Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen

Gemeindeorgane - Bürgermeister

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VI. Bürgermeister

326

Der Bürgermeister und der Rat vertreten nach dem „Zwei-Säulen-Modell“ des § 40 Abs. 2 S. 1 GO die Bürgerschaft.

 

1. Rechtsstellung

327

Beim Bürgermeister ist zwischen seiner persönlichen Rechtsstellung als Beamter gemäß § 118 Abs. 1 LBG NRW und seinen Kompetenzen aus der Gemeindeordnung zu unterscheiden.

a) Beamtenrechtliche Rechtsstellung

328

Der Bürgermeister ist Wahlbeamter in einem Beamtenverhältnis auf Zeit (§ 118 Abs. 2 S. 1 LBG NRW). Die Wahlperiode beträgt fünf Jahre, beginnend mit dem Amtsantritt (§ 65 Abs. 1 S. 1 GO und § 118 Abs. 3 S. 1 LBG NRW). Das Amt wird begründet mit dem Tag der Annahme der Wahl, frühestens mit dem Ausscheiden des Vorgängers aus dem Amt und bedarf keiner Ernennung (§ 118 Abs. 3 S. 1 LBG NRW).

Auf die Bürgermeister finden grundsätzlich die für die Beamten allgemein geltenden Vorschriften Anwendung, soweit sich keine Besonderheiten aus § 118 LBG NRW ergeben. Abweichungen finden sich vor allem darin, dass es für das Amt keine Altersgrenze gibt (§ 118 Abs. 4 S. 1 LBG NRW). Zudem gibt es versorgungsrechtliche Sonderregelungen.

Als von den Bürgern direkt gewählter Vertreter hat der Bürgermeister zudem keinen allgemeinen Dienstvorgesetzten.Vgl. näher Müller in Smith/Bender, § 5 Anm. V. Bestimmte Aufgaben, die nach beamtenrechtlichen Regelungen dem Dienstvorgesetzten obliegen, sowie die Aufgaben des Disziplinarvorgesetzten übernimmt die Aufsichtsbehörde (vgl. § 118 Abs. 7 LBG NRW).

b) Kommunalrechtliche Rechtsstellung

329

Die Kompetenzen des Bürgermeisters innerhalb der Gemeinde folgen aus der Gemeindeordnung.

aa) Wählbarkeitsvoraussetzungen, Wahl- und Abwahlverfahren

330

Das Wahl- und Abwahlverfahren sowie die persönlichen Voraussetzungen für die Wählbarkeit finden sich insbesondere in den §§ 65 und 66 GO. Hierzu wird verwiesen auf die Rn. 120 ff.

bb) Kommunalrechtliche Doppelstellung

331

Die Gemeindeordnung hat dem Bürgermeister eine Doppelstellung zugewiesen.

Zum einen ist er Mitglied des Rates kraft Gesetzes und Vorsitzender des Rates (§ 40 Abs. 2 Sätze 2 und 4 GO). Diese Stellung wird insbesondere in den Vorschriften über den Rat (§§ 40 ff. GO) näher ausgeführt.

Beispiel

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Als Vorsitzender vertritt und repräsentiert er den Rat (§ 40 Abs. 2 S. 3 GO), beruft ihn ein (§ 47 Abs. 1 S. 1 GO), setzt die Tagesordnung fest (§ 48 Abs. 1 S. 1 GO), leitet die Verhandlungen, handhabt die Ordnung (§ 51 Abs. 1 GO) etc.

Als Mitglied kraft Gesetzes ist er bei der Beschlussfähigkeit zu berücksichtigen (§ 49 Abs. 1 GO) und unterliegt dem Mitwirkungsverbot wegen Befangenheit (§ 50 Abs. 6 i.V.m. § 31 GO) etc.

Zum anderen ist der Bürgermeister Chef der Verwaltung. Diese Kompetenzen werden vor allem in den Vorschriften der §§ 62 ff. GO beschrieben. Wichtige Zuständigkeiten als Verwaltungsleiter („Hauptverwaltungsbeamter“) ergeben sich aber auch aus § 41 Abs. 3 GO für Geschäfte der laufenden Verwaltung und seiner Beanstandungspflicht aus § 54 Abs. 2 GO.

