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Gäbe es keinen Instanzenzug, könnten Richter ohne jegliche Kontrolle Recht sprechen. Damit wäre willkürlichen Urteilen Tür und Tor geöffnet. Eine Überprüfung durch höhere Gerichte sorgt für eine „Qualitätskontrolle in der Rechtsprechung“, fördert die Vereinheitlichung der Rechtsanwendung und dient zudem der Fortbildung des Rechts. Die Aussage „Drei Juristen, drei Meinungen“ kann durch die Zulassung eines Instanzenzugs abgemildert werden. Eigentlich gibt es kein Recht auf einen Instanzenzug; Art. 19 Abs. 4 GG garantiert nur das Offenstehen des Rechtswegs an sich (= Rechtsweggarantie).
BVerfG NJW 2010, 2062, 1063; NJW 2003, 1924; Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht § 133 Rn. 11 ff. In Deutschland existiert glücklicherweise ein Instanzenzug, wenngleich mit Einschränkungen. Der Zugang zu diesem Instanzenzug darf nicht in unzumutbarer Weise erschwert werden (Verstoß gegen Art. 2 GG).BVerfG NJW 2016, 1570, 1571; NJW 2014, 1769; BGH NJW 2014, 1879. Verstößt das Gericht gegen das rechtliche Gehör (eines der wichtigsten Verfahrensgrundsätze in der ZPO), muss in jedem Fall eine Korrekturmöglichkeit eingeräumt werden.S. auch BVerfG NJW 2003, 1924, 1926. Der Gesetzgeber hat aus diesem Grund zusätzlich die Anhörungsrüge (§ 321a ZPO) eingeführt (hierzu Rn. 52). Die „klassischen“ Rechtsbehelfe gegen erst- und zweitinstanzliche Entscheidungen sind in den §§ 511 bis 577 ZPO näher geregelt. Damit die Parteien schneller wissen, welcher Rechtsbehelf der richtige ist, ist seit 1.1.2014 eine Rechtsbehelfsbelehrung vorgeschrieben (§ 232 S. 1 ZPO), wobei für Verfahren mit Anwaltszwang Ausnahmen gelten (§ 232 S. 2 ZPO). Sind alle Rechtsmittel erschöpft, kann nur noch die Verfassungsbeschwerde helfen. Sie führt dann zum Erfolg, wenn die Fachgerichte Grundrechte (Willkürverbot Art. 3 Abs. 1 GG oder Prozessgrundrechte) verletzt haben.BVerfG NJW 2016, 1081; NJW 2016, 2018, 2020 f.; Grunsky/Jacoby Zivilprozessrecht Rn. 647.