Juristische Methodenlehre - Auslegungsmittel - Verhältnis der Auslegungskriterien zueinander

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Juristische Methodenlehre

Auslegungsmittel - Verhältnis der Auslegungskriterien zueinander

2. Verhältnis der Auslegungskriterien zueinander

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Die Anwendung der vier vorgenannten Auslegungskriterien auf denselben Normtext führt zu einer entsprechenden Anzahl von Teilergebnissen.

Wank, Auslegung, S. 52, 73. Siehe auch Rn. 138. Soweit diese voneinander abweichen, ist zu entscheiden, welches von ihnen den Ausschlag gibt.Beaucamp/Treder, Methoden, Rn. 177 m.w.N.; Horn, Einführung in die Rechtswissenschaft und Rechtsphilosophie, 5. Auflage 2011, Rn. 177. Das insofern theoretisch ebenfalls denkbare Absehen von einer Entscheidung ist für den Richter aufgrund des verfassungsrechtlichen RechtsverweigerungsverbotsDer allgemeine Justizgewährleistungsanspruch folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG; für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten enthält Art. 19 Abs. 4 GG eine Spezialregelung, siehe Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 12. Auflage 2012, Art. 20 Rn. 91 m.w.N. Zur entsprechenden Rechtslage etwa in Frankreich siehe Art. 4 Code civil: „Le juge qui refusera de juger, sous prétexte du silence, de l'obscurité ou de l'insuffisance de la loi, pourra être poursuivi comme coupable de déni de justice“. keine zulässige Option („Entscheidungszwang“).Schmalz, Methodenlehre, Rn. 313 m.w.N. Zur Beantwortung der sich damit letztlich stellenden Frage nach der Rangfolge der Auslegungsmethoden existieren nur wenige, im Folgenden näher dargestellte, allgemein anerkannte Regeln. Wenngleich diese i.d.S. unvollkommen sind, als dass auch bei ihrer Befolgung noch Raum für subjektive Wertungen verbleibt, sind sie als solche aus rechtsstaatlicher Sicht dennoch unverzichtbar.Vgl. Beaucamp/Treder, Methoden, Rn. 176; Sauer, in: Krüper, Grundlagen des Rechts, § 9 Rn. 34, jeweils m.w.N. Siehe auch Rn. 134, 222. A.A. etwa Vogel, Methodik, S. 120.

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„Da Gegenstand der Auslegung gesetzlicher Bestimmungen immer nur der Gesetzestext sein kann“, erweist sich der Wortlaut des Gesetzes nicht nur als Ausgangspunkt der Auslegung,

Beaucamp/Treder, Methoden, Rn. 175 m.w.N.; Bitter/Rauhut, JuS 2009, S. 289 (293). Siehe auch Rn. 140 ff. sondern markiert der mögliche Wortsinn des Gesetzes zugleich „die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation“,BVerfGE 92, 1 (12) (Hervorhebungen d. d. Verf.). I.d.S. auch BVerwGE 90, 265 (269). jenseits dessen die Rechtsfortbildung beginnt (z.B. handelt es sich bei den Partnern einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft nicht um „Familienangehörige“, weshalb diese vor dem Inkrafttreten der §§ 563, 563a BGB n.F. nur bei Gelingen einer analogen Anwendung von §§ 569a, 569b BGB a.F. mit dem Tod des Mieters in das Mietverhältnis eintraten).BVerfGE 82, 6; Beaucamp/Treder, Methoden, Rn. 179 m.w.N.; Muthorst, Grundlagen, § 7 Rn. 21, § 8 Rn. 51 mit dem Hinweis, dass die Wortlautgrenze der Berichtigung von Redaktionsversehen (Rn. 126) nicht entgegensteht; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 237; Schwacke, Methodik, S. 107; Tettinger/Mann, Arbeitstechnik, Rn. 260; Zippelius, Methodenlehre, S. 39, 50. Siehe auch Rn. 228 ff. Insoweit sind die drei übrigen Kriterien der Gesetzesinterpretation (Systematik, Historie, Telos) der Wortlautauslegung mithin untergeordnet.Beaucamp/Treder, Methoden, Rn. 179. Mögen sich aus diesen auch noch so gute Gründe zugunsten eines bestimmten Normverständnisses ergeben, so ist dieses im Rahmen der Auslegung dennoch zu verwerfen, wenn es jenseits des durch den Wortlaut gezogenen Rahmens liegt. Letztlich wird dadurch dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit Rechnung getragen. Gegen dieses würde nämlich verstoßen, wenn man eine Vorschrift in einer Weise auslegte, wie es nach dem Text überhaupt nicht zu erwarten ist.Zum Ganzen siehe Sauer, in: Krüper, Grundlagen des Rechts, § 9 Rn. 20, 34.

