Polizei- und Ordnungsrecht NRW

Formelle Rechtmäßigkeit der Gefahrenabwehrverfügung

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C. Formelle Rechtmäßigkeit der Gefahrenabwehrverfügung

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Nachdem Sie die einschlägige Ermächtigungsgrundlage herausgearbeitet haben, untersuchen Sie nun die formelle Rechtmäßigkeit der Gefahrenabwehrverfügung in fünf Schritten:

I. Zuständigkeit

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Im ersten Schritt prüfen Sie die Zuständigkeit für den Erlass der Gefahrenabwehrverfügung und unterscheiden dabei regelmäßig zwischen der sachlichen und der örtlichen Zuständigkeit.

Expertentipp

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Die instanzielle (funktionelle) Zuständigkeit, die festlegt, welche Behördeninstanz innerhalb der sachlich zuständigen Behörde für die Wahrnehmung von Aufgaben zuständig ist,

Vgl. ähnlich Schenke Polizei- und Ordnungsrecht Rn. 511. brauchen Sie regelmäßig nicht gesondert zu prüfen, weil sie in der Regel mit der sachlichen Zuständigkeit zusammenfällt. So sieht z.B. § 5 Abs. 1 S. 1 OBG vor, dass die örtliche Ordnungsbehörde für die Aufgaben der Gefahrenabwehr zuständig ist. Mit der Zuweisung der sachlichen Zuständigkeit an die örtliche Ordnungsbehörde ist gleichzeitig geklärt, dass die unterste Behördeninstanz instanziell (funktionell) zuständig ist. Höhere Behördeninstanzen sind demgegenüber nur ausnahmsweise instanziell (funktionell) zuständig, und zwar im Falle des sog. Selbsteintrittsrechts. Ein Selbsteintrittsrecht existiert nur im Falle einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung (meist bei Gefahr im Verzug oder bei Nichtbefolgung einer fachaufsichtlichen Weisung durch die niedrigere Behördeninstanz; s. z.B. § 10 OBG).

 

1. Sachliche Zuständigkeit

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Die sachliche Zuständigkeit regelt die Berechtigung zur Wahrnehmung eines bestimmten Aufgabenbereichs.

Vgl. Schenke Polizei- und Ordnungsrecht Rn. 510. Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit suchen Sie zunächst in dem Gesetz, in dem die Ermächtigungsgrundlage für die Gefahrenabwehrverfügung enthalten ist. Sofern also die Ermächtigungsgrundlage in einem Spezialgesetz enthalten ist, untersuchen Sie, ob das Spezialgesetz eine Bestimmung über die sachliche Zuständigkeit enthält (z.B. § 57 Abs. 1 S. 2 und 3 BauO NRW 2018). Bei einer spezialgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage kann es vorkommen, dass das Spezialgesetz schlicht auf die „zuständigen Behörden als Sonderordnungsbehörden“ verweist (z.B. § 35 Abs. 2 LAbfGAbfallgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen.). Mit Sonderordnungsbehörden sind dann die Behörden i.S.d. § 12 Abs. 1 OBGgemeint.

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Sofern die Ermächtigungsgrundlage im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht enthalten ist, gilt für die sachliche Zuständigkeit der Polizei und der Ordnungsverwaltung Folgendes:

Expertentipp

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Lesen Sie die im Text genannten Vorschriften!

Die sachliche Zuständigkeit der allgemeinen Ordnungsverwaltung ist grundsätzlich in § 5 OBG geregelt. Danach ist grundsätzlich die örtliche Ordnungsbehörde sachlich zuständig (vgl. § 5 Abs. 1 OBG). Wer örtliche Ordnungsbehörde ist, ergibt sich aus § 3 Abs. 1 OBG. Ausnahmsweise folgt die sachliche Zuständigkeit jedoch aus einer besonderen gesetzlichen Regelung (vgl. z.B. § 5 Abs. 3 i.V.m. §§ 26, 27 OBG, § 48 Abs. 2 OBG).

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Expertentipp

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Werfen Sie einen Blick in §§ 10–13b POG NRW!

