Zum Sachverhalt: A ist als Lehrer beim Land L beschäftigt. Er sollte an einer Schule des Schulträgers B im Schuljahr 2008/2009 Mathematik unterrichten. Dabei wurde von der Klassenkonferenz ein bestimmtes Schulbuch für ebendiesen Mathematikunterricht bestimmt. Von L bekam er dieses Schulbuch nicht zur Verfügung gestellt. Nachdem er auch den Leiter der Schule erfolglos zur Überlassung des Schulbuchs aus der Schulbibliothek aufgefordert hatte, erwarb A das Buch mit eigenen Mitteln. Er sei bereit, das Buch an L zu übereignen, wolle dafür jedoch den Kaufpreis erstattet bekommen.
Bevor man in die konkrete Prüfung einsteigt, sollte man sich den Prüfungsaufbau zum Aufwendungsersatzanspruch des Arbeitsnehmers vergegenwärtigen. Zu klären ist zunächst die Anwendbarkeit des § 670 BGB (direkt; analog); im Anschluss ist auf die Anspruchsvoraussetzungen einzugehen. Ersatzfähig sind allein Aufwendungen in Bezug auf das Arbeitsverhältnis (1), die den Arbeitnehmer den Umständen nach für erforderlich halten durfte (2) und die nicht bereits durch die Vergütung abgegolten sind (3).
Eine unmittelbare Anwendung des § 670 BGB scheitert hier daran, dass kein unentgeltlicher Auftrag vorliegt. Eine analoge Anwendung des § 670 BGB erfordert eine planwidrige Regelungslücke sowie eine vergleichbare Interessenlage. Ein verschuldensunabhängiger Anspruch des Arbeitnehmers auf Ersatz von Aufwendungen ist nicht ausdrücklich normiert. Dabei besteht jedoch Einigkeit darüber, dass der Arbeitgeber, in dessen Interesse der Arbeitnehmer die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung vornimmt, auch die Kosten der Ausführung zu tragen hat. Eine planwidrige Regelungslücke liegt damit vor. Fraglich ist, ob auch die Interessenlage vergleichbar ist. Der Grundgedanke des § 670 BGB ist, dass der Beauftragte keinen Vermögensverlust erleiden soll, der über den reinen Einsatz seiner Arbeitskraft hinausgeht. Wenn der Arbeitnehmer nur für den Einsatz seiner Arbeitsleistung eine Vergütung erhält, nicht jedoch für darüber hinausgehende Aufwendungen ist die Interessenlage im Arbeitsrecht vergleichbar. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 670 BGB liegen in diesem Fall vor. Weiterhin müsste es sich bei dem Kaufpreis für das Schulbuch um eine Aufwendung in Bezug auf das Arbeitsverhältnis handeln. Aufwendungen sind alle freiwilligen Vermögensopfer. A setzte freiwillig sein Vermögen ein, um ein für den Unterricht benötigtes Schulbuch zu erwerben. Damit liegt eine Aufwendung in Bezug auf das Arbeitsverhältnis vor. Fraglich ist, ob er diese den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Dazu muss die Aufwendung geeignet und angemessen sowie nach Einschätzung des Arbeitnehmers für die Erfüllung des Arbeitsverhältnisses notwendig gewesen sein. Das BAG hält hierzu fest, A habe ohne das in Rede stehende Schulbuch keinen ordnungsgemäßen Mathematikunterricht erteilen können. Auch der Einwand der L, A habe das Buch zu Beginn des Schuljahres vorschnell und eigenmächtig erworben, greife nicht durch. L habe nämlich A kein Buch zur Verfügung gestellt und auch S habe eine Überlassung aus dem Schulbestand verweigert. Mit einer Anschaffung des Schulbuchs durch L war damit nicht zu rechnen. A habe den Erwerb des Schulbuchs daher auch für erforderlich halten dürfen. Einem angestellten Lehrer sei es darüber hinaus auch nicht zumutbar, die Kosten für die Beschaffung von Arbeitsmitteln, die zur sachgerechten Durchführung des Unterrichts zwingend erforderlich seien, selbst zu tragen. Die Aufwendungen wurden demnach auch nicht durch das Arbeitsentgelt abgegolten. Die Voraussetzungen des Aufwendungsersatzanspruchs nach § 670 BGB analog sind damit erfüllt. A hat einen Anspruch auf Ersatz des Kaufpreises für das Mathematik-Schulbuch gegen L.
Mehr über die entsprechende Anwendung des § 670 BGB im Arbeitsverhältnis erfahrt ihr in unserem GuKO ZR VII und natürlich dem entsprechenden ExO. Einen Einblick in das Probeskript gibt es hier.