Das wichtigste Verfahrenshinderniss, welches Sie kennen sollten, ist die rechtsstaatswidrige Tatprovokation. Wann eine solche Provokation allerdings rechtsstaatswidrig ist und damit zu einem Verfahrenshinderniss führen kann, ist im Einzelfall zu klären und wird vom BGH und dem EGMR eventuell unterschiedlich beurteilt.
In der Vergangenheit regelte der BGH die Fälle der Tatprovokation ausschließlich über die Strafzumessung, indem er bei der Bemessung der Höhe der Strafe die Provokation zugunsten des Täters berücksichtigte. Diese Rechtsprechung konnte er nach einer Entscheidung des EGMR nicht mehr fortführen (wir haben darüber bei BGH und Co berichtet - https://www.juracademy.de/rechtsprechung/article/fuehrt-eine-tatprovokation-durch-verdeckte-ermittler-zu-einem-verfahrenshinderniss). Nunmehr kann die Tatprovokation unter gewissen Umständen zu einem Verfahrenshindernis führen und zwar immer dann, wenn sie rechtsstaatswidrig ist. Die Rechtsstaatswidrigkeit ist zu bejahen, wenn der Täter mehr als nur passiv begleitend tätig wird. Um zu beurteilen, ob es sich um eine rechtmäßige und zulässige Infiltration eines kriminellen Millieus und um Aufklärung von Straftaten handelt oder aber um eine rechtsstaatswidrige Provokation haben die Gerichte Indizien herausgearbeitet (zuletzt BGH, Urteil vom 07.12.2017 - 1 StR 320/17). Ein rechtmäßiges Handeln soll angenommen werden können, wenn
- der provozierte Täter tatgeneigt war (zu ermitteln anhand der Vertrautheit mit dem kriminellen Millieu, den Kenntissen über die Preise für die verbotene Ware und der Fähigkeit, diese Ware zu beschaffen) oder schon an kriminellen Aktivitäten teilgenommen hatte und
- kein Druck ausgeübt wurde, die Tat zu begehen (z.B. durch das Anbieten überhöhter Preise oder das Insistieren nach anfänglicher Ablehnung).
Sofern nach diesen Grundsätzen eine zulässige Provokation vorliegt, kommt nur noch - wie bisher auch - eine Berücksichtigung über die Strafzumessung in Betracht.
Weitere Verfahrenshindernisse, die Sie kennen sollten, sind
- anderweitige Rechtshängigkeit
- entgegenstehende Rechtskraft
- Verjährung
- fehlender Strafantrag oder fehlende Ermächtigung
- Strafunmündigkeit
- Verhandlungsunfähigkeit/Tod des Beschuldigten
- Immunität
- kein wirksamer Eröffnungsbeschluss, keine wirksame Anklage (können jedoch während der Hauptverhandlung nachgeholt werden)
Je nach dem, wann ein solches Verfahrenshindernis festgestellt wird, wird wie folgt entschieden:
- im Ermittlungsverfahren: Einstellung gem. § 170 II StPO
- im Zwischenverfahren: Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens gem. § 204 StPO durch Beschluss
- im Hauptverfahren: Einstellung gem. § 206a StPO durch Beschluss
- in der Hauptverhandlung: Einstellung durch Urteil gem. § 260 III StPO, es sei denn, es steht fest, dass der Angeklagte frei zu sprechen wäre, dann erfolgt ein freisprechendes Urteil.