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Wenngleich der Auslegung des Gesetzes durch dessen Wortlaut eine absolute Grenze gezogen wird, so bedeutet dies jedoch nicht zwangsläufig, dass der weiteren Fallbearbeitung nicht dennoch ein jenseits der Wortlautgrenze liegendes Rechtsverständnis zugrunde zu legen ist. In methodisch korrekter Weise erreichen lässt sich ein solches Resultat allerdings nicht mehr im Wege der Normauslegung, sondern allein unter den Voraussetzungen der Rechtsfortbildung (Rn. 150 f. und 228 ff.).

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Darüber hinaus darf die Rechtsfindung in keinem Fall „das gesetzgeberische Ziel [Telos] der Norm in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfälschen oder an die Stelle der Regelungskonzeption des Gesetzgebers gar eine eigene [des jeweiligen Normanwenders] treten lassen.“ Denn die Aufgabe der Auslegung „beschränkt sich darauf, die [vom Gesetzgeber] intendierte Regelungskonzeption bezogen auf den konkreten Fall […] möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen“ („Rechtsanwender […] als ,Treuhänder‘ des Gesetzgebers“

Schwacke, Methodik, S. 102. ).Zum Ganzen siehe BVerfGE 122, 248 (283) abw. Meinung Voßkuhle, Osterloh, Di Fabio m.w.N. Siehe auch Rn. 131, 225, 233 f., 243. Innerhalb der Grenzen des möglichen Wortsinns hat daher der Sinn und Zweck des Gesetzes Vorrang vor den übrigen Auslegungskriterien.Muthorst, Grundlagen, § 7 Rn. 23; Schwacke, Methodik, S. 93, 108; Wank, Auslegung, S. 73. Siehe auch Rn. 211.

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Sofern auch hiernach noch mehrere Deutungsmöglichkeiten in Betracht kommen, sind im Wege der systematischen Auslegung alle diejenigen Interpretationshypothesen auszuscheiden, bei denen es zu einem Widerspruch der auszulegenden Vorschrift (z.B. des einfachen Rechts) zu einer höherrangigen Rechtsnorm (z.B. des Verfassungs- oder des Europarechts) kommen würde.

Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 165; Muthorst, Grundlagen, § 7 Rn. 22; Schwacke, Methodik, S. 108; Zippelius, Methodenlehre, S. 50. Denn einerseits gebietet es zwar „der Respekt vor der gesetzgebenden Gewalt […], so viel wie möglich von dem aufrechtzuerhalten, was der Gesetzgeber gewollt hat.“ Andererseits darf aber aufgrund des Gewaltenteilungsprinzips (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG) sowie wegen Art. 100 Abs. 1 GG der normative Gehalt der betreffenden Vorschrift nicht grundlegend neu bestimmt werden, weshalb eine rangkonforme Auslegung nur innerhalb der durch den Wortlaut und den Zweck des Gesetzes gezogenen Grenzen zulässig ist.Zum Ganzen siehe BVerfGE 90, 263 (275) m.w.N. Ferner Wienbracke, Einführung in die Grundrechte, 2013, Rn. 84 m.w.N. „Auch ein Widerspruch zu gleichrangigen Normen ist möglichst zu vermeiden“, siehe Zippelius, Methodenlehre, S. 40, 50 (Hervorhebungen d.d. Verf.) und Rn. 63 ff., 234. Auch darf eine Rechtsnorm nicht so ausgelegt werden, dass weder sie selbst noch eine andere keinen Sinn hätte (Rn. 175 f., 208), siehe Muthorst, Grundlagen, § 7 Rn. 23. Siehe auch Rn. 166 ff.