Beispiel

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In seiner Funktion als Chef der Verwaltung leitet und verteilt er die Geschäfte (§ 62 Abs. 1 S. 3 GO), ist er gesetzlicher Vertreter der Gemeinde in Rechts- und Verwaltungsgeschäften (§ 63 Abs. 1 GO), führt den Vorsitz im Verwaltungsvorstand (§ 70 Abs. 1 S. 2 GO), ist Dienstvorgesetzter der Bediensteten der Gemeinde (§ 73 Abs. 2 GO) und trifft grundsätzlich die dienst- und arbeitsrechtlichen Entscheidungen (§ 73 Abs. 3 S. 1 GO).

2. Vertretung des Bürgermeisters

332

Während die beiden Funktionen als Vorsitzender des Rates und Chef der Verwaltung einheitlich vom Bürgermeister wahrgenommen werden (Einheitsspitze), wird er in seinen Aufgaben von zwei verschiedenen Vertretern vertreten:

Die ehrenamtlichen Stellvertreter des Bürgermeisters vertreten den Bürgermeister (nur) bei der Leitung der Ratssitzungen und bei der Repräsentation (§ 67 Abs. 1 S. 2 GO). Da es sich um vom Rat aus seiner Mitte gewählte Ratsmitglieder handelt, welche eine kommunalpolitische Funktion haben und über keine (verwaltungs-)fachlichen Kompetenzen verfügen müssen, weist § 67 Abs. 1 S. 2 GO den ehrenamtlichen Stellvertretern des Bürgermeisters nur eine eng umgrenzte Vertretungsbefugnis zu (vgl. Rn. 271).

Der allgemeine Vertreter des Bürgermeisters nach § 68 Abs. 1 GO vertritt den Bürgermeister dagegen im Übrigen umfassend. Es handelt sich um einen vom Rat zu bestellenden hervorgehobenen Beschäftigten der Verwaltung. Wenn die Gemeinde über Beigeordnete verfügt, muss der Rat einen solchen zum allgemeinen Vertreter bestellen (vgl. § 68 Abs. 1 S. 1 GO).

Expertentipp

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Die Bestimmung des richtigen Vertreters ist für die Rechtmäßigkeit von Rechtsakten bei Verhinderung des Bürgermeisters von wichtiger Bedeutung.

Beispiel

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Der Bürgermeister ist erkrankt. An seiner Stelle beruft der allgemeine Vertreter gemäß § 68 Abs. 1 GO den Rat ein, in dem er die Einladung unterschreibt, Zeit, Ort und Tagesordnung festsetzt und die Einladung mit Verwaltungsvorlagen innerhalb der Ladungsfrist nach der Geschäftsordnung an die Ratsmitglieder übersendet.

Eine Einberufung durch den ehrenamtlichen Stellvertreter des Bürgermeister ist dagegen nach h.M. nicht zulässig, da dieser den Bürgermeister gemäß § 67 Abs. 1 S. 2 GO nur bei der Leitung der Ratssitzung und bei der Repräsentation vertritt. Zu der Leitung der Ratssitzung gehört aber nicht die vorgelagerte Einberufung der Ratssitzung. Dies lässt sich nicht nur aus dem Gesetzeswortlaut ableiten, sondern folgt auch daraus, dass für das „Ob“ und „Wie“ der Einberufung des Rates besondere verwaltungsfachliche Kenntnisse erforderlich sind, wie etwa Rechtmäßigkeitsfragen nach § 47 Abs. 1 GO oder Aspekte der Entscheidungsreife von Verwaltungsvorlagen, die bedeutsam sind für die Terminierung der Einberufung (str., vgl. Rn. 271).

3. Chef der Verwaltung

333

Als Chef der Verwaltung hat der Bürgermeister insbesondere

organisatorische und personalrechtliche Befugnisse (Geschäftsverteilung, Dienstvorgesetzter),

Geschäfte der laufenden Verwaltung zu erledigen (§ 41 Abs. 3 GO),

die gesetzliche Vertretung der Gemeinde wahrzunehmen (§ 63 Abs. 1 S. 1 GO) und

Weisungen bei Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung durchzuführen (§ 62 Abs. 2 S. 2 GO).