Die sachliche Zuständigkeit der Polizei ist in §§ 10 ff. POG NRW geregelt. Die allgemeine sachliche Zuständigkeit der Polizei ist in § 10 POG NRW geregelt. Gemäß § 10 S. 1 POG NRW hat die Polizei die Aufgaben zu erfüllen, die ihr durch Gesetz oder Rechtsverordnung übertragen sind. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Aufgabennorm des § 1 Abs. 1 S. 1 PolG NRW. Die sachliche Zuständigkeit der Polizei ergibt sich daher im Allgemeinen aus § 10 S. 1 POG i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 1 PolG NRW. Für die Wahrnehmung der Aufgaben der Gefahrenabwehr insbesondere nach dem PolG NRW erklärt § 11 Abs. 1 Nr. 1 POG NRW die Kreispolizeibehörden für zuständig. Beachten Sie aber die generell eingeschränkte Zuständigkeit der Polizei im Polizei- und Ordnungsrecht: Auch die Kreispolizeibehörden sind im Bereich der Gefahrenabwehr grundsätzlich nur subsidiär zuständig (vgl. § 1 Abs. 1 S. 3 PolG NRW). Eine weitere Einschränkung ihrer Zuständigkeit folgt aus § 1 Abs. 2 PolG NRW.

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Gemäß § 10 S. 2 POG NRW sind die Kreispolizeibehörden außerdem zuständig, wenn die Polizei des Landes NRW durch Bundes- oder Landesrecht ohne nähere Bezeichnung von Polizeibehörden für zuständig erklärt wird und keine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Zulässigkeitsregelung existiert.

Beispiel

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Aus § 10 S. 2 POG NRW i.V.m. § 44 Abs. 2 StVO

Straßenverkehrsordnung. ergibt sich, dass die Kreispolizeibehörden für die Überwachung des Straßenverkehrs zuständig sind. Diese Zuständigkeit folgt bereits auch aus § 11 Abs. 1 Nr. 3 POG NRW.

Expertentipp

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Die Kreispolizeibehörden dürfte die wohl allein prüfungsrelevante Polizeibehörde i.S.d. § 2 Abs. 1 POG NRW sein. Die sachliche Zuständigkeit anderer Polizeibehörden können Sie aber ggf. ohne Weiteres den §§ 12 ff. POG NRW entnehmen.

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Lesen Sie § 14 POG NRW und § 6 OBG!

§ 14 POG NRW enthält schließlich Regelungen über eine außerordentliche sachliche Zuständigkeit der Polizei. So kann gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 POG eine Polizeibehörde bei Gefahr im Verzug Aufgaben einer anderen, an sich zuständigen Polizeibehörde übernehmen. Die zuständige Polizeibehörde ist in diesem Falle unverzüglich zu unterrichten (vgl. § 14 Abs. 1 S. 2 POG NRW). Eine solche außerordentliche Zuständigkeit gibt es auch für die allgemeinen Ordnungsbehörden (vgl. § 6 OBG). Eine dem § 14 Abs. 1 S. 1 POG NRW entsprechende Regelung existiert für die allgemeine Ordnungsverwaltung in § 6 Abs. 1 S. 1 OBG. Eine dem § 14 Abs. 1 S. 2 POG NRW entsprechende Regelung gibt es für die allgemeine Ordnungsverwaltung in § 6 Abs. 3 OBG.

2. Örtliche Zuständigkeit

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Die örtliche Zuständigkeit regelt den räumlichen Bereich, innerhalb dessen eine sachlich und instanziell zuständige Behörde zu handeln befugt ist.

Vgl. Schenke Polizei- und Ordnungsrecht Rn. 515.

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Lesen Sie § 4 OBG!

Die örtliche Zuständigkeit der allgemeinen Ordnungsverwaltung ergibt sich grundsätzlich aus § 4 OBG. Gemäß § 4 Abs. 1 OBG ist die Ordnungsbehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk die zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden. Ist es zweckmäßig, ordnungsbehördliche Aufgaben in benachbarten Bezirken einheitlich zu erfüllen, erklärt die den beteiligten Ordnungsbehörden gemeinsame Aufsichtsbehörde eine dieser Ordnungsbehörden für zuständig (vgl. § 4 Abs. 2 OBG). Ausnahmsweise kann es spezialgesetzliche Zuständigkeitsregelungen geben (z.B. § 61 GewO). Eine außerordentliche Zuständigkeit ist in § 6 Abs. 1 und Abs. 2 OBG vorgesehen.

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Expertentipp

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Werfen Sie einen Blick in §§ 7–9 POG NRW!

