Inhaltsverzeichnis
- II. Die Ordnung des Gesellschaftsrechts
- 1. Die Rechtsquellen des Gesellschaftsrechts
- 2. Unterscheidung zwischen Gesamthand und juristischer Person
- 3. Unterscheidung zwischen Personengesellschaft und Körperschaft
- a) Die Personengesellschaften im Einzelnen
- b) Die Körperschaften im Einzelnen
- 4. Die Typik und die Auswirkungen der Unterscheidung
II. Die Ordnung des Gesellschaftsrechts
1. Die Rechtsquellen des Gesellschaftsrechts
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Expertentipp
Europarecht ist kein Studienfach neben anderen, sondern oftmals selbst Handels- oder Gesellschaftsrecht auf europäischer Ebene. Lernen Sie daher Europarecht gerade in seinen Bezügen zum Handels- oder Gesellschaftsrecht.
Es existiert kein „Gesellschaftsgesetzbuch“.Anders als der in vielen französischsprachigen Rechtsordnungen bekannte „Code des Sociétés“. Die Vorschriften des Gesellschaftsrechts sind in verschiedenen Gesetzen niedergelegt. Das Bürgerliche Gesetzbuch behandelt in §§ 21–79a BGB den Verein, in §§ 705–740c BGB die Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Das Handelsgesetzbuch enthält im zweiten Buch das Recht der Personenhandelsgesellschaften (§§ 105–179 HGB) und der stillen Gesellschaft (§§ 230–236 HGB), die Personengesellschaft, nicht aber Personenhandelsgesellschaft ist.Vgl. die Benennung des zweiten Buches des HGB: „Handelsgesellschaften und stille Gesellschaft“. Weitere Regelungen sind in Einzelgesetzen für einzelne Gesellschaftsformen niedergelegt, so im GmbH-Gesetz (GmbHG), im Aktiengesetz (AktG), im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG), im Genossenschaftsgesetz (GenG) und schließlich in der EWIV-Verordnung und im EWIV-Ausführungsgesetz.
Hinweis
Unterscheiden Sie
• | europäische Richtlinien, die von den Mitgliedstaaten innerhalb einer bestimmten Frist in nationales Recht umgesetzt werden müssen. Die Richtlinie definiert nur das Ziel, Form und Mittel der Umsetzung bleiben den Mitgliedstaaten überlassen. Richtlinien fördern eine Harmonisierung der nationalen Regelungen. |
• | europäische Verordnungen als in den Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht. Mit der EWIV-VO ist also unmittelbar in Deutschland eine neue Gesellschaftsform geschaffen worden. |
2. Unterscheidung zwischen Gesamthand und juristischer Person
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Da der Zweck einer Personenvereinigung ein für alle Mitglieder einheitlicher, identischer ist, ließe er sich nicht erreichen, wenn jedes der Mitglieder für sich über seinen gedachten Anteil an den einzelnen zum gemeinsamen Vermögen gehörenden Gegenständen unabhängig von jeder Zweckbindung bestimmen könnte. Das Gesellschaftsrecht erreichte diese Zweckbindung vor dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts – (MoPeG), das am 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist, auf zwei Wegen: Entweder wurden die Vermögensgegenstände gemeinschaftliches Eigentum der Mitglieder (§ 718 Abs. 1 BGB a.F.), über das sie nur gemeinsam verfügen können, die so genannte Gesamthand, oder das Vermögen wird Eigentum eines von den Mitgliedern abstrahierten Rechtssubjekts, der juristischen Person.
Das gesetzliche Konzept der Gesamthand wurde mit dem MoPeG für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgegeben. Die sogenannte rechtsfähige GbR, die selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll, ist nunmehr als solche in § 705 Abs. 2 Alt. 1 BGB legaldefiniert. Korrespondierend zu der nun gesetzlich verankerten Rechtsfähigkeit dieser Art der GbR bestimmt § 713 BGB, dass die Beiträge der Gesellschafter sowie die für oder durch die Gesellschaft erworbenen Rechte und die gegen sie begründeten Verbindlichkeiten das Vermögen der Gesellschaft konstituieren.
Da die Aufgabe des Gesamthandprinzips darin besteht, das Vermögen dauerhaft für den vereinbarten Gesellschaftszweck zu sichern und vor dem Zugriff einzelner Gesellschafter zu bewahren, bleibt für seine Anwendung kein Raum mehr, nachdem mit der Anerkennung der Rechts- und damit Vermögensfähigkeit das Vermögen der rechtsfähigen GbR als Rechtsträgerin zugeordnet worden ist.Heidel/Hirte Neues PersGesR-Noack § 2 Rz. 16.
