Der Sachverhalt: A und B beteiligen sich an einem sog. „Schenkkreis“. Dieser ist pyramidenförmig aufgebaut: An der Spitze gibt es einen Platz, der die Empfängerposition innehat, darunter folgen mehrere Stufen mit einer jeweils größer werdenden Mitgliederzahl (auf der 2. Stufe stehen zwei, auf der 3. Stufe vier, auf der 4. Stufe acht Mitglieder). Die Person in der Empfängerposition erhält Zuwendungen von den unter ihr stehenden Mitgliedern. Sobald sie sämtliche Zuwendungen erhalten haben, scheidet sie aus dem Spiel aus und die darunter stehenden zwei Mitglieder rücken nach, wobei – damit wieder ein einzelne Person an der Spitze steht – das Konstrukt in zwei neue Pyramiden aufgeteilt wird . Den Mitgliedern auf der nunmehr 3. Stufe obliegt es nun, die acht neuen Mitglieder für die 4. Stufe anzuwerben, sodass die Pyramide wieder komplett ist. A leistete zwei Zuwendungen in Höhe von 2.500 € in bar an B. Dieser hatte zum damaligen Zeitpunkt die Empfängerposition der Pyramide inne.
Hat A gegen B einen Anspruch auf Rückzahlung der 5.000 €?
Ein entsprechender Anspruch könnte sich aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt 1 BGB ergeben. Dazu müsste B rechtsgrundlos etwas durch Leistung des A erlangt haben. A hat das Vermögen des B bewusst und zweckgerichtet um den Bargeldbetrag von 5000 € gemehrt. Fraglich ist, ob ein Rechtsgrund für diese Leistung vorlag. In Betracht käme eine Schenkung (in Form der Handschenkung) nach §§ 516, 518 BGB. Diese könnte allerdings wegen eines Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein. Dazu müsste der Schenkungsvertrag gegen die guten Sitten verstoßen. Der BGH hält hierzu fest, dass es sich bei den Schenkkreisen um ein sog. „Schneeballsystem“ handele, welches ausschließlich darauf angelegt sei, dass die ersten Mitglieder einen sicheren Gewinn erzielen, während die große Masse der späteren Teilnehmer ihren Einsatz verlieren müsse, da es angesichts des hohe Vervielfältigungsfaktors nicht mehr möglich sei, in absehbarer Zeit neue Mitglieder zu werben. Ziel des „Spiels“ sei allein, zu Gunsten einiger weniger Mitglieder leichtgläubige und unerfahrene Personen auszunutzen und sie zur Zahlung des Einsatzes zu bewegen. Ein solches Verhalten sei sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB, weshalb die Schenkungen innerhalb des Schenkkreises nichtig seien. Damit liegt kein Rechtsgrund für die Leistung des A vor. Grundsätzlich hatte A damit einen Anspruch gegen B auf Rückzahlung der 5000 € gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Allerdings könnte hier der Kondiktionsausschluss des § 817 S. 2 BGB greifen und der Anspruch daher ausgeschlossen sein. Nach § 817 Abs. 1 BGB ist ein Empfänger zur Herausgabe verpflichtet, wenn er durch die Annahme einer Leistung nach deren Zweck gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat. Nach § 817 Abs. 2 BGB ist die Rückforderung jedoch ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last falle. Grundsätzlich – so der BGH – könne in einem Schenkkreis davon ausgegangen werden, dass alle Teilnehmer gegen die guten Sitten verstoßen. Damit käme man grundsätzlich auch zur Anwendbarkeit des § 817 S. 2 BGB. Allerdings könnte dem hier der Schutzzweck des § 138 Abs. 1 BGB entgegenstehen. Mit dem Urteil der Sittenwidrigkeit sollten derartige "Spiele" verhindert werden. Dieses Ziel würde konterkariert, würde man die Rückforderung des Geleisteten über § 817 S. 2 BGB ausschließen, da so die durch die sittenwidrigen Schenkungen geschaffene Vermögenslage perpetuiert würde. Die Initiatoren würden zu einer Fortsetzung ihres sittenwidrigen Verhaltens veranlasst werden, dürften sie die mit sittenwidrigen Methoden erlangten Gelder einfach behalten. Auch die Überlegung, allein den Initiatoren des Schenkkreises den Kondiktionsausschluss zu verwehren sei wenig sinnvoll, da ansonsten auf zweiter und dritter Stufe ungerechtfertigte Bereicherungen verbleiben würden. Der Schutzzweck des § 138 Abs. 1 BGB gebiete es daher, hier ausnahmsweise die Kondiktionssperre des § 817 S. 2 BGB entfallen zu lassen. A hat daher einen Anspruch gegen B auf Rückzahlung der 5000 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.
Weiterführendes zum Bereicherungsrecht ist in unserem GuKO ZR IV sowie dem entsprechenden ExO zu finden. Einen Einblick in das Probeskript gibt es hier.