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Im Übrigen wird das Gewicht des einzelnen Auslegungskriteriums maßgeblich vom Auslegungsziel beeinflusst:

Schwacke, Methodik, S. 106. Siehe auch Rn. 128. Wird dieses in der Ermittlung des Willens des Gesetzgebers gesehen (subjektive Theorie), so ist die historische Auslegung von herausragender Bedeutung. Demgegenüber stellen die Anhänger der objektiven Theorie auf das Gesetz selbst ab und fragen danach, welche „vernünftigen“ Antworten sich diesem zur Lösung aktueller Konfliktsituationen entnehmen lassen.Zum Ganzen siehe Beaucamp/Treder, Methoden, Rn. 180 m.w.N. und Rn. 128 f. Da allerdings auch nach der subjektiven Theorie (in ihrer geltungszeitlichen Ausprägung) zwischenzeitliche Änderungen der gesellschaftlichen Verhältnisse und/oder der rechtlichen Wertungen bei der Gesetzesauslegung zu berücksichtigen sind, kann der Streit um das richtige Auslegungsziel und damit die Rangfolge der vorgenannten Auslegungsmethoden in Bezug auf ältere Gesetze regelmäßig dahingestellt bleiben.Wank, Auslegung, S. 33. Siehe auch Rn. 128, 130. Bei diesen tritt der Wille des historischen Gesetzgebers im Zeitverlauf nämlich zunehmend in den Hintergrund.Vgl. BVerfGE 34, 269 (288 f.) und siehe Muthorst, Grundlagen, § 7 Rn. 24; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 264 unter Hinweis auf BGHZ 124, 149 (150); Tettinger/Mann, Einführung, Rn. 231. Siehe auch Rn. 194 f. Zum diesbzgl. Einfluss der Rechtsprechungspraxis vgl. Rn. 124 und Horn, Einführung in die Rechtswissenschaft und Rechtsphilosophie, 5. Auflage 2011, Rn. 179a. Umgekehrt kommt „bei zeitlich neuen und sachlich neuartigen Regelungen […] den anhand des Gesetzgebungsverfahrens deutlich werdenden Regelungsabsichten des Gesetzgebers erhebliches Gewicht bei der Auslegung zu, sofern Wortlaut und Sinnzusammenhang der Norm Zweifel offenlassen. Über die erkennbare Regelungsabsicht darf die Auslegung in solcher Lage nicht hinweggehen.“BVerfGE 54, 277 (297 f.), wo es einschränkend weiter heißt: „Dies gilt allerdings nur für die in dieser Regelung erkennbar ausgeprägten und in ihr angelegten Grundentscheidungen, Wertsetzungen und Regelungszwecke“ (Hervorhebungen d. d. Verf.). Siehe auch Rn. 195 f.

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Auf Grundlage der vom Bundesverfassungsgericht vertretenen Andeutungs- bzw. Vereinigungstheorie lässt sich dagegen – mit Ausnahme der drei in Rn. 215 ff. aufgezeigten Regeln – keine abstrakte Rangordnung und Gewichtigkeit der Auslegungskriterien festlegen (str.).

