Inhaltsverzeichnis
5. Entschädigungsanspruch aus § 546a Abs. 1
a) Anspruchsentstehung
aa) Wirksames, aber beendetes Mietverhältnis
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Da § 546a Abs. 1 die Folgen einer entgegen § 546 Abs. 1 nicht erfolgten Rückgabe regelt, müssen zunächst die Voraussetzungen einer Rückgabepflicht nach § 546 Abs. 1 erfüllt sein. Es muss also ein wirksamer Mietvertrag zustande gekommen sein, der aber zwischenzeitlich wieder beendet worden ist.
bb) Vorenthaltung der Mietsache
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Der Begriff der Vorenthaltung besagt, dass der Mieter die Mietsache nicht zurückgibt und das Unterlassen der Herausgabe dem (Rücknahme-)Willen des Vermieters widerspricht.BGH Urteil vom 7.1.2004 (Az.: VIII ZR 103/03) = NJW-RR 2004, 558 unter II 2a. Ist der Vermieter gar nicht rücknahmebereit, liegt kein Vorenthalten vor.
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Fraglich ist aber, ob der Entschädigungsanspruch aus § 546a ausgeschlossen ist, wenn dem Mieter die Herausgabe etwa wegen einer Untervermietung vorübergehend subjektiv unmöglich ist. Dafür könnte sprechen, dass § 546a Abs. 1 nach seiner Formulierung („Gibt der Mieter…nicht zurück, …“) von einer erfüllbaren Rückgabepflicht auszugehen scheint. Andererseits kann diese Formulierung auch nur eine tatsächliche Lage beschreiben. Auch im Fall der Unmöglichkeit „gibt der Mieter nicht zurück“, eben weil er dazu nicht in der Lage ist. Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 546a Abs. 1 auch für den Fall subjektiver Unmöglichkeit spricht, dass diese Vorschrift die Verletzung der Herausgabepflicht mit einer Mindestsanktion belegen und dadurch erreichen will, dass der nicht herausgebende Mieter keine ungerechtfertigten Vorteile aus seiner Pflichtverletzung ziehen kann.Palandt-Weidenkaff § 546a Rn. 1. Für eine Anwendung des § 546a in diesen Fällen spricht auch eine angemessene Risikoverteilung. Denn der zur Herausgabe verpflichtete Hauptmieter hat selbst veranlasst, dass der Mietgegenstand in den Besitz des Untermieters gelangt ist und deshalb von ihm nicht zurückgegeben werden kann. Deshalb hat er das Risiko einer nicht rechtzeitigen Rückgabe allein zu tragen.BGH in BGHZ 90, 145, 149 unter Ziff. II 1.
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Anders liegt es bei objektiver Unmöglichkeit, etwa durch Zerstörung oder Verlust der Sache. Ab dem Eintreten objektiver Unmöglichkeit ist keine Vorenthaltung mehr gegeben.Palandt-Weidenkaff § 546a Rn. 13.
cc) Umfang
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Kommt der Mieter seiner Rückgabeverpflichtung nicht rechtzeitig nach, ist er dem Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung zur Entrichtung der vereinbarten oder der – möglicherweise höheren – ortsüblichen Miete verpflichtet.
§ 546a ist von dem Gedanken getragen, dass es unter keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt erscheint, den Mieter, der die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses dem Vermieter vorenthält, besser zu stellen, als er bei Fortdauer des Mietvertrages gestanden hätte. Er soll für die Dauer der Vorenthaltung mindestens die vereinbarte Miete weiter entrichten, weil es nur an ihm liegt, dass er noch im Besitz der Mietsache ist.
Die Bestimmung gewährt dem Vermieter eine Mindestentschädigung, die in ihrer Höhe weder davon abhängig ist, ob und inwieweit dem Vermieter aus der Vorenthaltung der Mietsache ein Schaden erwachsen ist, noch davon, ob der Mieter aus dem vorenthaltenen Mietgegenstand einen entsprechenden Nutzen hat ziehen können.
Nur für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache kann der Vermieter als Entschädigung mindestens den vereinbarten Mietzins verlangen. Für die Zeit danach bleibt ihm bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen die Geltendmachung eines Schadens vorbehalten (§ 546a Abs. 2).
Beispiel
V vermietet eine Wohnung an M. Das Mietverhältnis wurde zum 30. April beendet. Die Rückgabe erfolgte erst zum 15. Mai. V verlangt nach § 546a Abs. 1 die Miete für den ganzen Monat Mai.
Hier hat M die Wohnung am 15. Mai zurückgegeben. Nur bis zu diesem Zeitpunkt hat er die Wohnung dem V vorenthalten im Sinne des § 546a Abs. 1. M ist deshalb nur bis zu diesem Zeitpunkt zur Fortzahlung der Miete verpflichtet. Ein weiterer Schaden für die Zeit danach (vgl. § 546a Abs. 2) ist nicht ersichtlich.Fall nach BGH Urteil vom 5.10.2005 (Az.: VIII ZR 57/05).
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Bei Beendigung sind vorhandene Mängel wegen § 536 auch der Entschädigung zugrunde zu legen. Jedoch führen nach Beendigung des Mietverhältnisses eintretende Mängel nicht zu einer Minderung, da der Vermieter jetzt nicht mehr gewährleistungspflichtig ist: § 536 mindert die Miete, aber nicht die Entschädigung.Palandt-Weidenkaff § 546 Rn. 11.
b) Rechtsvernichtende Einwendungen
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Der Anspruch erlischt nach den allgemeinen Regeln der §§ 362 ff. Ein vertraglich wirksam vereinbartes Verbot, gegen die Mietforderungen des Vermieters aufzurechnen, gilt nach Auslegung (§§ 133, 157) auch in Bezug auf die Entschädigungsansprüche des Vermieters.Palandt-Weidenkaff § 546a Rn. 4 m.w.N.
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Außerdem wird der Anspruch durch Rückgabe oder Befreiung von der Rückgabe nach § 275 für den Zeitraum ausgeschlossen, der nach dem Eintritt dieser Umstände liegt. Schließlich schuldet der Mieter die Entschädigung nur für die Dauer der Vorenthaltung und nicht danach.
c) Durchsetzbarkeit
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Die Fälligkeit bestimmt sich grundsätzlich nach § 271 Abs. 1, soweit sich aus dem Gesetz nicht ein anderes ergibt. Bei der Vermietung von Räumen kommt eine Anwendung der Regelung der §§ 556b Abs. 1, 579 Abs. 2 in Betracht, wonach die Miete zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten ist, nach denen sie bemessen ist. Allerdings bezieht sich diese Regel auf den Mietanspruch und nicht auf die nach § 546a zu zahlende Nutzungsentschädigung. Eine besondere Fälligkeitsregel für die Nutzungsentschädigung fehlt, so dass eine analoge Anwendung der §§ 556b Abs. 1, 579 Abs. 2 angebracht erscheint. Bei fortbestehendem Mietverhältnis hätte der Vermieter den Mietzins periodisch im Voraus eines jeden Zahlungsabschnitts verlangen können. Im Ergebnis entspricht es daher Sinn und Zweck der Vorschrift, wenn auf den Zahlungsanspruch aus § 546 Abs. 1 die Fälligkeitsregeln der §§ 556b Abs. 1, 579 Abs. 2 angewendet werden.BGH NJW 1974, 556; Palandt-Weidenkaff § 546a Rn. 10.
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