Inhaltsverzeichnis
- C. Besondere Gestaltungsrechte beim PauschalReisevertrag
- I. Rücktritt des Reiseveranstalters, § 651h Abs. 4
- II. Rücktritt des Reisenden
- 1. „Freies“ Rücktrittsrecht vor Reisebeginn aus § 651h Abs. 1
- 2. Rücktrittsrecht wegen Preiserhöhung und sonstigen erheblichen Vertragsänderungen § 651g Abs. 1 S. 2 Nr. 2
- III. Kündigung wegen eines Reisemangels nach § 651i Abs. 3 Nr. 5
C. Besondere Gestaltungsrechte beim PauschalReisevertrag
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Bei den Primäransprüchen haben wir eben gesehen, dass diese auch wegen Ausübung besonderer Gestaltungsrechte erlöschen können. Sehen wir uns diese nun an.
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Als einseitige Rechtsgeschäfte werden die Gestaltungsrechte durch Abgabe einer (wirksamen) Erklärung gegenüber dem anderen Teil und Zugang bei diesem ausgeübt und unterliegen den allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen für einseitige Rechtsgeschäfte (§§ 111, 142, 174, 180).
Siehe dazu im Skript „BGB AT I und II“.I. Rücktritt des Reiseveranstalters, § 651h Abs. 4
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In bestimmten Fällen kann der Reiseveranstalter nach § 651h Abs. 4 S. 1 vor Reisebeginn vom Reisevertrag zurücktreten. Dies ist nach § 651h Abs. 4 S. 1 Nr. 1 der Fall, wenn sich für eine Pauschalreise weniger Personen als die im Vertrag angegebene Mindestteilnehmerzahl angemeldet haben. Der Rücktritt ist in diesem Fall aber nur wirksam, wenn der Reiseveranstalter die in § 651h Abs. 4 S. 1 Nr. 1 a–c vorgesehene Fristen einhält, die von der Dauer der geplanten Reise abhängen. Nach § 651h Abs. 4 S. 1 Nr. 2 kann der Reiseveranstalter vor Reisebeginn auch dann zurücktreten, wenn er durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände an der Erfüllung des Vertrags gehindert ist. In diesem Fall ist der Rücktritt unverzüglich nach Kenntnis des Rücktrittsgrundes zu erklären. Tritt der Reiseveranstalter zurück, so verliert er den Anspruch auf den Reisepreis, § 651h Abs. 4 S. 2.
II. Rücktritt des Reisenden
1. „Freies“ Rücktrittsrecht vor Reisebeginn aus § 651h Abs. 1
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§ 651h Abs. 1 Satz 1 regelt den Rücktritt des Reisenden vor Reisebeginn (Stornierung), der voraussetzungslos möglich ist, aber einen Entschädigungsanspruch des Reiseveranstalters nach § 651h Abs. 1 S. 3 auslöst. Entschädigungspauschalen können, auch durch AGB, innerhalb der Grenzen des § 651h Abs. 2 vereinbart werden. Eine Entschädigung steht dem Reiseveranstalter aber dann nicht zu, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände eintreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen, § 651h Abs. 3 S. 1. Umstände sind nach § 651h Abs. 3 S. 2 unvermeidbar und außergewöhnlich, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich hierauf beruft und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären.
2. Rücktrittsrecht wegen Preiserhöhung und sonstigen erheblichen Vertragsänderungen § 651g Abs. 1 S. 2 Nr. 2
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Nach § 651f Abs. 1 kann der Reiseveranstalter den Reisepreis einseitig nur erhöhen, wenn der Vertrag diese Möglichkeit vorsieht und zudem einen Hinweis auf die Verpflichtung des Reiseveranstalters zur Senkung des Reisepreises nach § 651f Abs. 4 S. 1 sowie die Angabe enthält, wie Änderungen des Reisepreises zu berechnen sind. Dabei muss sich die Erhöhung des Reisepreises unmittelbar aus einer nach Vertragsschluss erfolgten Erhöhung der Beförderungs- oder Energiekosten, der Erhöhung von Steuern und Abgaben oder aus einer Änderung des Wechselkurses ergeben. Eine einseitige Preiserhöhung ist nur wirksam, wenn sie diesen Voraussetzungen entspricht und die Unterrichtung des Reisenden nicht später als 20 Tage vor Reisebeginn erfolgt. Mit Zugang der zulässigen und wirksamen einseitigen Preiserhöhungserklärung wird der Vertrag umgestaltet und der Reisende schuldet den erhöhten Reisepreis.
