Der Entscheidung des BGH (Urteil vom 10.01.2018 – 2 StR 200/17) lag folgender Sachverhalt zugrunde:
A hatte an zwei verschiedenen Tagen die jeweiligen Mitarbeiterinnen (M) einer Spielhalle in seine Gewalt gebracht, indem er ihnen ein 50 cm langes Brecheisen in den Rücken drückte und ihnen erklärte, dass dies ein Überfall sei und sie sich besser nicht wehren sollten. Sofern sie seinen Anweisungen folgten, werde er „gar nichts machen“. Dabei hatte er durchaus vor, bei Widerstand das Brecheisen auch als Gewaltmittel einzusetzen. Die M´s hatten in beiden Fällen nicht erkannt, dass es sich um ein Brecheisen handelt, hatten allerdings einen Gegenstand in Ihrem Rücken gespürt und Angst bekommen, dass A sie damit verletzen könnte. A brach daraufhin Spielautomaten auf und verschwand mit dem Geld. An einem dritten Tag suchte A erneut eine Spielhalle auf und brach wie zuvor auch mit dem Brecheisen einen Spielautomaten auf, dieses Mal jedoch ohne dass die Mitarbeiterin dort es bemerkte.
Das LG Köln hatte in den ersten beiden Fällen eine Bestrafung gem. § 250 Abs. 2 Nr. 1 verneint, da das Gericht der Auffassung war, ein Verwenden eines gefährlichen Werkzeuges setze voraus, dass das Opfer dieses Werkzeug auch optisch wahrnehme. Zudem habe der Täter das Werkzeug nicht gefährlich verwendet. Im dritten Fall hatte das LG eine Strafbarkeit gem. §§ 242, 243, Abs1. Nr. 2 angenommen. § 244 Abs. 1 Nr. 1a wurde nicht diskutiert.
Befassen wir uns gemeinsam mit dem BGH zunächst mit der Frage, ob der Täter in den beiden ersten Fällen das Brecheisen als gefährliches Werkzeug verwendet hat.
Dann müsste das Brecheisen zunächst ein gefährliches Werkzeug sein. Nach h.M. wird der Begriff in § 250 Abs. 2 Nr. 1 ähnlich definiert wie in § 224 Abs. 1 Nr. 2. Ein gefährliches Werkzeug ist danach ein Gegenstand, der nach seiner Beschaffenheit und der konkreten Verwendung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen (hierzu auch Hecker JuS 2018, 393). Bei der Körperverletzung liegt die Verwendung darin, dass der Täter den Gegenstand zur Verletzung des Körpers einsetzt. Beim Raub hingegen liegt die Verwendung darin, dass der Täter den Gegenstand als Mittel der Gewalt (dann wie bei § 224) oder aber als Mittel der Drohung einsetzt. In letzterem Fall ist wesentlich, welche Drohung der Täter mittels des Werkzeuges ausdrücklich oder konkludent ausgesprochen hat und ob der Einsatz des Gegenstands entsprechend der Drohung geeignet gewesen wäre, erhebliche Verletzungen herbeizuführen.
Hier hat A das Brecheisen den Opfern in den Rücken gedrückt und ausgeführt, dass diese besser keinen Widerstand leisteten und er dann auch „nichts machen werde“. Damit hat er jedenfalls konkludent angedroht, dass er im Falle des Widerstands das Brecheisen einsetzen und mit diesem dann erhebliche Körperverletzungen begehen werde. Damit ist das Brecheisen nach der genannten Definition ein gefährliches Werkzeug. Sofern man das Brecheisen nur abstrakt-objektiv (Fischer § 250 Rn 23) oder aber konkret-subjektiv (Wessels/Hillenkamp SR BT/2 Rn 382) definieren wollte, ergäbe sich nichts anderes, zumal A ja tatsächlich auch vorhatte, bei Gegenwehr das Brecheisen als Gewaltmittel einzusetzen.
Fraglich ist nun aber, ob A das gefährliche Werkzeug auch verwendete, indem er es den Opfern in den Rücken drückte ohne, dass diese das Brecheisen als solches wahrnahmen.