Besonders wichtige Aufgaben als Chef der Verwaltung obliegen dem Bürgermeister in der Vorbereitung und Durchführung von Ratsbeschlüssen. Nach § 62 Abs. 2 S. 1 GO bereitet er die Ratsbeschlüsse vor und führt sie nach S. 2 der Norm durch. Eine ungenügende Vorbereitung oder eine unzureichende Durchführung kann der Rat im Wege eines Kommunalverfassungsstreits gegen den Bürgermeister gerichtlich geltend machen.Hingegen fehlt den Fraktionen oder einzelnen Ratsmitgliedern hierfür die erforderliche Klagebefugnis, da die Pflicht nur gegenüber dem Rat als Ganzem besteht: OVG NRW Urteil vom 25.3.2014 – 15 A 1651/12 –, NWVBl 2014, 388. Sofern der Ratsbeschluss rechtswidrig ist, darf der Bürgermeister ihn nicht durchführen, sondern hat ihn nach § 54 Abs. 2 S. 1 GO zu beanstanden.

Der Bürgermeister hat die Verpflichtung der Vorbereitung der Ratsbeschlüsse nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfüllen und hierbei auch den Grundsatz der Organtreue zu beachten. Deshalb trifft ihn die Pflicht zu einer dem Umfang und Schwierigkeitsgrad der Verhandlungsgegenstände angepassten Vorabinformation der Ratsmitglieder.Wagner in Kleerbaum/Palmen, § 47 Erl. II.3.c); Lübken in Kleerbaum/Palmen, § 62 Erl. VI. 1.d. Nach den Umständen des Einzelfalls kann sich dies je nach Verhandlungsgegenstand zu einer Verpflichtung verdichten, zur weiteren Erläuterung einzelner Aspekte nicht nur in der Sitzung mündlich zu berichten, sondern erforderlichenfalls geeignete Verhandlungsunterlagen schon vorher zur Verfügung zu stellen. Während bei einfachen Sachverhalten eine mündliche Unterrichtung in der Ratssitzung ausreichend sein kann, ist der Bürgermeister bei umfangreichen oder schwierigen Entscheidungsgegenständen oder Angelegenheiten von größerer Bedeutung für die Stadt gehalten, die Ratsmitglieder schon im Vorfeld der Sitzung angemessen durch schriftliche Informationen („Verwaltungsvorlagen“) zu unterrichten. Eine pauschale Verpflichtung des Bürgermeisters, für jeden Tagesordnungspunkt Verwaltungsvorlagen zu erstellen, ist dem Gesetz hingegen nicht zu entnehmen. Die Aufbürdung einer solchen Pflicht zulasten des Bürgermeisters durch die Geschäftsordnung des Rates würde zu weit in dessen gesetzliche Vorbereitungskompetenz eingreifen und wäre daher rechtswidrig.

Aus seiner Geschäftsleistungskompetenz (§ 62 Abs. 1 S. 2 GO) folgt als Annexkompetenz das Hausrecht außerhalb von Ratssitzungen.  

4. Vertretung der Gemeinde

334

Die Gemeinde ist als juristische Person nur handlungsfähig, wenn sie von den dazu legitimierten Organen bzw. Amtswaltern vertreten wird.

a) Gesetzliche Vertretung (§ 63 Abs. 1 S. 1 GO)

335

Gemäß § 63 Abs. 1 S. 1 GO ist der Bürgermeister der gesetzliche Vertreter der Gemeinde in Rechts- und Verwaltungsgeschäften. Dieser hat damit kraft seiner Organstellung die gesetzliche Vertretungsmacht und kann die Gemeinde im Grundsatz nach außen allein vertreten.

Beispiel

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Erlass einer Baugenehmigung durch den Bürgermeister als allgemeine Behörde der Gemeinde,

Abschluss eines (einfachen) Bauvertrages.

b) Vertretung bei Verpflichtungserklärungen (§ 64 GO)

336

Für Verpflichtungserklärungen oberhalb der Geschäfte der laufenden VerwaltungVgl. dazu unter Rn. 210. sind die besonderen Voraussetzungen des § 64 GO zu beachten.

