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C. Unrechtsbewusstsein
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Dem Täter muss bei Begehung der Tat bewusst gewesen sein, dass er mit seinem Verhalten gegen die Rechtsordnung verstößt. Handelt er ohne die Einsicht, Unrecht zu tun, so befindet er sich gem. § 17 in einem Verbotsirrtum. Dieser Verbotsirrtum kann verschiedene Gründe haben, von denen Sie zwei bereits kennen gelernt haben:
• | Unkenntnis des einschlägigen Straftatbestandes |
Beispiel
Jungunternehmer J verbrennt auf seinem neu erworbenen Firmengelände chemische Abfälle. Der herbeigerufenen Polizei erklärt er entrüstet, dass er dies als Eigentümer ja wohl dürfe und er von § 326 in seinem Leben noch nichts gehört habe.
• | Irrige Annahme der Ungültigkeit eines Straftatbestandes |
Beispiel
J kennt zwar die Norm des § 326, glaubt aber gehört zu haben, das BVerfG habe die Norm wegen Verstoßes gegen Art. 14 GG für verfassungswidrig erklärt.
• | Verengung eines Straftatbestandes zu eigenen Gunsten (Subsumtionsirrtum) |
Beispiel
A glaubt, ein in einer Kneipe vom Wirt beschrifteter Bierdeckel sei keine Urkunde, weswegen er einige der Striche, die pro getrunkenem Kölsch dort aufgebracht worden sind, wegradieren könne.
• | Irrige Annahme eines nicht oder nicht so existierenden Rechtfertigungsgrundes (Erlaubnisirrtum) |
Beispiel
Vater V schlägt seinen Sohn mit dem Gartenschlauch und beruft sich dabei auf ein seiner Vorstellung nach existierendes Züchtigungsrecht.
Der Verbotsirrtum führt zur Straflosigkeit des Täters, wenn er ihn nicht vermeiden konnte. Konnte er den Irrtum hingegen vermeiden, so kann das Gericht die Strafe gem. § 49 Abs. 1 mildern.
Die Unvermeidbarkeit wird vom BGH nur selten bejaht. Ein Irrtum ist vielmehr vermeidbar, wenn der Täter Rechtsrat hätte einholen könnenBGH NStZ 1993, 594. oder wenn er bei sorgfältiger Anspannung des Gewissens unter Berücksichtigung des Verkehrskreises, aus dem er entstammt, hätte erkennen können, dass er unrecht handelt.BGHSt 2, 201.