Bei der Wahlfeststellung sind die unechte (gleichartige) und die echte (ungleichartige) Wahlfeststellung zu unterscheiden.
Bei der unechten Wahlfeststellung steht die Norm fest, deretwegen sich der Angeklagte strafbar gemacht hat, nicht aber, durch welchen Sachverhalt sie verwirklicht wurde.
Beispiel 1:
Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen B abgetrennt und klagt A und B in 2 getrennten Verfahren wegen mittäterschaftlich begangenen Raubes an. Die Zeugin Z erklärt nun im Verfahren gegen A, dass man zusammen mit B am fraglichen Abend Skat gespielt habe. Im Verfahren gegen B erklärt sie, B zur Tatzeit nicht gesehen zu haben. Da beide Aussagen einander widersprechen, muss Z sich in einem der verfahren gem. § 153 StGB strafbar gemacht haben.
Bei der echten Wahlfeststellung kann der Angeklagte sich durch 2 verschiedene Sachverhalte entweder wegen des einen oder aber wegen des anderen Straftatbestandes strafbar gemacht haben. Sofern eine Bestrafung aus einem Auffangdelikt ausscheidet, kommt eine wahlweise Verurteilung in Betracht.
Beispiel 2:
Beim Angeklagten wurde Diebesgut gefunden. Es ist ausgeschlossen, dass der Angeklagte diese Gegenstände gutgläubig erworben hat. Denkbar ist, dass er entweder den Diebstahl begangen hat oder aber das Diebesgut nachfolgend angekauft hat. Da eine Strafbarkeit sowohl aus § 242 als auch zudem aus § 259 StGB nicht in Betracht kommt, erfolgt eine wahlweise Verurteilung, da die Normen rechtsethisch und psychologisch vergleichbar sind.
Wir haben uns damit bereits im JURACADEMY Club befasst:
- https://www.juracademy.de/rechtsprechung/article/grosse-senat-bverfg-entschieden-echte-wahlfeststellung-verfassungskonform
- https://www.juracademy.de/rechtsprechung/article/stufenfolge-wahlfeststellung-auffangdelikt
Wesentlich ist aber, dass die Beteiligung an beiden Delikten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann. Bestehen Zweifel an der Vortatbeteiligung, nicht hingegen an der Nachtatbeteiligung, dann muss der Angeklagte wegen der Vortat freigesprochen werden und aus der Nachtat verurteilt werden, wobei zu seinen Gunsten der niedrigere Strafrahmen der jeweiligen Delikte zugrunde zu legen ist. Man nennt das Postpendenz BGH NStZ 2023, 487, die nach Auffassung der Rechtsprechung der Wahlfeststellung vorgeht. Im umgekehrten Fall – die Vortatbeteiligung steht fest, nicht aber die Nachtatbeteiligung - wird im Wege der Präpendenz aus der Vortat bestraft und wegen der Nachtat freigesprochen.