Die örtliche Zuständigkeit der Polizei ist in §§ 7 ff. POG NRW geregelt. Für Amtshandlungen, die von nordrhein-westfälischen Polizeivollzugsbeamten in Nordrhein-Westfalen vorgenommen werden, ist § 7 POG NRW einschlägig. § 7 Abs. 1 POG NRW enthält eine dem § 4 OBG entsprechende Regelung. Nach § 7 Abs. 1 POG sind die Polizeibehörden örtlich zuständig, in deren Polizeibezirk die polizeilich zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden. Darüber hinausgehend sieht § 7 Abs. 3 POG NRW vor, dass jeder Polizeivollzugsbeamte Amtshandlungen im ganzen Land Nordrhein-Westfalen vornehmen darf, wenn dies z.B. zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr erforderlich ist. § 7 Abs. 3 POG NRW normiert damit eine örtliche Allzuständigkeit für Nordrhein-Westfalen.

Expertentipp

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Regelmäßig wird die Zuständigkeit der handelnden Polizei- oder Ordnungsbehörde in der Fallbearbeitung keine Probleme aufwerfen. Dann genügt es, dass Sie die sachliche und örtliche Zuständigkeit unter Nennung der einschlägigen Paragraphen feststellen. Wenn dagegen eine sachlich oder örtlich unzuständige Behörde eine gefahrenabwehrrechtliche Verfügung erlassen hat, müssen Sie die Rechtsfolgen der Verletzung der Zuständigkeitsvorschriften prüfen: Wurden die Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit verletzt, führt diese Verletzung regelmäßig zur Rechtswidrigkeit der Verfügung und ausnahmsweise, nämlich bei Verletzung der absoluten sachlichen Zuständigkeit, sogar zu deren Nichtigkeit i.S.d. § 44 Abs. 1 VwVfG NRW.Vgl. Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG § 44 Rn. 111. Wurden die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit verletzt, führt diese Verletzung regelmäßig nicht zur Nichtigkeit der Verfügung (vgl. § 44 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG NRW; s. aber § 44 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG NRW, der von § 44 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG NRW ausdrücklich in Bezug genommen wird), sondern nur zur Rechtswidrigkeit der Verfügung, wobei dann wiederum § 46 VwVfG NRW zu beachten ist.

II. Verfahren

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Wiederholen Sie ggf. zunächst diesen grundlegenden Aspekt im Skript „Allgemeines Verwaltungsrecht“!

Im zweiten Schritt untersuchen Sie, ob die Gefahrenabwehrverfügung in einem ordnungsgemäßen Verfahren erlassen wurde. Da es sich bei der Gefahrenabwehrverfügung um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 VwVfG NRW handelt, geht seinem Erlass ein Verwaltungsverfahren i.S.d. § 9 VwVfG NRW voraus.

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Soweit besondere Verfahrensvorschriften bestehen, prüfen Sie zunächst, ob diese Vorschriften beachtet wurden. Besondere Verfahrensvorschriften können insbesondere bei den polizei- und ordnungsrechtlichen Standardmaßnahmen existieren. So können z.B. andere Hoheitsträger, Behörden oder Organe zu beteiligen sein (z.B. § 36 PolG NRW), besondere Beteiligungsrechte Betroffener zu beachten sein (z.B. § 34a Abs. 2, Abs. 4 PolG NRW), bestimmte Modalitäten einzuhalten sein (z.B. § 39 Abs. 3 PolG NRW).

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Im Übrigen untersuchen Sie die Einhaltung der allgemeinen Verfahrensvorschriften. Dazu gehört insbesondere die Anhörung i.S.d. § 28 VwVfG NRW.

Expertentipp

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Sofern die Einhaltung der Verfahrensvorschriften problemlos bejaht werden kann, genügt eine kurze Feststellung unter Nennung der einschlägigen Verfahrensvorschriften. Sofern die handelnde Behörde in Ihrer Fallbearbeitung jedoch Verfahrensvorschriften verletzt hat, sind die Rechtsfolgen dieser Verletzungen erörtern. Besonders prüfungsrelevant sind Verletzungen bei der Anhörung. Oftmals wird sie – entgegen § 28 Abs. 1 VwVfG NRW – unterlassen. Falls nicht bereits § 28 Abs. 2 VwVfG NRW eingreift, sollten Sie an § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW denken. Gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW kann die Anhörung bis zum Abschluss der ersten Instanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, und – sofern noch ein Widerspruchsverfahren statthaft sein sollte – durch die Widerspruchsbehörde, nicht aber durch ein Gericht, nachgeholt werden.Vgl. Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG § 45 Rn. 26 f. Sofern ein Widerspruchsverfahren statthaft sein sollte, erfolgt die Nachholung der Anhörung in der Praxis häufig mittels Durchführung des Widerspruchsverfahrens. Schließlich ist im Rahmen der Beurteilung der Verfahrensfehlerfolgen auch § 46 VwVfG NRW zu berücksichtigen.