Definition

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Definition: Verpflichtungserklärungen

Verpflichtungserklärungen sind solche Erklärungen, die die Gemeinde rechtsgeschäftlich binden.

Sie sind in jedem Fall schriftlich abzuschließen. Zudem bedürfen sie einer qualifizierten Unterschrift. Es ist erforderlich, dass der Bürgermeister oder der allgemeiner Vertreter (§ 68 Abs. 1 GO) unterzeichnet. Die besonderen Form- und Vertretungserfordernisse dienen dem Schutz der Gemeinde vor übereilten oder unbedachten rechtsgeschäftlichen Bindungen.Burgi § 13 III 4a.

 

Bei Verstößen ist nach der h.M.Vgl. im Einzelnen Bätge Vertragsschluss, Haftung und Schadenersatz bei kommunalen Verpflichtungserklärungen in Festschrift für Ulrich Hübner, Verantwortlichkeit im Wirtschaftsrecht, 2002, S. 3 f. m.w.N. wie folgt zu differenzieren:

Verstöße gegen das Erfordernis der qualifizierten Unterzeichnung (also bei Unterschrift von einer nicht unterzeichnungsberechtigten Person) führen dazu, dass dem Vertreter die Vertretungsmacht fehlt und die abgegebene Verpflichtungserklärung nach § 177 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam ist.BGH Urteil vom 10.5.2001 – III ZR 111/99 –, NJW 2001, 2026, 2027; Bätge a.a.O., 7 m.w.N. Die Rechtsinstitute der Duldungs- und Anscheinsvollmacht können nach dem Schutzzweck der Norm grundsätzlich nicht zu einer vertraglichen Bindung der Gemeinde führen.BGH Urteil vom 6.7.1995 – III ZR 176/94 –, NJW 1995, 3389, 3390; Boujong WiVerw 1979, 49, 53. Der vollmachtlose Vertreter kann im Verschuldensfalle nach § 179 BGB haften.     

Verstöße gegen die Schriftform des § 64 Abs. 1 S. 1 GO müssen auf Rechtsfolgenseite unterschiedlich betrachtet werden: handelt es sich um eine Verpflichtung in Bezug auf öffentlich-rechtliche Verträge, führt ein Verstoß gegen § 64 Abs. 1 S. 1 GO ohne weiteres zu deren Unwirksamkeit (vgl. § 59 VwVfG NRW i.V.m. § 125 BGB). Bei zivilrechtlichen Verträgen gilt indes etwas anderes: da dem Landesgesetzgeber die Regelungskompetenz für zivilrechtliche Formvorschriften fehlt, kann § 125 BGB nicht unmittelbar zur Anwendung kommen. Ein Verstoß gegen § 64 Abs. 1 S. 1 GO führt daher nicht zur Formnichtigkeit des Geschäfts. Jedoch soll § 64 Abs. 1 S. 1 GO insoweit als Zuständigkeitsregelung zu verstehen sein. D.h. der Mangel der Einhaltung der Form führt zu einem Mangel an Vertretungsmacht. Nur wenn das kommunalrechtliche Formerfordernis beachtet wurde, ist eine wirksame Vertretung der Gemeinde zu bejahen. Fehlt es an der Schriftform, ist die Vertreterhandlung gemäß § 177 BGB schwebend unwirksam, da eine wirksame Stellvertretung nicht vorliegt.

Ist der Vertrag aufgrund § 64 GO nicht wirksam, kann der Geschäftspartner Schadenersatzansprüche (Verschulden bei Vertragsschluss nach §§ 311, 280 BGB bzw. deliktische Ansprüche nach § 823 BGB bzw. § 839 BGB) gegen die Gemeinde und den persönlich Handelnden geltend machen. Die Schadenersatzansprüche gegen die Gemeinde dürfen jedoch im Ergebnis nicht den Schutzzweck des § 64 GO vor übereilten oder unbedachten rechtsgeschäftlichen Bindungen aushöhlen.