Demgegenüber verfügt die nicht rechtsfähige Gesellschaft, die nur den Gesellschaftern zur Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses untereinander dient, § 705 Abs. 2 Alt. 2 BGB, über kein Vermögen (§ 740 Abs. 1 BGB). Die Aussage des § 740 Abs. 1 BGB lässt nicht den Gegenschluss zu, dass jedenfalls die Gruppe der Gesellschafter als Gesamthand selbst Trägerin eines Gesellschaftsvermögens ist.Heidel/Hirte Neues PersGesR-Noack § 2 Rz. 17. Stattdessen steht es den Gesellschaftern frei, zur Verfolgung des gemeinsamens Zwecks schuldrechtlich gebundene Bruchteilsrechte zu bilden oder es kann ein Gesellschafter die Vermögensgegenstände für sich und zugleich als Treuhänder für die Mitgesellschafter halten und verwalten.BT-Drs. 19/27635, 190.
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Die juristische Person ist unabhängig von ihren Mitgliedern selbst Träger von Rechten und Pflichten und wie eine natürliche Person rechtsfähig. Rechtsfähigkeit erlangt sie regelmäßig durch Eintragung in ein staatliches Register.
3. Unterscheidung zwischen Personengesellschaft und Körperschaft
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Die Personengesellschaft, deren Grundform die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist, ist ein vertraglicher Zusammenschluss, der vom engen Zusammenhalt der Gesellschafter untereinander geprägt ist. Die Körperschaft in der Grundform des Vereins unterscheidet hingegen die Mitglieder von der Korporation, letztere ist insbesondere vom Bestand der Mitglieder unabhängig.
Die Praxis setzt die Unterscheidung nicht konsequent um. Gesellschaftsvertragliche Regelungen gestalten die Personengesellschaften verkehrsfähiger, wo die Dispositivität der Vorschriften dies gestattet. Die Personenhandelsgesellschaften oHG und KG handeln unter ihrer Firma und sind dadurch einer juristischen Person angenähert. Die Publikumsgesellschaft hat, obwohl Personengesellschaft, eine für Körperschaften typische große Zahl Gesellschafter. Vor allem die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Körperschaft ist oftmals personalisiert, indem sie nur wenige Gesellschafter hat, die zugleich die Geschäfte führen, so bei Familiengesellschaften.
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Die wesentlichen Wesensunterschiede zwischen Personengesellschaften und Körperschaften zeigt das nachfolgende Schaubild im Überblick:
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Die Personengesellschaften gehen zurück auf die römische societas, die ursprünglich die Hausgemeinschaft und später ein schuldrechtliches Rechtsverhältnis beschrieb, im Gemeinen Recht auf die sogenannte bäuerliche Gemeinderschaft, die ritterliche Erbverbrüderung und die ritterliche Ganerbschaft. Die Körperschaften beruhen auf der römischen universitas. Im Gemeinen Recht knüpfen sie an die Genossenschaft im alten Sinne an. Die Unterscheidung hat sich in ihren Einzelheiten im Mittelalter herausgebildet und ist nicht Schöpfung des römischen Rechts, sondern bildet die Abwendung vom genossenschaftlichen Leben in Sippe und Dorfschaft hin zu den aufstrebenden organschaftlich organisierten Stadtgemeinden mit den Zünften der Handwerker und den Gilden der Kaufleute nach.
a) Die Personengesellschaften im Einzelnen
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Grundform der Personengesellschaften ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), bei der mehrere Personen einen beliebigen Zweck verfolgen, der nicht Handelsgewerbe ist, § 705 BGB Abs. 1 BGB, § 105 Abs. 1 HGB. Personengesellschaften sind neben der Gesellschaft bürgerlichen Rechts
• | die stille Gesellschaft, bei der der „Stille“ am Handelsgeschäft eines anderen durch Leistung einer Einlage beteiligt ist, die in dessen Vermögen übergeht, |
• | die Partnerschaftsgesellschaft, eine der oHG ähnliche Gesellschaft, in der sich Angehörige freier Berufe zusammenschließen können, und |
• | die EWIV, eine europäische Gesellschaftsform, die grenzüberschreitende Kooperationen innerhalb der Europäischen Union erleichtern soll. |
Personenhandelsgesellschaften sind vor allem
• | die offene Handelsgesellschaft (oHG), bei der mehrere Gesellschafter ein Handelsgewerbe unter gemeinschaftlicher Firma betreiben und unbeschränkt und persönlich haften, und |
• | die Kommanditgesellschaft (KG), die sich von der oHG durch die teils unbeschränkte (Komplementäre), teils auf ihre Einlage beschränkte (Kommanditisten) Gesellschafterhaftung unterscheidet. |
Eine Annäherung an die Körperschaften stellen Personengesellschaften dar, in denen keine natürliche Person unbeschränkt haftet, § 264a HGB. Wichtigster Fall in der Praxis ist die GmbH & Co. KG.
