. Die Vereinigungsfreiheit aus Abs. 2 hat gegenüber Art. 4 GG keine eigenständige Bedeutung. Fundamental ist aber das Selbstbestimmungsrecht aus Abs. 3: Jede Religionsgemeinschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbst (innerhalb der Schranken der allgemeingültigen Gesetze). Erfasst werden alle Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, ohne dass es auf deren Rechtsform ankommt, und alle Einrichtungen die „Wesens- und Lebensäußerung“ der Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft sind. Das bedeutet insbesondere die Möglichkeit, Arbeits- und Dienstverhältnisse und die Ausbildung selbst zu regeln. Die arbeitsrechtlichen Regelungen der Tausenden von Mitarbeiter*innen der Kirchen und kirchennaher Organisationen unterscheiden sich in Deutschland erheblich von den für sonstige Arbeitnehmer geltenden Bestimmungen. So ist etwa die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes und der Personalvertretungsgesetze „für die Kirchen und ihre caritativen oder erzieherischen Einrichtungen“ ausgeschlossen. Dies steht jedoch unter dem Vorbehalt allgemeiner und verhältnismäßiger Gesetze und kann gerichtlich überprüft werden, vgl. hierzu etwa BAG, Urt. v. 20.2.2019, Az.: 2 AZR 746/14.
Der besondere Körperschaftsstatus ergibt sich aus Abs. 5: Bereits bestehende Körperschaften behalten ihren Status, anderen Religionsgesellschaften ist er auf Antrag zu gewähren (Verfahren nach Abs. 4). Dazu ist neben einem dauerhaften Bestand (festzumachen z.B. an der Mitgliederzahl) vor allem die Verfassungstreue ausschlaggebend (vgl. hierzu BVerfGE 102, 270ff.). Der Status erlaubt es den Kirchen auch, Kirchensteuern zu erheben. Der Staat unterstützt die Kirchen bei der Einziehung.
Art. 138 WRV Abs. 2 garantiert Eigentum und Vermögen der Kirchen; Art. 139 WRV normiert eine besondere Schutzpflicht für Sonn- und Feiertage die Art. 12 GG einschränken kann (BVerfGE 111, 10 [50]); Art. 141 WRV gibt den Kirchen das Recht zur Seelsorge in öffentlichen Anstalten.