Inhaltsverzeichnis
b) Entstehung
aa) Der Gesellschaftsvertrag
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Der Gesellschaftsvertrag der oHG hat ähnliche Voraussetzungen wie derjenige der GbR. Anders als diese ist der Gesellschaftszweck der oHG jedoch auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet (§ 105 Abs. 1 HGB). Gesellschafter einer oHG können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. Zur Gründung sind mindestens zwei Personen erforderlich; Einpersonen-Gründungen sind anders als bei Kapitalgesellschaften nicht möglich.
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Im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern entsteht die oHG durch den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages zwischen den Gesellschaftern, der die Merkmale des § 105 Abs. 1 HGB erfüllt. Leidet der Gesellschaftsvertrag an einem Mangel, d.h. ist er unwirksam oder anfechtbar, kommt eine fehlerhafte Gesellschaft in Betracht. Sobald der Gesellschaftsvertrag geschlossen ist, handelt es sich um eine GbR, auch wenn die oHG im Innenverhältnis erst später entstehen sollte.
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Eine oHG kann auch entstehen, wenn eine GbR beginnt, ein Kleingewerbe in kaufmännischer Weise fortzuführen (§ 1 Abs. 2 HGB). Dazu ist kein neuer Gesellschaftsvertrag erforderlich, der Wechsel tritt vielmehr sogar gegen den Willen der Gesellschafter, oft jedenfalls aber von diesen unbemerkt ein.
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Ein Gesellschaftsvertrag, der eine Verpflichtung zum Erwerb oder zur Veräußerung eines Grundstücks beinhaltet, ist beurkundungspflichtig (§ 311b Abs. 1 BGB). Für die vermögensverwaltende oHG, die den Gesellschaftszweck der „Verwaltung und Verwertung von Grundstücken“ verfolgt, bedarf es keiner notariellen Beurkundung, wenn es sich lediglich um eine Angabe handeltBGH Urteil vom 13.2.1996 (Az: XI ZR 239/94), unter Tz. 16 = WM 1996, 537. bzw. wenn die Gesellschaft nur ganz generell den Erwerb von Grundstücken zum Gegenstand hat.BGH Urteil vom 10.4.1978 (Az: II ZR 61/77), unter Tz. 14 = DB 1978, 1218.
bb) Eintragung im Handelsregister
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Die oHG muss durch alle Gesellschafter beim Registergericht des Sitzes der Gesellschaft zur Eintragung im Handelsregister angemeldet werden (§§ 106 Abs. 1, 108 HGB). Die Anmeldung muss enthalten (§ 106 Abs. 2 HGB):
• | Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort jedes Gesellschafters; |
• | |
• | den Ort, an dem sie ihren Sitz hat, |
• | die inländische Geschäftsanschrift,Eingeführt mit Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) mit dem Ziel, die Zustellung für Gläubiger der Gesellschaft zu erleichtern. Die Verpflichtung zur Angabe einer inländischen Geschäftsanschrift betrifft auch Zweigniederlassungen von inländischen und von ausländischen Unternehmen (§§ 13, 13d, 13e HGB) und Änderungen der Anschrift (§§ 13, 31, 107 HGB). |
• | Vertretungsmacht der Gesellschafter, auch wenn diese der gesetzlichen Regelung einer Einzelvertretungsmacht aller entspricht (§ 125 Abs. 1 HGB). |
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Seit 2007 sind alle Anmeldungen elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen (§ 12 HGB i.d.F. des Gesetzes über elektronische Handelsregister – EHUG –). Eine Pflicht zur Zeichnung der Namensunterschrift besteht nicht mehr. Auch die Bekanntmachung der Eintragungen erfolgt elektronisch.
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Das MoPeG sieht die kleingewerbliche, die vermögensverwaltende und die freiberufliche Gesellschaft vor ebenso wie den sog. Statuswechsel, geregelt in § 107 HGB:
„Kleingewerbliche, vermögensverwaltende oder freiberufliche Gesellschaft; Statuswechsel
(1) Eine Gesellschaft, deren Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs.2 Handelsgewerbe ist oder die nur eigenes Vermögen verwaltet, ist offene Handelsgesellschaft, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist. Dies gilt auch für eine Gesellschaft, deren Zweck die gemeinsame Ausübung Freier Berufe durch die Gesellschafter ist, soweit das anwendbare Berufsrecht die Eintragung zulässt.
(2) Die Gesellschaft ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Eintragung nach den für die Eintragung einer offenen Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften herbeizuführen. Ist die Eintragung erfolgt, ist eine Fortsetzung als Gesellschaft bürgerlichen Rechts nur im Wege eines Statuswechsels zulässig.
(3) Wird eine offene Handelsgesellschaft zur Eintragung in das Gesellschaftsregister angemeldet, trägt das Gericht ihre Fortsetzung als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein, sofern nicht die Voraussetzung des § 1 Abs. 2 eingetreten ist. Im Übrigen findet § 707c Abs. 2 Satz 2 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.“
cc) Entstehung vor Eintragung
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Expertentipp
Lesen Sie § 123 Abs. 1 und Abs. 2 HGB: Die Personenhandelsgesellschaften können im Innen- und Außenverhältnis zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstehen.
Nach außen im Verhältnis zu Dritten wird die oHG im Regelfall erst mit Eintragung im Handelsregister wirksam (§ 123 Abs. 1 HGB).
Vor Handelsregistereintragung entsteht die oHG mit Aufnahme ihres Handelsgeschäfts (§ 123 Abs. 2 HGB), mindestens muss der Betrieb eines Handelsgeschäfts angestrebt werden.BGH Urteil vom 26.4.2004 (Az: II ZR 120/02), unter Tz. 10 = ZIP 2004, 1208. Aufnahme meint, dass im Einverständnis aller Gesellschafter – da § 125 HGB mit der Anordnung der Einzelvertretung regelmäßig noch nicht anwendbar ist – bereits Geschäfte nach außen im Namen der Gesellschaft getätigt werden, vorbereitende Handlungen genügen. Die Handelsregistereintragung ist in diesem Fall deklaratorisch.
Beispiel
Eröffnung eines Bankkontos; Verhandlungen über den Kauf von Betriebsinventar
Steht die Handelsregistereintragung am Anfang, hat die oHG ihre Geschäfte also nicht bereits aufgenommen, ist die Handelsregistereintragung konstitutiv.
Konstitutiv ist die Handelsregistereintragung auch für den Fall, in dem der Geschäftsbetrieb nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist oder die Gesellschaft nur eigenes Vermögen verwaltet, §§ 105 Abs. 2, 123 Abs. 1 HGB.
dd) Sonderfälle
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Eine Besonderheit bei den Entstehungsgründen ergibt sich durch Sonderfälle und die Umwandlungsfähigkeit der oHG. Anders als durch eine Neugründung entsteht eine oHG auch,
• | wenn alle Kommanditisten aus einer KG ausscheiden und mindestens zwei persönlich haftende Gesellschafter verbleiben, |
• | wenn durch Änderung des Gesellschaftsvertrags alle Kommanditisten einer KG zu Komplementären werden, |
• | wenn die Gesellschafter eine gewerblich tätige GbR zur Eintragung im Handelsregister anmelden, |
• | wenn der Geschäftsbetrieb einer gewerblich tätigen GbR den für ein Handelsgewerbe erforderlichen Umfang erreicht, |
• | im Falle einer Umwandlung anderer Gesellschaften nach Maßgabe des Umwandlungsgesetzes. |