Der BGH führt dazu folgendes aus:
„Das Tatbestandsmerkmal des Verwendens im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Var. 2 StGB umfasst jeden zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels. Nach der Konzeption der Raubdelikte bezieht sich das Verwenden auf den Einsatz des Nötigungsmittels bezogen auf den Grundtatbestand des Raubes; es liegt sonach vor, wenn der Täter eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug gerade als Mittel entweder der Ausübung von Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht, um die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache zu ermöglichen….Das Tatopfer muss das Nötigungsmittel und die Androhung seines Einsatzes wahrnehmen…denn eine Drohung ist das ausdrückliche oder schlüssige In-Aussicht-Stellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt…Eine Drohung erfordert daher, dass der Bedrohte Kenntnis von der Drohung erlangt und dadurch in eine Zwangslage versetzt wird…Der Annahme vollendeten Verwendens steht nicht entgegen, dass die Tatopfer das vom Angeklagten bewusst verdeckt in ihrem Rücken eingesetzte Werkzeug nur taktil und nicht visuell wahrnahmen und deshalb nicht erkannten, dass es sich dabei um ein Brecheisen handelte. Anders als in anderen von den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fallkonstellationen….steht vorliegend aus Sicht eines objektiven Betrachters fest, dass es sich bei dem vom Angeklagten als Drohmittel verwendeten rund 50 Zentimeter langen Brecheisen aus Metall – ebenso wie bei einem Holzknüppel (Senat, Beschluss vom 4. September 1998 – 2 StR 390/98, NStZ-RR 1999, 15), einem Besenstiel (BGH, Beschluss vom 20. Mai 1999 – 4 StR 168/99, NStZ-RR 1999, 355), einem Schraubendreher (BGH, Urteil vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, NStZ 2011, 158) oder einem abgesägten Metallstück in Form eines Winkeleisens (Senat, Beschluss vom 21. November 2001 – 2 StR 400/01, NStZ-RR 2002, 108, 109) – um einen objektiv gefährlichen Gegenstand handelt, weil es im Falle seines Einsatzes als Schlag- oder Stichwerkzeug (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2014 – 1 StR 24/14, juris) geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Es genügt, wenn das Tatopfer – wie in den zugrunde liegenden Fällen – den Gegenstand als Drohungsmittel wahrnimmt, zutreffend davon ausgeht, dass von ihm im Falle eines Einsatzes eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben ausgeht, und es sich so in die von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB vorausgesetzte qualifizierte Zwangslage versetzt sieht.“
Wir halten also fest, dass bei § 250 Abs. 2 Nr. 1 die taktile Wahrnehmung ausreicht, sofern der Gegenstand aus der Sicht eines objektiven Beobachters tatsächlich ein gefährliches Werkzeug im obigen Sinne ist. Ein Labello Stift, der objektiv ungefährlich ist, reicht also auch hier nicht aus.
Auch setzt ein Verwenden nicht einen gefährlichen Einsatz voraus, da das Werkzeug ja auch („nur“) als Drohmittel eingesetzt werden kann.
Zu Recht ist der BGH mithin davon ausgegangen, dass die ersten beiden Taten gem. § 250 Abs. 2 Nr. 1 qualifiziert waren.
Bezüglich der 3. Tat hat der BGH – ohne dies näher zu begründen – einen qualifizierten Diebstahl gem. § 244 Abs. 1 Nr. 1a angenommen, in dem er ausführt, dass das Brecheisen auch im Sinne dieser Norm ein gefährliches Werkzeug sei. Zu diesem Ergebnis kann man unproblematisch gelangen, wenn man neben der abstrakten Gefährlichkeit zusätzlich auch eine Verwendungsabsicht oder aber einen Verwendungsvorbehalt fordert, wie dies in großen Teilen der Literatur vertreten wird (Wessels/Hillenkamp SR BT/2 Rn 382). Definiert man hingegen das gefährliche Werkzeug objektiv, dann müsste man sich fragen, ob das Brecheisen neben der abstrakten Gefährlichkeit eine Waffenähnlichkeit aufweist. Auch der BGH verlangt diese Waffenähnlichkeit. Die vorliegende Entscheidung lässt darauf schließen, dass er jedenfalls bei einem Brecheisen mit einer Länge von 50 cm diese Waffenähnlichkeit bejaht. Damit werden aber alle „normalen“ Einbruchsdiebstähle“ zu qualifizierten Diebstählen, was nicht unbedingt der Intention des Gesetzgebers entspricht. (eine ausführliche Darstellung dieses Problems finden Sie in unserem GuKO SR BT II).