III. Form

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Im dritten Schritt gehen Sie der Frage nach, ob die Gefahrenabwehrverfügung unter Einhaltung etwa bestehender Formvorschriften erlassen wurde. Gefahrenabwehrverfügungen der Ordnungsverwaltung müssen grundsätzlich gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 OBG in schriftlicher oder elektronischer Form erlassen werden. Die Möglichkeit, elektronische Gefahrenabwehrverfügungen zu erlassen, wurde durch Art. 5 des Gesetzes zur Digitalisierung wirtschaftsbezogener Verwaltungsleistungen vom 30.6.2020GV.NRW S. 455a. neu in § 20 OBG eingefügt. Von diesem Formerfordernis kann nur bei Gefahr im Verzug abgesehen werden (vgl. § 20 Abs. 1 S. 2 OBG). Gefahrenabwehrverfügungen der Polizei sind dagegen formfrei (vgl. § 37 Abs. 2 VwVfG NRW).

Expertentipp

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Falls sich keine Formprobleme in Ihrer Fallbearbeitung stellen, können Sie diesen Prüfungspunkt kurz abhandeln, indem sie die Einhaltung der Form bzw. die Formfreiheit bei Erlass der Verfügung unter Nennung der einschlägigen Paragraphen kurz feststellen. Sofern die Gefahrenabwehrverfügung aber unter Verletzung einer Formvorschrift erlassen wurde, sind die Rechtsfolgen dieser Verletzung wieder anhand der §§ 44–46 VwVfG NRW zu untersuchen.

IV. Begründung

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Im vierten Schritt prüfen Sie, ob die Gefahrenabwehrverfügung begründet wurde. U.a. schriftliche oder elektronische Verfügungen müssen grundsätzlich begründet werden (vgl. § 39 Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW; zu den Ausnahmen s. § 39 Abs. 2 VwVfG NRW). Die Anforderungen an die Begründung sind in § 39 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VwVfG NRW geregelt. Danach sind in der Begründung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

Expertentipp

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Hinsichtlich der Abhandlung dieses Prüfungspunktes gelten die Ausführungen oben (Rn. 101) entsprechend.

V. Bekanntgabe

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Gefahrenabwehrverfügungen sind grundsätzlich gemäß § 41 VwVfG NRW bekanntzumachen. Die Bekanntgabe hat nach § 41 Abs. 1 S. 1 VwVfG NRW gegenüber demjenigen Beteiligten zu erfolgen, für den er bestimmt ist (d.h. Adressat der Verfügung) oder der von ihm betroffen wird. § 41 Abs. 2 VwVfG NRW regelt die einfache Bekanntgabe; § 41 Abs. 3 und 4 VwVfG NRW hält Vorschriften für die öffentliche Bekanntgabe bereit. Eine Bekanntgabe der Verfügung mittels förmlicher Zustellung nach dem LZG NRW

Landeszustellungsgesetz. durch die in § 1 LZG NRW genannten Stellen bleibt unberührt (vgl. § 41 Abs. 5 VwVfG NRW).

Expertentipp

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Eine wirksame Bekanntgabe der gefahrenabwehrrechtlichen Verfügung ist Voraussetzung für den Eintritt der Wirksamkeit der Verfügung (vgl. § 43 Abs. 1 VwVfG NRW). Eine unwirksame Bekanntgabe kann nicht rückwirkend geheilt werden; in diesem Falle muss die Verfügung neu erlassen werden. Eine Heilung mit Wirkung für die Zukunft kann dagegen möglich sein.

Vgl. näher Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG § 43 Rn. 177.

