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Welche Kriterien für die Anerkennung einer politischen Vereinigung als Partei vorliegen müssen, bestimmt die Legaldefinition in § 2 Abs. 1 PartG. Zwar kann eine einfachgesetzliche Vorschrift grundsätzlich nicht herangezogen werden, um den Parteienbegriff des Art. 21 GG zu definieren. Allerdings geht das BVerfG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Parteienbegriff in § 2 Abs. 1 PartG in verfassungsmäßiger Weise konkretisiert wird.BVerfGE 91, 262, 266 f. Parteien sind danach
1. | „Vereinigungen von Bürgern“ |
2. | „die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen“. |
Die Dauerhaftigkeit unterscheidet die politischen Parteien von Bürgerinitiativen, die punktuelle, kurzfristige Ziele verfolgen. Die Beteiligung an der Willensbildung in Bund und Ländern unterscheidet die Parteien von kommunalen Wählervereinigungen, die nicht an Bundestags- oder Landtagswahlen teilnehmen. Auch wenn sie eine dauerhafte Mitwirkungsabsicht verfolgen, stellen sie keine politischen Parteien dar.
Hinweis
Für die kommunale Ebene hat das BVerfGBVerfGE 11, 351 ff. entschieden, dass grundsätzlich die örtlich gebundenen Wählervereinigungen den politischen Parteien rechtlich gleichzustellen sind und nicht diskriminiert werden dürfen. Das Gericht begründet dies mit der in Art. 28 Abs. 2 GG verfassungsmäßig garantierten kommunalen Selbstverwaltung. Den sich diesen Gruppen zurechnenden Bürgern wie ihren Kandidaten muss grundsätzlich eine chancengleiche Teilnahme an den kommunalen Wahlen gewährt werden.
In einer weiteren Entscheidung hat das BVerfGBVerfGE 121, 108 ff. festgestellt, dass das Recht auf Chancengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG verletzt ist, wenn Zuwendungen an politische Parteien im Sinne des § 2 PartG steuerfrei gestellt sind, Zuwendungen an kommunale Wählervereinigungen und ihre Dachverbände dagegen nicht. Zur Parteienfinanzierung vgl. Rn. 36.
3. | wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach
eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten. |
Nach § 2 Abs. 2 PartG verliert eine Vereinigung ihre Rechtsstellung als Partei, wenn sie sechs Jahre lang weder an einer Bundestagswahl noch an einer Landtagswahl mit eigenen Wahlvorschlägen teilgenommen hat.
Hinweis
Die Anerkennung als politische Partei kann nicht von einer inhaltlichen Bewertung der verfolgten politischen Ziele abhängig gemacht werden. Anderenfalls würde sich das in Art. 21 Abs. 2 S. 2 GG vorgesehene Entscheidungsmonopol des BVerfG über die Verfassungswidrigkeit von Parteien erübrigen, vgl. Rn. 40 ff.
Die politischen Parteien sind abzugrenzen von den Fraktionen. Letztere sind als Untergliederung des Parlaments dem staatlichen Bereich zugeordnet und als öffentlich-rechtliche Vereinigungen anzusehen (§ 10 Abs. 1 S. 1 Geschäftsordnung des Bundestages). Die Abgrenzung ist insbesondere für die Frage des Rechtsweges bei Rechtsstreitigkeiten und für die staatliche Finanzierung wichtig.
Beispiel
• | Wird aus wichtigem Grund ein Mitglied aus einer Bundestagsfraktion ausgeschlossen, so kann sich das ausgeschlossene Mitglied prozessual mittels des verfassungsrechtlichen Organstreitverfahrens zur Wehr setzen (Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG). Sofern jedoch das Mitglied aus der Partei ausgeschlossen wird, ist gegen die Entscheidung des Parteigerichts der Zivilrechtsweg eröffnet. |
• | Fraktionen haben nach § 50 Abgeordnetengesetz zur Erfüllung ihrer Aufgaben Anspruch auf Geld- und Sachleistungen aus dem Bundeshaushalt. Diese staatlichen Mittel dürfen nicht für Parteizwecke, insbesondere nicht zur Finanzierung des Wahlkampfes verwandt werden. Parteien erhalten dagegen nach § 18 PartG staatliche Mittel als Teilfinanzierung der ihnen obliegenden Aufgaben und finanzieren sich im Übrigen aus Beiträgen und Spenden. |