b) Die Körperschaften im Einzelnen
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Grundform der Körperschaften ist der Verein. Körperschaften und Kapitalgesellschaften sind die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die zu jedem zulässigen Zweck errichtet werden kann und bei der die Gesellschafter nicht persönlich haften, die Aktiengesellschaft (AG), eine Gesellschaft mit einem in Aktien zerlegten Grundkapital, für deren Verbindlichkeiten nur das Gesellschaftsvermögen haftet und die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), an der mindestens ein persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) beteiligt ist sowie andere, am in Aktien zerlegten Grundkapital beteiligte und nicht persönlich haftende Gesellschafter, die Kommanditaktionäre.
Die Gliederung veranschaulicht das folgende Schaubild:
4. Die Typik und die Auswirkungen der Unterscheidung
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Ausgangspunkt der Unterteilung zwischen Personengesellschaften und Körperschaften ist die Frage der Rechtsfähigkeit als die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Die Körperschaft ist juristische Person und damit selbst Inhaberin des Gesellschaftsvermögens und selbst Berechtigte und Verpflichtete (§ 13 Abs. 1 GmbHG, § 1 Abs. 1 S. 1 AktG, § 17 Abs. 1 GenG). Im Grundbuch wird die Gesellschaft als Eigentümerin oder Inhaberin sonstiger Grundstücksrechte eingetragen.
Bei den Personengesellschaften wurden früher die Gesellschafter und nicht die Gesellschaft als Träger von Rechten und Pflichten angesehen. Das Gesellschaftsvermögen stand dabei den Gesellschaftern zur gesamten Hand zu, war also Sondervermögen der Gesellschafter, das von dem sonstigen Privatvermögen der Gesellschafter getrennt, aber im Gegensatz zu den Körperschaften nicht als juristische Person verselbstständigt ist. Die Handelsgesellschaften des HGB wurden allerdings auch schon bisher im Hinblick auf § 124 HGB a.F. als teilrechtsfähig angesehen. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteilen in 1997 und ausdrücklich in 2001 seine Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geändert. Nun besaß die Außen-GbR Rechtsfähigkeit, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründete. Nun ist die Rechtsfähigkeit der rechtsfähigen GbR mit Inkrafttreten des MoPeG am 1. Januar 2024 gesetzlich in § 705 Abs. 2 Alt. 1 BGB verankert. Die Unterschiede zwischen Körperschaften und Personengesellschaften werden zunehmend angeglichen. Die Rechtsfähigkeit ist nun nicht mehr das entscheidende Kriterium zur Unterscheidung von Körperschaften und Personengesellschaften.
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Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Arten von Gesellschaften besteht nach wie vor in der Frage der Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten. Bei den Körperschaften ist die Haftung gegenüber Dritten auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt (vgl. § 13 Abs. 2 GmbHG, § 1 Abs. 1 S. 2 AktG, § 2 GenG). Der Vertragspartner der juristischen Person kann für Verbindlichkeiten aus dem Vertrag nur die Gesellschaft und ihr Vermögen in Anspruch nehmen. Bei den Personengesellschaften haften die Gesellschafter hingegen persönlich mit ihrem Privatvermögen für die Gesellschaftsverbindlichkeiten und mit Ausnahme des Kommanditisten und des Stillen auch unbeschränkt. Schließt ein Dritter also einen Vertrag mit einer GbR, einer oHG oder KG, kann er zu seiner Befriedigung nicht nur auf das Gesellschaftsvermögen, sondern auch auf das Vermögen der persönlich haftenden Gesellschafter zurückgreifen.
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Ein weiterer Unterschied zwischen Körperschaften und Personengesellschaften besteht in der Frage der Geschäftsführung und Vertretung. Während diese Aufgaben in der Personengesellschaft von den Gesellschaftern selbst wahrgenommen werden müssen (Selbstorganschaft), besteht bei den Körperschaften eine Trennung von den Mitgliedern. Geschäftsführung und Vertretung werden hier durch besondere Organe (insbesondere Vorstand, Aufsichtsrat, Geschäftsführer) wahrgenommen, die nicht selbst Mitglied der Körperschaft sein müssen (Fremdorganschaft).