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Schuldrecht Besonderer Teil 1 - bb) Übliche und erwartbare Beschaffenheit gemäß § 434 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2

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Schuldrecht Besonderer Teil 1

bb) Übliche und erwartbare Beschaffenheit gemäß § 434 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2

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Als weitere objektive (Mindest-)Anforderung an die Sache nennt § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 die übliche Beschaffenheit der Sache. Eine darüber hinausgehende zu erwartende Beschaffenheit ist unter Berücksichtigung von Nr. 2 lit. a und b zu bestimmen. Beide Kriterien sind unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und aus Sicht eines vernünftigen Durchschnittskäufers zu bestimmen.

Beispiel

V verkauft K einen vier Jahre alten Gebrauchtwagen. Nach Gefahrübergang stellt sich heraus, dass das Fahrzeug zwischen Produktion und Erstzulassung eine Standzeit von 16 Monaten aufweist und die Bremsen verschlissen sind.

Der übliche Verschleiß eines Fahrzeugs stellt im Gegensatz zum übermäßigen Verschleiß, keinen Mangel dar. Fraglich ist, ob die lange Standzeit eine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit darstellt. Dies wird vom BGH im Hinblick auf Jahreswagen noch bejaht, nicht jedoch für ältere Fahrzeuge. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt werden nicht nur Fahrzeuge mit Standzeiten angeboten die bei Jahres- und Neuwagen eine besondere Hinweispflicht begründen würden.

Eine Untergrenze für die gewöhnliche Beschaffenheit stellen gesetzliche Anforderungen an die Sache dar. Dabei ist unerheblich, ob es sich um Vorschriften der Produktsicherheit, des Umweltrechts oder des Datenschutzes handelt. Die Übereinstimmung des Produkts mit geltendem – nationalem und europäischen – Recht ist eine Selbstverständlichkeit, die der Käufer erwarten darf.Brönneke/Föhlisch/Tonner, Das neue Schuldrecht, § 4 Rn. 20. § 434 Abs. 3 S. 2 stellt klar, dass zur üblichen Beschaffenheit die Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit gehören.

Beispiel

Verkauft V Kinderspielzeug bei dem Schadstoffgrenzwerte nur geringfügig überschritten werden, liegt eine Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vor.

 

Zur Bestimmung der objektiven Anforderungen an die Kaufsache sind auch technische Normen und in Ermangelung solcher Normen anwendbare sektorspezifische Verhaltenskodizes zu berücksichtigen. Dies folgt unmittelbar aus Art. 7 Abs. 1 lit. a) WKRL.

Die Sache muss damit dem „Stand der Technik“ entsprechen. Der Stand der Technik ist dabei nach gültigen Industrienormen zu bestimmen (DIN/ISO usw.). Wird der vorzeitige Verschleiß (bzw. die vorzeitige Obsoleszenz) der Sache durch eine Konstruktion bedingt, die mit geringen Kosten vermeidbar gewesen wäre, so entspricht die Sache nicht der berechtigterweise zu erwartenden gewöhnlichen Beschaffenheit.

Insoweit § 434 Abs. 3 S. 2 das Kriterium der Haltbarkeit enthält, ist damit die Einhaltung einer verkehrstypischen (konstruktionsbedingten) potenziellen Haltbarkeit gemeint und nicht, dass die Sache im Sinne einer Haltbarkeitsgarantie für einen bestimmten Zeitraum mangelfrei bleibt.Wilke VuR 2021, 284; MüKo-Maultzsch § 434 Rn. 53. Ein Mangel liegt insb. dann nicht vor, wenn der Funktionsausfall oder die Funktionsminderung auf einer übermäßigen Nutzung beruht oder die erforderliche Wartung des Geräts (Filter/Inspektion) nicht durchgeführt wurde.

Die Nennung der Sicherheit in § 434 Abs. 3 S. 2 zielt zunächst auf den Schutz der Gesundheit von Menschen ab und den Schutz vor Schäden an anderen Sachgütern und der Kaufsache selbst. Daneben ist ein Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung angelegt. In diesem Zusammenhang geht es um die Integrität informationstechnischer Systeme. Damit sind Fragen zur Sicherung von Geräten vor Datenmanipulation oder Ausspähung gemeint. Im Einzelfall kann auch hier der bloße Verdacht einer Gefahr ausreichen.

Beispiel

V verkaufte und lieferte am 12 und 15.11 Tierfutter an Schweinemäster S. Nach Gefahrübergang stellte sich heraus, dass die Charge vom 12.11. eine unzulässige Dioxinbelastung aufwies. K befürchtet selbiges bzgl. der weiteren Charge. Beide Lieferungen wurden schon miteinander vermischt. Die Lieferung vom 12.11. ist unproblematisch gem. § 434 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 mangelhaft. Fraglich ist, ob der Verdacht, dass die am 15.11. gelieferte Charge auch unzulässig belastet ist ausreicht, um einen Mangel zu begründen. Lt. BGH ist dies dann der Fall, wenn Lebensmittel oder Futterwaren betroffen sind, die mittelbar oder unmittelbar der menschlichen Nahrungskette zugeführt werden sollen und ein auf konkrete Tatsachen gestützter, naheliegender Verdacht einer gesundheitsschädlichen Beschaffenheit besteht und dieser Verdacht durch zumutbare Maßnahmen nicht beseitigt werden kann. Das gilt auch dann, wenn der Verdacht – wie hier – zwar erst nach Gefahrübergang entsteht, aber auf Tatsachen beruht, die vor Gefahrübergang gegeben waren, jedoch nicht erkannt worden sind.BGH NJW 2015, 544 m.w.N. Vorliegend spricht der enge zeitliche Zusammenhang der Lieferungen für einen entsprechenden Verdacht. Auch ist wegen der Vermischung nicht ersichtlich, wie der Verdacht ausgeräumt werden könnte.

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