Inhaltsverzeichnis
III. Die Bewirkung einer Leistung an einen Nichtberechtigten (§ 816 Abs. 2)
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Prüfungsschema
Wie prüft man: Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB
I. | Anspruchsentstehung | |||
| 1. | Empfang einer Leistung | ||
| 2. | Durch Nichtberechtigten | ||
| 3. | Gegenüber Berechtigtem wirksam | ||
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| a) | Kraft Gesetzes | |
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| b) | Genehmigung | |
| 4. | |||
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| a) | Herausgabe des Geleisteten, § 816 Abs. 2 BGB | |
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| b) | Erweiterungen nach § 818 Abs. 1 BGB | |
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| c) | Wenn Herausgabe nicht (mehr) möglich: Wertersatz, § 818 Abs. 2 BGB | |
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| d) | Kein Anspruch bei fehlender Bereicherung | |
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| aa) | Voraussetzungen des § 818 Abs. 3 BGB |
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| bb) | Verschärfte Haftung nach §§ 818 Abs. 4, 819 BGB? |
II. | Rechtsvernichtende Einwendungen, insbesondere durch Erfüllung, Aufrechnung, nachträgliche Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) | |||
III. | ||||
| 1. | Fälligkeit | ||
| 2. | Einreden |
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Während Abs. 1 des § 816 BGB dem Ausgleich von unberechtigten Verfügungen über Vermögensgegenstände dient, schafft Abs. 2 einen Ersatz für den unberechtigten Empfang von Leistungen (in der Regel Geld). Die Struktur des § 816 Abs. 2 BGB sieht wie folgt aus:
1. Anspruchsentstehung
a) Empfang einer Leistung
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Der Schuldner des § 816 Abs. 2 BGB muss eine Leistung empfangen haben. Geleistet werden kann im Grunde jeder Gegenstand, in aller Regel wird es aber um den Empfang von Geld gehen.
b) Durch einen Nichtberechtigten
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Der Leistungsempfänger darf zur Entgegennahme der Leistung nicht berechtigt gewesen sein. Nicht berechtigt ist der Empfänger, wenn er weder Inhaber des Anspruchs war, auf den geleistet wurde, noch zur Entgegennahme der Leistung durch Rechtsgeschäft mit dem Inhaber oder kraft Gesetzes befugt gewesen zu sein.Vgl. Palandt/Sprau, BGB § 816 Rn. 19; MüKo BGB/Schwab, BGB § 816 Rn. 76.
c) Gegenüber dem Berechtigten wirksam
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§ 816 Abs. 2 BGB setzt ferner voraus, dass der Empfang der Leistung durch den Nichtberechtigten dem Berechtigten gegenüber wirksam war.
aa) Wirksamkeit kraft Gesetzes
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Die Wirksamkeit der Leistung gegenüber dem Berechtigten kann sich aus dem Gesetz ergeben.Vgl. Lorenz, JuS 2018, 654 (656). Es sind (ähnlich wie bei § 816 Abs. 1 BGB) Gutglaubensvorschriften, die der Leistung an den „falschen“ Gläubiger eine befreiende Wirkung zukommen lassen.
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Die wichtigsten gesetzlichen Vorschriften, die eine solche befreiende Wirkung bei (in der Regel:) Zahlung an den falschen Gläubiger erzeugen, sind:
Zahlung an den Überbringer einer Quittung. | |
Zahlung an den Zedenten, obwohl Forderung inzwischen Zessionar gehört. | |
Zahlung an einen falschen Gläubiger bei Mehrfachabtretung. | |
Zahlung an den falschen Gläubiger nach Abtretungsanzeige. | |
Schadenersatzleistung an Nichtberechtigten. | |
Zahlung an einen fälschlicherweise im Grundbuch eingetragenen Gläubiger. | |
Leistung an den, der einen Erbschein vorlegt. |
Hinweis
Wir legen Ihnen dringend nahe, sich die oben erwähnten Vorschriften genau durchzulesen. Derartige Normen sind beliebt, um einer Klausur mit Schwerpunkt in einem völlig anderen Gebiet noch einen bereicherungsrechtlichen Zusatz zu geben. So kann eine erbrechtliche Klausur z.B. durch einen Sachverhaltsschlenker leicht die Voraussetzungen des § 2367 BGB schaffen und damit Ihre Kenntnis des § 816 Abs. 2 BGB abfragen.
bb) Wirksamkeit kraft Genehmigung
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Genauso wie es bei § 816 Abs. 1 BGB möglich war, dass der Eigentümer die eigentlich unwirksame Verfügung des Nichtberechtigten durch Genehmigung wirksam machen konnte und so die Voraussetzungen des § 816 Abs. 1 BGB erst geschaffen hatte, kann der „wahre“ Gläubiger die eigentlich unwirksame Zahlung an den Falschen durch Genehmigung wirksam machen (§ 184 Abs. 2 BGB).Vgl. Palandt/Sprau, BGB § 816 Rn. 21.
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Diese quasi Erweiterung des § 816 Abs. 2 BGB durch die Möglichkeit der Genehmigung einer eigentlich unwirksamen Empfangnahme einer Leistung ist zwar nicht unbestritten, aber herrschende Meinung.Vgl. Looschelders, Schuldrecht BT, § 55 Rn. 31; ausführlich zum Streitstand MüKo BGB/Schwab, BGB § 816 Rn. 98 ff. m.w.N. In jüngerer Zeit hat das OLG Koblenz in einer lesenswerten Entscheidung diese Meinung nochmals bestätigt.Vgl. OLG Koblenz – 5 U 333/ 14 = BeckRS 2015, 02418 Rn. 24 f.
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Es stellt sich aber die naheliegende Frage, warum der wahre Gläubiger eine unwirksame Zahlung an den Falschen genehmigen sollte. Das wird er dann tun, wenn der „falsche“ Gläubiger, der Geld vom Schuldner erhalten hat, liquider ist, als der Schuldner selber.
2. Zu den übrigen Voraussetzungen
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Bei der Prüfung der weiteren Voraussetzungen des § 816 Abs. 2 BGB kann auf die Ausführungen zu § 816 Abs. 1 BGB verwiesen werden (siehe Rn. 292 ff.).