Zum Sachverhalt: Wie in anderen Kommunen auch hatte die Kreisverwaltung Südliche Weinstraße Ende Dezember ein Verbot für „nicht ordnungsgemäß angemeldete und behördlich bestätigte Ersatzversammlung zu sogenannten ‚Montagsspaziergängen‘ für das Kreisgebiet ausgesprochen. Die entsprechende Allgemeinverfügung stützte sich auf das Versammlungsrecht. Es sei, so die Begründung „zu erwarten, dass infektionshygienische Auflagen von den Teilnehmenden nicht befolgt würden“. Das Verbot zog also den Infektionsschutz heran, entsprechende Maßnahmen regelt das Infektionsschutzgesetz (IfSG), dort finden sich auch Vorschriften zu Versammlungen.
Grundsätzlich finden sich Vorschriften zu Versammlungen aber im Versammlungsgesetz - dieses wiederum trifft aber keine Aussagen zum Infektionsschutz. Mit dem Auslaufen der nationalen pandemischen Lage zum Ende November 2021 greift nun § 28a IfSG - dessen Abs. 8 normiert ausdrücklich, dass Versammlungen aus Gründen des Infektionsschutzes nicht mehr untersagt werden dürfen. Die entscheidende Frage also: In welchem Verhältnis stehen diese Regelungen zueinander? Sperrt diese Vorgabe nun das Versammlungsrecht? Das OVG selbst erachtet diesen Komplex als „schwierige Rechtsfragen“ und erklärt wie schon vorher das VG: Im Rahmen eines Eilverfahrens lässt sich das nicht klären.
Die Koblenzer Richterinnen und Richter lassen aber eine Tendenz erkennen: Es spreche einiges dafür, dass § 28a Abs. 8 S. 1 Nr. 3 eine infektionsschutzrechtliche Spezialregelung enthalte, die als solche eine Sperrwirkung gegenüber dem Versammlungsgesetz entfalte. Diese schließe, so die Erklärung „einen Rückgriff auf die allgemeine versammlungsrechtliche Befugnis zum Erlass eines Versammlungsverbots bei einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit durch die Verbreitung von COVID-19 jedenfalls grundsätzlich“ aus. Jedoch auch wenn eine solche grundsätzliche Sperrwirkung zu bejahen sein sollte: wie weit reicht diese und sind Ausnahmen von einem solchen Grundsatz zuzulassen? Vieles spricht dafür, dass der Gesetzgeber mit der Regelung im IfSG pauschale Verbote von Versammlungen aus Gründen des Infektionsschutzes verbieten wollte und so den Vorgaben aus Karlsruhe folgt. Das BVerfG hatte die Wichtigkeit der Versammlungsfreiheit auch in Zeiten der Pandemie betont, eingeschränkt möglicherweise unter je nach Pandemiesituation strengen Auflagen wie Höchstteilnehmerzahl, Maskenpflicht und Mindestabstand.