Vgl. Butzer/Epping, Arbeitstechnik, S. 47 m.w.N. Siehe auch Rn. 128. Richtigerweise sind diese im Verhältnis zueinander prinzipiell gleichrangig.Muthorst, Grundlagen, § 7 Rn. 17; Schwacke, Methodik, S. 107 m.w.N. Vielmehr hängt es von den Besonderheiten der konkret auszulegenden Rechtsnorm ab, welches Gewicht den einzelnen Auslegungsmethoden zukommt, d.h. welcher von ihnen jeweils der Vorrang gebührt.Pawlowski, Einführung in die juristische Methodenlehre, 3. Auflage 1999, Rn. 7; Tettinger/Mann, Einführung, Rn. 230; Vogel, Methodik, S. 119 f.; Zippelius, Methodenlehre, S. 50 f. A.A. Beaucamp/Treder, Methoden, Rn. 176, die insoweit von einem „unsystematischen Vorgehen“ sprechen. Siehe aber auch dies., a.a.O., Rn. 178, 194. Führt in Bezug auf die betreffende Vorschrift nur eine (z.B. Wortlaut) zu einem eindeutigen Ergebnis und stehen die anderen Auslegungskriterien diesem nicht entgegen – sei es, weil sie unergiebig sind oder jeweils mehrdeutige (widersprüchliche) Resultate liefern –, so setzt sich Erstere durch.Beaucamp/Treder, Methoden, Rn. 178, 194 m.w.N. Siehe auch Rn. 128 f. Umgekehrt kann sich beispielsweise das Wortlautargument in Bezug auf eine andere Vorschrift wiederum als sehr schwach erweisen, weil man den darin verwendeten Ausdruck „mit Fug und Recht auch anders verstehen könnte“, so dass dann den drei übrigen Auslegungskriterien ein größeres Gewicht beizumessen ist (siehe den Übungsfall in Rn. 226 f.).Wank, Auslegung, S. 73.

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Allgemein ist die Entscheidung zugunsten einer von mehreren methodisch vertretbaren Gesetzesinterpretationen keine streng rationale mehr („Auslegung ist […] kein Rechenexempel“

Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 166.), sondern eine vom einzelnen Rechtsanwender vorzunehmende Wertung.Adomeit/Hähnchen, Rechtstheorie, Rn. 94: „Zumutung eigener Entscheidung“; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 314 f.; Schwacke, Methodik, S. 108 f.; Zippelius, Methodenlehre, S. 51. Siehe auch Rn. 134, 214. „Die Auslegung […] hat den Charakter eines Diskurses, in dem auch bei methodisch einwandfreier Arbeit nicht absolut richtige, unter Fachkundigen nicht bezweifelbare Aussagen dargeboten werden, sondern Gründe geltend gemacht, andere Gründe dagegengestellt werden und schließlich die besseren Gründe den Ausschlag geben sollen.“BVerfGE 82, 30 (38 f.). Sie ist lediglich der „Weg, auf dem der Richter den Inhalt einer Gesetzesbestimmung […] erforscht.“BVerfGE 35, 263 (279) m.w.N. Nicht hingegen handelt es sich bei ihr um ein stets sichere Ergebnisse (Lösungen) verbürgendes System.Muthorst, Grundlagen, § 2 Rn. 25; Tettinger/Mann, Einführung, Rn. 230. Namentlich bei den Auslegungskriterien handelt es sich „nur“ um Argumente für bzw. gegen einzelne Auslegungshypothesen. Sie besagen aber nicht, welches von ihnen den Vorzug verdient, wenn verschiedene Interpretationsmöglichkeiten in Betracht kommen.Zum Ganzen siehe Muthorst, Grundlagen, § 7 Rn. 45. Siehe auch Rn. 134. Immerhin aber schränken die Auslegungsmethoden den Spielraum der Subjektivität bei der Rechtsanwendung ein, indem sie einen Bereich vertretbarer Entscheidungen abstecken.Sauer, in: Krüper, Grundlagen des Rechts, § 9 Rn. 12 f.; Vogel, Methodik, S. 8. Vollständig beseitigt wird der Konflikt zwischen der Forderung nach einer Entscheidung auf objektiv-gesetzlicher Grundlage und der Notwendigkeit einer subjektiven Gesetzesinterpretation hierdurch freilich nicht.Bitter/Rauhut, JuS 2009, S. 289 (292); Zippelius, Methodenlehre, S. 51. Vgl. auch Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 647 („Illusion der unpolitischen Rechtsanwendung“) und Schwacke, Methodik, S. 149, 151.

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Ein Auslegungsergebnis ist dann vertretbar, wenn es „mit rationalen Argumenten nachvollziehbar (wenn auch nicht zwingend) begründet werden kann und nicht durch allgemein überzeugende Argumente erweisbar ist, dass eine der konkurrierenden Lösungsmöglichkeiten den Vorzug verdient.“

Zippelius, Methodenlehre, S. 82.

