In unserem Beitrag zu den Verfahrenshindernissen (https://www.juracademy.de/recht-interessant/article/verfahrenshindernisse-strafprozess) konnten Sie lernen, welche Verfahrenshindernisse es gibt und wie Staatsanwaltschaft und Gericht in den einzelnen Phasen des Erkenntnisverfahrens entscheiden, wenn ein solches Hindernis vorliegt.
Zu den Verfahrenshindernissen gehört auch der fehlende Eröffnungsbeschluss. Zur Erinnerung: mit dem Einreichen der Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht endet das Ermittlungsverfahren. Es beginnt nun das Zwischenverfahren, in welchem gem. § 199 StPO das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheidet. Es kann gem. § 203 StPO die Eröffnung des Hauptverfahrens beschließen oder aber einen Nichteröffnungsbeschluss nach § 204 StPO erlassen. Stellt sich nach Eröffnung des Hauptverfahrens heraus, dass ein Verfahrenshindernis besteht, dann gibt es die Möglichkeit der Einstellung gem. § 206a StPO.
Sofern Anklage vor der Großen Strafkammer des Landgerichts erhoben wurde, muss die Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens und die Zulassung der Anklage stets mit drei Berufsrichtern in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung getroffen werden (§ 199 Abs. 1 StPO iVm § 76 Abs. 1 Satz 2 GVG).
In einem dem BGH zur Entscheidung vorliegenden Fall (BGH Beschluss vom 06.06.2023 - 5 StR 136/23) wurde der Eröffnungsbeschluss im Umlaufverfahren – also im Wege einer schriftlichen Beratung und Abstimmung aufgrund eines Entscheidungsvorschlags – getroffen, wobei jedoch die Unterschrift eines Richters fehlte. Dies deutet darauf hin, dass an der Entscheidung weniger Berufsrichter mitwirkten als erforderlich, was zu einer Unwirksamkeit des Beschlusses führt. Fehlt nun eine Unterschrift auf dem Eröffnungsbeschluss, dann handelt es sich lediglich um einen Entwurf. Aufgrund des Vorliegens eines stets auch von Amts wegen zu prüfenden Verfahrenshindernisses hat der BGH die Entscheidung des Landgerichts aufgehoben und das Verfahren eingestellt.
Hinweis
Beachten Sie, dass ein unwirksamer Eröffnungsbeschluss grundsätzlich unter gewissen Voraussetzungen durch insoweit eindeutigen Beschluss des Gerichts in der Hauptverhandlung geheilt werden kann (BGH NStZ-RR 2011, 150).