Bevor am 21.8.1910 der Pfarrer R stirbt, fasst er einen Tag zuvor ein formwirksames Testament, in dem er seine Schwester K als Alleinerbin bestimmt. Das wäre kein Problem, hätte nicht R vor der Testamentserrichtung D damit beauftragt, Wertpapiere schenkweise W, als Vertreter des Bonifatiusvereins, zu überbringen. D, der die Wertpapiere an sich nimmt, übergibt sie einen Tag nach dem Tod des R dem W. Die Schwester nimmt nun den Bonifatiusverein (B) auf Herausgabe der Wertpapiere in Anspruch.
Ein solcher Anspruch der K könnte sich aus § 985 ergeben. Dazu müsste K Eigentümerin und B Besitzer ohne Recht zum Besitz sein.
Zunächst war R Eigentümer, dann aber wurde K Eigentümerin, gem. § 1922 weil eine Übereignung vor dem Tod nicht stattfand. D Übergab die Papiere erst nach Rs Tod. Allerdings könnte K das Eigentum an B, durch Übereignung an B verloren haben. Zwar hat weder sie, noch R eine entsprechende Willenserklärung (Übereignungsangebot) unmittelbar geäußert, allerdings hat R D damit beauftragt ein entsprechendes Angebot an W für B zu übermitteln. Diese Übermittlung ist als Botenschaft zu verstehen und unterliegt damit den Regelungen des § 130 (mangels eigener Willenserklärung liegt keine Stellvertretung, § 164, vor). Wie sich aus § 130 Abs. 2 ergibt, führt allein der Umstand, dass R vor Zugang der Willenserklärung starb, nicht zur Unwirksamkeit derselben. Das Reichsgericht findet sich mit dieser Lösung nicht ab. Es postuliert, dass der Wille zur Übereignung im Zeitpunkt der Übergabe fortwirken müsse. Übergabe bezieht sich auf die Besitzübertragung und bringt damit § 857 ins Spiel. Im Zeitpunkt der Übergabe habe der nunmehr maßgebliche Übereignungswille der K nicht vorgelegen, womit es an einem notwendigen Tatbestandsmerkmal der Eigentumsübertragung gem. § 929 mangele und K als Eigentümerin der Wertpapiere feststehe.
Bleibt die Möglichkeit, dass B ein Recht zum Besitz (der natürlich durch seine Organe ausgeübt wird) aus einem Schenkungsvertrag hat, § 516. Dieser ist jedoch formunwirksam. Dennoch könnte sich ein Recht zum Besitz aus dem „Behaltegrund“ (donandi causa) der Handschenkung, § 518, ergeben. Dazu müsste die Schenkung bewirkt worden sein. Bewirkt ist eine Schenkung wenn sie aus dem Vermögen des Schenkenden herausgelöst ist. Ob dies vorliegend der Fall ist, kann aber offen bleiben, wenn eine Schenkung, die erst nach dem Tod letztlich bewirkt sein kann, ohnehin an § 2301 scheitert. Diese Vorschrift soll, so das Reichsgericht, die Umgehung der erbrechtlichen Formvorschriften durch lebzeitige Schenkungen auf den Todesfall, verhindern, weil R aber damit gerechnet hat, dass er die Übereignung und damit „Bewirkung“ seiner Schenkung nicht erleben wird, habe er das Erbrecht umgehen wollen. § 2301 stehe damit einer Schenkung, auch in Gestalt der Handschenkung entgegen.
So ziemlich jede Weichenstellung dieser Lösung ist umstritten. Besonders hingewiesen sei an dieser Stelle nur auf die neuere Rechtsprechung etwa zur Sparbuchschenkung auf den Todesfall (Vgl. etwa Unterreitmeier in JuS 2011, 345) und auf die Frage zur Gleichzeitigkeit von Übereignungswille und Übergabe iRd § 929. Möglich wäre auch die Handschenkung nicht als Besitzrecht, sondern als Einrede gem. § 242 (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est) dem Herausgabeanspruch entgegenzuhalten.
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