Palandt-Sprau § 651f Rn. 7. Ein Rücktrittsrecht steht ihm nicht zu.Übersteigt die im Vertrag vorgesehene Preiserhöhung 8% des Reisepreises, kann der Reiseveranstalter sie nicht einseitig vornehmen, § 651g Abs. 1 S. 1. Er kann dem Reisenden jedoch eine entsprechende Preiserhöhung anbieten und verlangen, dass der Reisende sie innerhalb einer vom Reiseveranstalter gesetzten angemessen Frist annimmt (§ 651g Abs. 1 S. 2 Nr. 1) oder seinen Rücktritt vom Vertrag erklärt (§ 651g Abs. 1 S. 2 Nr. 2). Das Angebot zur Preiserhöhung kann nicht später als 20 Tage vor Reisebeginn unterbreitet werden, § 651g Abs. 1 S. 4.
Tritt der Reisende vom Vertrag zurück, verliert der Reiseveranstalter nach §§ 651g Abs. 3 S. 1, 651h Abs. 1 S. 2 den Anspruch auf den Reisepreis.
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Andere Vertragsbedingungen kann der Reiseveranstalter nur dann einseitig ändern, wenn dies im Vertrag vorgesehen und die Änderung unerheblich ist, § 651f Abs. 2 S. 1. Der Reiseveranstalter hat den Reisenden auf einem dauerhaften Datenträger klar, verständlich und in hervorgehobener Weise über die Änderung zu unterrichten. Die Änderung ist nur wirksam, wenn sie diesen Anforderungen entspricht und vor Reisebeginn erklärt wird, § 651f Abs. 2 S. 2 und 3. Bei erheblicher Änderung anderer Vertragsbedingungen kann der Reiseveranstalter dem Reisenden ebenfalls ein Änderungsangebot, allerdings nur bis zum Reisebeginn machen. Der Reisende kann das Angebot entweder annehmen oder von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machen, § 651g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 i.V.m. S. 3.
Beispiel
In seinen AGB verwendet Reiseveranstalter V folgende Klausel: „Bei unvorgesehener Überbuchung des vereinbarten Hotels können wir dem Reisenden ein gleichwertiges Hotel auch an einem anderen Ort zur Verfügung stellen.“ Ein solcher Änderungsvorbehalt ist nach § 651f Abs. 2 S. 1 unwirksam, da die Unterbringung im vereinbarten Hotel eine wesentliche Reiseleistung ist und ein Ortswechsel aufgrund unterschiedlicher Gegebenheiten von erheblicher Bedeutung sein kann. Es bleibt daher bei der vertraglichen Vereinbarung.
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Bei unzulässigen Preis- oder Leistungsänderungen besteht der Vertrag zu den – ursprünglich – vereinbarten Bedingungen fort. Ein Rücktrittsrecht aus § 651g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 besteht dann nicht. Eine gleichwohl durchgeführte Leistungsänderung kann aber einen Mangel begründen, der die Rechte nach §§ 651i ff. auslöst.
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Nach § 651g Abs. 2 kann der Reiseveranstalter dem Reisenden in einem Angebot zu einer Preiserhöhung oder sonstigen Vertragsänderung wahlweise auch die Teilnahme an einer anderen Pauschalreise (Ersatzreise) anbieten. Nach dem Ablauf der vom Reiseveranstalter gesetzten Frist gilt das Angebot als angenommen, § 651g Abs. 3 S. 2.
III. Kündigung wegen eines Reisemangels nach § 651i Abs. 3 Nr. 5
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Der Anspruch auf die Durchführung der Reise erlischt ferner, wenn der Reisende von seinem Kündigungsrecht wegen eines Reisemangels nach § 651i Abs. 3 Nr. 5 Gebrauch macht (s. dazu weiter unten Rn. 542 ff.).
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Das frühere Kündigungsrecht wegen höherer Gewalt nach § 651j a.F. besteht nach der Neufassung des Reiserechts nicht mehr.