Inhaltsverzeichnis
c) Eintritt in das Geschäft eines Einzelkaufmanns, § 28 HGB
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Prüfungsschema
Wie prüft man: Haftungsvoraussetzungen nach § 28 Abs. 1 S. 1 HGB
I. | Verbindlichkeit des Geschäftsbetriebs des früheren Geschäftsinhabers |
II. | Eintritt eines Dritten als Gesellschafter in den Geschäftsbetrieb |
III. | Kein Haftungsausschluss nach § 28 Abs. 2 HGB |
Durch Gesellschaftsvertrag kann der Einzelkaufmann einen Dritten in sein Geschäft aufnehmen. In diesem Fall bringt der Einzelkaufmann sein Unternehmen in die Gesellschaft als Einlage ein. Dieses Vermögen, das bisherige Einzelunternehmen, und die Einlage des Dritten stehen den Gesellschaftern fortan zur gesamten Hand zu, es ist damit Gesamthandsvermögen. Ob eine oHG oder eine KG entsteht, hängt von den Vereinbarungen der Gesellschafter ab. Haften sie beide unbeschränkt, handelt es sich um eine oHG, soll einer der Gesellschafter beschränkt haften, also lediglich Kommanditist sein, handelt es sich um eine KG.
§ 28 HGB regelt speziell den Fall der Schuldenhaftung und des Forderungsübergangs für den Fall eines solchen Eintritts, der die Gesellschaft erst konstituiert. Nicht erfasst ist der Fall, in dem ein neuer Gesellschafter in eine bereits bestehende Personenhandelsgesellschaft eintritt, die dort auftretenden Haftungsfragen regeln die §§ 127, 161 Abs. 2, 173, 176 Abs. 2 HGB.
aa) Haftung der Personenhandelsgesellschaft
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Nach § 28 Abs. 1 HGB haftet das Gesamthandsvermögen der neu entstehenden Personenhandelsgesellschaft für die Verbindlichkeiten des früheren Alleininhabers unter den folgenden Voraussetzungen:
• | Die Verbindlichkeit muss eine im Betrieb des Geschäfts entstandene Verbindlichkeit des früheren Geschäftsinhabers sein; |
• | es muss jemand als persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) oder als beschränkt haftender Gesellschafter (Kommanditist) in das Geschäft eines Einzelkaufmanns eingetreten sein; |
• | ein Haftungsausschluss nach § 28 Abs. 2 HGB darf nicht vorliegen. |
Ob die Firma durch die Gesellschaft fortgeführt wird, ist für die Haftung nach § 28 HGB anders als bei den §§ 25 ff. HGB nicht entscheidend. § 28 Abs. 1 S. 1 HGB beruht nicht auf einem Rechtsscheingedanken, sondern auf dem Zusammenhang von Vermögen und Schulden: „Durch die Regelung des § 28 HGB soll der Gläubiger des alten Geschäfts geschützt werden entsprechend dem Rechtsgedanken, dass, wer das Vermögen erhält, auch für die Schulden aufkommen soll“.RG Urteil vom 8.6.1940 = RGZ 164, 115, 121.
bb) Haftung des Eintretenden
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Neben dem Gesellschafter haftet der Eintretende mit seinem Privatvermögen als Kommanditist beschränkt nach § 171 HGB, als Komplementär oder Gesellschafter einer oHG unbeschränkt nach § 126 HGB.
cc) Haftung des bisherigen Inhabers
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Der bisherige Inhaber haftet aus zwei Gründen mit seinem Privatvermögen,
• | zum einen als Gesellschafter der neuen Gesellschaft, und zwar im Falle der unbeschränkten Haftung als Komplementär oder oHG-Gesellschafter nach § 126 HGB und im Falle der beschränkten Kommanditistenhaftung nach § 171 HGB, |
• | zum anderen als bisheriger Inhaber und zwar auch neben seiner Kommanditistenstellung, da er anders als der Veräußerer im Falle des § 26 HGB nicht aus dem Unternehmen ausscheidet, begrenzt auf den Fünfjahreszeitraum des § 26 Abs. 1 HGB ab Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister § 28 Abs. 3 HGB. |
Die Haftungsfolge von § 28 HGB ist unabhängig davon, ob der Eintritt in das Geschäft des Einzelkaufmanns rechtlich wirksam war oder ob die Gesellschaft nach Invollzugsetzung als faktische Gesellschaft betrieben wird.BGH Urteil vom 22.11.1971 (Az: II ZR 166/69), unter Tz. 10 = NJW 1972, 1466.
dd) Übungsfall Nr. 4
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