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In Fallbearbeitungen ist die Bekanntgabe von Verkehrszeichen ein Klausurklassiker. Als Allgemeinverfügungen i.S.d. § 35 S. 2 VwVfG NRW mit Dauerwirkung

Vgl. BVerwGE 27, 181; 59, 221; NJW 2016, 2353; Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG § 35 Rn. 170. werden Verkehrszeichen gemäß §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 4 Hs. 1 StVO durch ihre wahrnehmbare Aufstellung bekanntgegeben und damit wirksam (vgl. § 43 Abs. 1 VwVfG NRW); unerheblich ist also, ob ein Verkehrsteilnehmer das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt. Das Bundesverwaltungsgericht steht auf dem Standpunkt, dass es sich bei der Aufstellung von Verkehrszeichen nach Maßgabe der Straßenverkehrsordnung um eine besondere Form der öffentlichen Bekanntgabe handelt, die § 41 Abs. 3 VwVfG NRW verdrängt.Vgl. BVerwGE 102, 316; NJW 2016, 2353 (str.). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Vgl. BVerwGE 102, 316; 130, 383; 138, 21; 154, 365; Beschl. v. 30.1.2018 – 3 B 4/17. äußern Verkehrszeichen nach dem so genannten Sichtbarkeitsgrundsatz ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht, wenn Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht sind, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon „mit einem raschen und beiläufigen Blick“ Vgl. BGH NJW 1970, 1126 f. erfassen kann. Für die Bestimmung der hinreichenden Sichtbarkeit eines Verkehrszeichens ist relevant, ob das Verkehrszeichen nach Maßgabe der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO entsprechend angebracht ist oder nicht. Sofern die dort enthaltenen Vorgaben nicht erfüllt sind, entfällt die Indizwirkung für die Annahme einer hinreichenden Sichtbarkeit. Die Frage der hinreichenden Sichtbarkeit muss dann anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.Vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.1.2018 – 3 B 4/17. Eine ordnungsgemäße Bekanntgabe liegt auch dann vor, wenn das Verkehrszeichen erst aufgestellt wird, nachdem ein Pkw abgestellt wurde.Vgl. BVerwGE 102, 316; 130, 383; 138, 21; 154, 365.

Beispiel

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Familie B fliegt am 1.5. für zwei Wochen in Urlaub und stellt ihren Pkw vor ihrem Haus ab. Am 3.5. wird vor ihrem Haus ein mobiles Verkehrszeichen aufgestellt, das vom 11.5. bis 14.5. das Halten vor dem Haus der Familie B wegen Straßenbauarbeiten absolut verbietet. – Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts hängt die Wirksamkeit eines ordnungsgemäß aufgestellten oder angebrachten Verkehrszeichens nicht von der subjektiven Kenntnisnahme des davon betroffenen Verkehrsteilnehmers ab. Verkehrsteilnehmer ist dabei nicht nur derjenige, der sich im Straßenverkehr bewegt, sondern auch der Halter eines am Straßenrand geparkten Pkw, solange er Inhaber der tatsächlichen Gewalt über den Pkw ist. Es verstößt grundsätzlich auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn ein zunächst ordnungsgemäß geparkter Pkw vier Tage nach Aufstellen eines Haltverbotszeichens auf Kosten des Halters abgeschleppt wird.Vgl. BVerwGE 102, 316. Die Rechtsprechung stellt also hohe Anforderungen an die Sorgfalt des Halters oder Fahrers eines Pkw. Bei längerer Abwesenheit muss der Halter oder der Fahrer Vorsorge treffen, wenn er eine „böse Überraschung“ durch ein nachträglich aufgestelltes Halte- oder Parkverbotszeichen vermeiden will.

Hinweis

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Wird ein ursprünglich rechtmäßig abgestelltes Fahrzeug aus einer nachträglich mittels mobilen Halteverbotsschildes eingerichteten Halteverbotszone abgeschleppt, muss der Fahrzeugverantwortliche die Kosten der Abschleppmaßnahme nur tragen, wenn das mobile Halteverbotsschild mit einer Vorlaufzeit von mindestens drei vollen Tagen aufgestellt wurde. Nur ein solcher Vorlauf deckt auch eine typische Wochenendabwesenheit ab.

Vgl. zum Ganzen BVerwG NJW 2018, 2910, das der restriktiveren Rechtsprechung des OVG NRW (NWVBl 2017, 164; zuvor z.B. NVwZ-RR 1996, 59) damit eine Absage erteilt hat.

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