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Gibt es insoweit (!) folglich kein „richtiges“ oder „falsches“ Auslegungsergebnis, so kommt es maßgeblich auf die Qualität der Begründung zugunsten gerade des gewählten an: Warum soll aus dem Kreis der in Betracht kommenden Möglichkeiten der Norminterpretation ausgerechnet die eine und nicht eine andere maßgebend sein?

Adomeit/Hähnchen, Rechtstheorie, Rn. 95; Schmalz, Methodenlehre, Rn. 316, der a.a.O. (Rn. 314) insoweit von der „dezisionistische[n] Determinante der Rechtsgewinnung“ spricht; Schwacke, Methodik, S. 84, 106; Vogel, Methodik, S. 2; Zippelius, Methodenlehre, S. 40, 50 f. Deren Güte bemisst sich in formeller Hinsicht nach den Kriterien wissenschaftlichen Arbeitens.Vgl. BVerfGE 82, 30 (38 f.). Siehe auch Rn. 134. Die danach vorausgesetzte Nachvollziehbarkeit und Kontrollierbarkeit des gefundenen Ergebnisses verlangt wiederum eine strukturierte, schlüssige, am Gesetz orientierte und die verschiedenen Sachargumente sowie Interessen vollständig berücksichtigende Argumentation unter Einbeziehung der zur jeweiligen Auslegungsfrage in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen.Schmalz, Methodenlehre, Rn. 315, 317 ff. Vgl. auch Muthorst, Grundlagen, § 7 Rn. 45 f.; Schwerdtfeger/Schwerdtfeger, Öffentliches Recht in der Fallbearbeitung, 14. Auflage 2012, Rn. 773, 806. Siehe auch Rn. 134 f. In materieller Hinsicht soll das „Bestreben nach einer möglichst gerechten Problemlösung“ der wichtigste Leitgedanke bei der Ermittlung des Auslegungsergebnisses sein.Zippelius, Methodenlehre, S. 9, 40, 47 f., 51, der daneben noch auf die „Funktionenteilung im Staat“ (i.S.v. Verwirklichung des Regelungszwecks des Gesetzgebers), die „Einheit des Rechts“ (widerspruchsfreie Ergebnisse) und ein „Optimum an Interessenbefriedigung“ nennt (Hervorhebung z.T. im Original). Siehe auch Rn. 11, 209.

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Von der vorstehend behandelten Gesetzesauslegung zur Ermittlung des jeweiligen Norminhalts und der nachfolgend dargestellten Rechtsfortbildung

