Der frühere Unternehmerregress, für den immer noch Sonderbestimmungen in § 478 enthalten sind und die in den weiteren Beiträgen beleuchtet werden, wurde überwiegend in das allgemeine Kaufrecht übertragen und damit zu einem allgemeinen Verkäuferregress umgewandelt.
Der Verkäuferregress ist nun in § 445a geregelt und lautet wie folgt:
445a Rückgriff des Verkäufers
(1) Der Verkäufer kann beim Verkauf einer neu hergestellten Sache von dem Verkäufer, der ihm die Sache verkauft hatte (Lieferant), Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Verhältnis zum Käufer nach § 439 Abs. 2 und 3 sowie § 475 Abs. 4 und 6 zu tragen hatte, wenn der vom Verkäufer geltend gemachte Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf den Verkäufer vorhanden war.
(2) Für die in § 437 bezeichneten Rechte des Verkäufers gegen seinen Lieferanten bedarf es wegen des vom Verkäufer geltend gemachten Mangels der sonst erforderlichen Fristsetzung nicht, wenn der Verkäufer die verkaufte neu hergestellte Sache als Folge ihrer Mangelhaftigkeit zurücknehmen musste oder der Käufer den Kaufpreis gemindert hat.
(3) Die Absätze 1 und 2 finden auf die Ansprüche des Lieferanten und der übrigen Käufer in der Lieferkette gegen den jeweiligen Verkäufer entsprechende Anwendung, wenn die Schuldner Unternehmer sind.
(4) § 377 des Handelsgesetzbuchs bleibt unberührt.
Die von uns schon besprochene Regelung in § 439 III führt dazu, dass Verkäufer von Sachen, die ihrer Art nach zum Einbau bestimmt sind, sich teilweise recht hohen Aufwendungsersatzansprüchen ausgesetzt sehen können, obwohl sie eigentlich für den Mangel gar nicht verantwortlich sind. Dies liegt insbesondere daran, dass die Regelung aus § 439 Abs. 3 vom Verschulden unabhängig ist.
Demnach besteht ein Bedürfnis den Aufwendungsersatz im Ergebnis dem letztlich für den Mangel Verantwortlichen zuzuordnen.
Nach bisher geltendem Recht war ein solcher Regress nur dann möglich, wenn ein Unternehmer von einem Verbraucher in Anspruch genommen wurde.
Dieser Aspekt hat sich durch § 445a geändert. Die Regelung von § 445a Abs. 1 entspricht im Wesentlichen dem sog. selbstständigen Regress. Der Anspruch heißt daher selbstständiger Regress, da es sich bei Abs. 1 um eine eigenständige Anspruchsgrundlage handelt.
Nach dieser Vorschrift kann der Verkäufer, welcher vom Käufer aufgrund der Nacherfüllungsansprüche in Anspruch genommen wird, gegen seinen Lieferanten einen Anspruch auf Ersatz gerade dieser Aufwendungen geltend machen. Allerdings muss der maßgebliche Mangel, der zur Geltendmachung der Ansprüche führt, bereits beim Übergang der Gefahr auf den Verkäufer vorhanden gewesen sein.
Hinweis
Die Vermutung aus § 477 findet keine Anwendung, wenn der letzte Kaufvertrag keinen Verbrauchsgüterkauf darstellt (§ 478 Abs. 1 lesen).
Nicht unumstritten ist die Frage, ob nur diejenigen Kosten der Nacherfüllung zu ersetzen sind, zu denen der Verkäufer auch tatsächlich verpflichtet war. Nach überwiegender Auffassung kann das Unterlassen der Erhebung eines Leistungsverweigerungsrechts oder anderweitiger Einreden und Einwendungen zu einer Kürzung oder zum Wegfall des Regressanspruchs führen.
Grundsatz: Regress kann nur für diejenigen Aufwendungen zur Nacherfüllung verlangt werden, zu denen der Verkäufer auch tatsächlich verpflichtet war.
445a Abs. 2 entspricht in großen Teilen dem früheren § 478 Abs. 1. Hierbei handelt es sich um den sogenannten unselbstständigen Regress. Im Unterschied zu Abs. 1 müssen die Voraussetzungen der in § 437 enthaltenen Rechte vorliegen. § 445a Abs. 2 ordnet sodann an, dass das Erfordernis einer Fristsetzung (so zum Beispiel beim Rücktritt nach § 323 I) entbehrlich ist.
Expertentipp
Ein Eingehen auf § 445a II ist in der Klausur damit nur dann geboten, wenn nach den Vorschriften aus § 437 überhaupt eine Frist notwendig wäre.
Abs. 3 der Vorschrift entspricht dem früheren § 478 Abs. 5. Nach dieser Vorschrift sollen die Regelungen aus Absatz 1 und 2 in der weiteren Lieferkette Berücksichtigung finden. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Parteien des jeweiligen Kaufvertrags Unternehmer im Sinne des § 14 sind.
Abs. 4 der Vorschrift stellt sodann klar, dass die Regelung aus § 377 HGB unberührt bleibt. Demnach können Verstöße gegen die Rügeobliegenheit die Regresskette unterbrechen.
Expertentipp
Prüfe dich selbst. Was ist der Unterschied zwischen einer Pflicht und einer Obliegenheit?
Im nächsten Beitrag schauen uns an wie die Rückgriffsansprüche verjähren.