Beispiel

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Die klagende Stadt H in Niedersachsen (105 000 Einwohner) begehrt von der beklagten Stadt G in Nordrhein-Westfalen (65 000 Einwohner) Schadenersatz wegen der Beschädigung einer in ihrem Eigentum befindlichen fotographischen Nachbildung des Sennefer-Grabes. Sennefer war ein kulturhistorisch bedeutsamer Würdenträger unter dem Pharao Amenophis II. Die Klägerin betreibt ein insbesondere für Ausstellungen über das antike Ägypten renommiertes Museum und vermietet das Exponat an das kleine und mit solchen Ausstellungen unerfahrenere Museum der Beklagten. Die Beklagte stellt die Grabnachbildung im Rahmen einer ägyptologischen Ausstellung aus. Eine solche Ausstellung in dieser Größenordnung ist für die beklagte Stadt einmalig. Der Museumsleiter der Beklagten unterzeichnet einen von der Klägerin entworfenen schriftlichen Mietvertrag über die Ausstellung der Grabnachbildung in der Zeltkonstruktion eines Anbauraumes des Museums. Der Vertrag sieht u.a. vor, dass der Mieter auch für Zufallsschäden haftet und der Mieter eine Ausstellungsversicherung mit einer Versicherungssumme von 256 000 € Versicherungssumme abzuschließen hat. Eine entsprechende Versicherung ist allerdings nicht abgeschlossen worden.

Nach Anlieferung und Ausstellung ereignet sich aufgrund von Temperaturschwankungen im Zelt ein Totalschaden am Grab. Welche Ansprüche hat H gegen G?

In Betracht kommt zunächst ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 256 000 € gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 535 BGB wegen der Verletzung von Sorgfaltspflichten und des Nichtabschlusses der Versicherung. Dies setzt einen wirksamen Mietvertrag voraus. Die beklagte Stadt G aus Nordrhein-Westfalen müsste durch ihren Museumsleiter wirksam vertreten worden sein. Die Verpflichtungserklärung des Museumsleiters hält indessen die Förmlichkeiten des § 64 Abs. 1 GO nicht ein. Es fehlt schon an der erforderlichen Unterschrift des Bürgermeisters oder seines allgemeinen Vertreters. Auch die Rechtsinstitute von Duldungs- und Anscheinsvollmacht und der Grundsatz von Treu und Glauben führen nicht zuletzt angesichts der fehlenden besonderen Schutzwürdigkeit der Stadt H – die über die erforderliche Rechts- und Verwaltungskenntnis verfügen muss – nicht zu einer Verpflichtung. Deshalb kommt es maßgeblich darauf an, ob der Abschluss des Mietvertrages für die beklagte Stadt G ein Geschäft der laufenden Verwaltung ist mit der Folge, dass § 64 Abs. 1 GO nicht anwendbar und der Vertrag zustande gekommen wäre. Im vorliegenden Fall ist aber aufgrund der Einzelumstände wie Stadtgröße, Bedeutung des Geschäfts, fehlende Üblichkeit solcher Ausstellungen und Risiken für die Stadt nicht von einem Geschäft der laufenden Verwaltung auszugehen.

Da ein Mietvertrag damit nicht zustande gekommen ist, sind Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis zu prüfen, die aber ihrer Höhe nach auf das negative Interesse beschränkt sind und zudem einer Mitverschuldensquote (Aufklärungspflicht der Stadt H aufgrund überlegenen Wissens über die Aufbewahrungsmodalitäten des Grabmales) unterliegen. Angesichts des Zeitwertes und des Mitverschuldens der Stadt H hat das Gericht letztlich nur einen erstattungsfähigen Schaden von 12 000 € anerkannt. Wäre hingegen der Mietvertrag wirksam zustande gekommen, hätte eine Haftung auf das positive Interesse (Erfüllungsschaden unter Berücksichtigung des fehlenden Abschlusses der Versicherung) nahegelegen. Der Fall demonstriert damit einmal mehr die rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung des § 64 Abs. 1 GO.OLG Celle Urteil vom 18.10.1998 – 2 U 53/98 –, NJW 2001, 607.

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