Die Terminologie ist insoweit uneinheitlich, siehe Muthorst, Grundlagen, § 8 Rn. 47 m.w.N. Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 239, 252 ordnen auch die Gesetzeskorrektur contra legem dem Bereich der (gesetzesübersteigenden) Rechtsfortbildung zu. Schmalz, Methodenlehre, Rn. 440 zufolge lasse sich die Gesetzeskorrektur ggf. mit den Fallgruppen der gesetzesergänzenden Rechtsfortbildung rechtfertigen. Siehe auch Rn. 245. zur Füllung von Lücken im Gesetz streng zu unterscheiden ist die Gesetzeskorrektur, d.h. die Berichtigung von (vermeintlichen) rechtspolitischen „,Fehler[n]‘ des Gesetzes.“Vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 195, denen zufolge „die Grenze zwischen einer Gesetzeslücke und einem Fehler des Gesetzes in rechtspolitischer Sicht […] nur so gezogen werden [kann], dass man sich fragt, ob das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig ist, oder ob nur die in ihm getroffene Entscheidung einer rechtspolitischen Kritik nicht standhält“ (Hervorhebungen d.d. Verf.); Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 826 f. Vogel, Methodik, S. 97 f. spricht insoweit von „Methodentrias“, Kramer, Juristische Methodenlehre, 3. Auflage 2010, S. 176 vom „3-Phasen-Modell“. Anders als bei den beiden Erst- verlässt der Rechts„anwender“ bei der Letztgenannten die Rolle des „gehorsamen Dieners des Gesetzes“ (Auslegung; vgl. Rn. 131, 199) und praktiziert – abweichend von der Rechtsfortbildung (Rn. 244) – auch keinen „denkenden Gehorsam“ mehr gegenüber diesem.Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 827 f. Vgl. auch BGH, NJW 2011, S. 690 (691: Ablehunung einer korrigierenden Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut und bei Fehlen eines entsprechenden eindeutigen Willens des Gesetzgebers); Muthorst, Grundlagen, § 8 Rn. 52 und Rn. 244. Vielmehr verweigert er sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes jeglichen Gehorsam, indem er wider dieses (contra legem) judiziert („Rechtsumbildung durch Gesetzesablehnung“Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 826. Vgl. auch dies., a.a.O., Rn. 958: „Richterstaat“ statt „Gesetzesstaat“.) – sei es in Form der Durchbrechung bestehender Gesetze oder deren schlichte Nichtanwendung (z.B. von § 120 Abs. 1 Nr. 2 OWiG).BVerfGE 35, 263 (280); Horn, Einführung in die Rechtswissenschaft und Rechtsphilosophie, 5. Auflage 2011, Rn. 189 f.; Schwacke, Methodik, S. 6; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 828. Dort (Rn. 950 ff.) weiter: Nicht um einen Fall der Gesetzeskorrektur handelt es sich daher bei der Berichtigung von Redaktionsversehen (Rn. 126), der teleologischen Reduktion (Rn. 211; a.A. insoweit Sauer, in: Krüper, Grundlagen des Rechts, § 9 Rn. 36, 38, der eine aus diesem Grund erfolgende Gesetzesberichtigung allerdings u.U. für zulässig hält) und der Anpassung des historischen Normzwecks aufgrund veränderter Verhältnisse (Rn. 195; a.A. insoweit Vogel, Methodik, S. 139, der eine aus diesem Grund erfolgende Gesetzesberichtigung allerdings u.U. für zulässig hält), da sich diese Vorgehensweisen jeweils noch innerhalb der vorgenannten Grenzen bewegen. Zu einem derart offenen „Aufstand von Richtern gegen geltendes Gesetzesrecht“ sind diese aufgrund ihrer Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 GG) sowie des Gewaltenteilungsprinzips (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG) jedoch grundsätzlich nicht befugt (Ausnahme: die Voraussetzungen der Radbruchʼschen Formel liegen vor).Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 940, 970. Dort (Rn. 972 ff. m.w.N.) auch zum „richterlichen Widerstandsrecht (Art. 20 Abs. 4 GG)“ und in Rn. 853 f. (mit Beispielen) zu mitunter bestehenden Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der Rechtsfortbildung einerseits und der Gesetzeskorrektur andererseits; Schwacke, Methodik, S. 123 f. Siehe auch Rn. 11, 234. Sie dürfen nicht ihre eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen an die Stelle der vermeintlich ungerechten gesetzlichen Vorschrift setzen, um diese hierdurch zu „verbessern“.Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 195; Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 940. Siehe auch Rn. 134. Auf dem Boden des Grundgesetzes gibt es hierfür allerdings ohnehin kaum einen Anlass, sind in dessen Grundrechtskatalog die traditionellen Gerechtigkeitskriterien doch positiviert.Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 967. Siehe auch Rn. 10. Eine Rechtsnorm aber, die hiergegen verstößt, ist verfassungswidrig und daher entweder – bei vorkonstitutionellen Gesetzen – vom betreffenden Gericht selbst zu verwerfen oder – im Fall eines nachkonstitutionellen Parlamentsgesetzes – dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG zur Prüfung vorzulegen.Sauer, in: Krüper, Grundlagen des Rechts, § 9 Rn. 38 m.w.N. Siehe auch Rn. 54 f. Zum Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV siehe Wank, Auslegung, S. 81. Darüber hinaus besteht für eine Gesetzeskorrektur durch die Gerichte hingegen kein Bedarf.Muthorst, Grundlagen, § 8 Rn. 52. Zur Füllung der danach ggf. entstehenden Gesetzeslücken durch den Gesetzgeber bzw. die Rechtsprechung siehe Rüthers/Fischer/Birk, Rechtstheorie, Rn. 856 m.w.N. und Rn. 228 ff. Diese ist vielmehr allein dem Gesetzgeber vorbehalten.BVerfG, NJW 1992, S. 1219. Siehe auch Rn. 11.

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