Der am Rand des RWE-Braunkohletagebau gelegene Hambacher Forst ist seit Langem Symbol des Streits um Klimaschutz, Kohleausstieg und Braunkohleabbau. Zahlreiche Demonstranten hatten das Waldstück besetzt gehalten und dort Barrikaden, aber auch Baumhäuser, errichtet. Die zuständige Stadt Kerpen bzw. der Kreis Düren wollten nicht gewaltsam gegen die Proteste vorgehen. Damals war noch die Rodung des „Hambi“ geplant, mittlerweile soll der Wald erhalten bleiben.
Daraufhin gab die Landesregierung NRW im September 2018 die Anweisung an die örtlichen Behörden, die Räumung aus Sicherheitsgründen zu vollziehen. Die Baumhäuser seien baurechtlich unzulässig, da vor allem Brandschutzvorschriften verletzt seien. Die Stadt Kerpen hatte daraufhin die Räumung der bewohnten Baumhäuser verfügt und den Bewohnern die Nutzung untersagt. Ein massives Polizeiaufgebot leistete Vollzugshilfe bei der Räumung des Forstes, inclusive zahlreicher Baumhäuser. Ein Mensch kam zu Tode, mehrere weitere wurden verletzt, teils schwer. Der Einsatz kostete etwa 50 Millionen Euro.
Das Gericht urteilte nun (Urt. v. 8.9.2021, Az. 23 K 7046/18), die zur Begründung herangezogenen Vorschriften zum Brandschutz seien „insofern nur vorgeschoben“ worden. Faktisch sei es aber darum gegangen, die protestierenden Braunkohlgegner aus dem Wald zu entfernen. Auch lasse die Weisung nicht erkennen, welche der zu räumenden Örtlichkeiten überhaupt bauliche Anlagen seien und inwieweit hier Brandschutzvorschriften griffen. Die Anweisung hätte sich vielmehr an Polizei- und Ordnungsrecht bzw. Forstrecht messen lassen und auf solche Vorschriften gestützt werden müssen. Daher sei die ministerielle Weisung rechtswidrig. Ein Baumhausbewohner hatte geklagt.
Die Aktion war 2018 bereits vom gleichen Gericht (Beschl. v. 13.09.18, Az. 23 L 2060/18), dem VG Aachen (Beschl. v. 14.9.2018, Az. 5 L 1377/18) überprüft worden – allerdings nur im Eilverfahren. Beide Gerichte hatten die Räumung nicht beanstandet. Das OVG Münster entschied im Zwischenverfahren auf eine Beschwerde hin ebenfalls gegen die „Waldbesetzer“ (Beschl. v. 14.09.2018, 7 B 1354/18): Im Bereich des Waldes sei es zu einer Vielzahl auch schwerer Straftaten insbesondere zum Nachteil von Polizisten und Mitarbeitern der RWE gekommen, damit sie „die "Besetzerszene" durch Gewalttäter oder solche Personen geprägt werde, die Gewaltanwendung billigten“, und daher zweifelhaft, ob die Versammlungsfreiheit des Art. 8 GG überhaupt einschlägig sei. Das Verwaltungsgericht Köln habe somit den Rechtsschutzantrag des Antragstellers voraussichtlich zu Recht abgelehnt. Im Oktober 2018 ordnete das OVG dann aber den vorläufigen Stopp der Rodung an (Beschl. v. 05.10.2018, 11 B 1129/18).
Der Eilantrag beim VG Köln war am 13. September eingegangen, „damit an dem Tag an dem die Räumung begonnen hatte. Die Prüfung war daher vor allem auf einer nur sehr unvollständigen tatsächlichen Grundlage möglich“, so das VG. Die Akten lägen erst jetzt für das Hauptverfahren komplett vor. Auch das OVG hatte seinerzeit ausdrücklich erklärt, die vollständige tatsächliche und rechtliche Prüfung könne erst später erfolgen. Sollte die Landesregierung in Berufung gehen, könnte das OVG diese komplette Prüfung nun vornehmen. Neben den politischen Konsequenzen dürfte es auch um Schadensersatzansprüche gehen.