Inhaltsverzeichnis
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Zunächst ist festzustellen, dass sofern der Bürger ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde begehrt, er keinen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen kann. Die Art. 108 ff. GO folgen dem Opportunitätsprinzip („kann“), so dass der Bürger keinen Anspruch auf aufsichtliches Einschreiten besitzt.
Bauer/Böhle/Ecker Art. 112 Rn. 2, 4. Ebenfalls nicht anzuerkennen ist ein bloßer Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Bürgers, da die aufsichtlichen Normen im ausschließlich öffentlichen Interesse bestehen. Ein Individualanspruch des Einzelnen ist hieraus nicht ableitbar. Der Bürger hat demnach lediglich ein Anregungsrecht in Bezug auf aufsichtliches Handeln nach Art. 108 ff. GO.305
Eine Klagemöglichkeit des Bürgers eröffnet sich dagegen in den Fällen, in denen er unmittelbar von einer aufsichtlichen Ersatzvornahme (Art. 113 GO) betroffen ist (Rechtsaufsichtsbehörde hebt z.B. eine dem Bürger gewährte Gebührenrückerstattung auf, nachdem Gemeinde untätig blieb); hier stellt sich die Frage, gegen wen der Bürger seine Klage zu richten hat (§ 78 Abs. 1 VwGO). Sachgerecht erscheint es hier auf den Rechtsträger der Aufsichtsbehörde (Freistaat Bayern) abzustellen, da dieser dem Bürger gegenüber tritt (Art. 19 Abs. 4 GG) und ansonsten die Gemeinde prozessual ein Handeln zu verteidigen hätte, das sie (siehe Untätigkeit) so nicht gewollt hat (vertretbar an dieser Stelle aber auch ausgehend vom Wortlaut in Art. 113 GO („anstelle der Gemeinde“) eine Zurechnung an die kommunale Gebietskörperschaft vorzunehmen).
Kommunale Aufsicht | ||||||||||||||||
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Art | Rechtsaufsicht Art. 109 Abs. 1 GO | Fachaufsicht Art. 109 Abs. 2 GO | ||||||||||||||
Umfang | Im eigenen Wirkungskreis – | Im übertragenen Wirkungskreis – | ||||||||||||||
Zuständige Behörde |
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Mittel |
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Rechtsnatur | Verwaltungakt | Rspr.: kein Verwaltungsakt mangels Außenwirkung, es sei denn Gemeinde in eigener Rechtsposition betroffen = Art. 109 Abs. 2 S. 2 GO oder Weisung schlägt auf Selbstverwaltungsrecht durch; a.A. Lit. immer VA | ||||||||||||||
Rechtsschutz |
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Prüfungsschema
Wie prüft man: Erfolgsaussichten einer Klage der Gemeinde gegen einen aufsichtlichen Rechtsakt (RA, FA)
I. | Entscheidungskompetenz des Gerichts |
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| 1. | Eröffnung Verwaltungsrechtsweg, § 40 Abs. 1 VwGO: |
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| 2. | Zuständigkeit Gericht, §§ 45, 52 Nr. 3 VwGO, Art. 1 Abs. 2 AGVwGO |
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II. | Zulässigkeit der Klage |
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| 1. | Statthaftigkeit |
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| Anfechtungsklage (Klageziel: Aufhebung der aufsichtlichen Maßnahme); RA: VA-Qualität der Maßnahmen unstreitig, da Außenwirkung; FA: VA-Qualität strittig | Rn. 279, 293 |
| 2. | Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO |
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| RA: Art. 28 Abs. 2 GG, 11 Abs. 2 BV (Selbstverwaltung); FA: Art. 109 Abs. 2 S. 2 GO (Eingriff in den weisungsfreien Raum) | Rn. 281, 299 |
| 3. | Vorverfahren, § 68 Abs. 1 S. 2 VwGO in Verbindung mit Art. 15 Abs. 2, Abs. 3 AGVwGO (entfällt) |
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| 4. | Klagefrist, § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO |
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| 5. |
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| 6. | Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis |
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III. | Begründetheit der Klage |
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| 1. | Obersatz: Klage begründet, wenn VA rechtswidrig und Verletzung in eigenen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO |
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| 2. | richtiger Beklagter (Passivlegitimation, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO); |
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| Freistaat Bayern | Rn. 300 |
| 3. | Prüfung der Rechtmäßigkeit der jeweiligen aufsichtlichen Maßnahme |
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| getrennt nach formeller und materieller Rechtmäßigkeit | Rn. 301 |
Prüfungsschema
Wie prüft man: Materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen eines (zwingenden) Aufhebungsverlangens im Bereich der Kommunalaufsicht (RA, FA)Lesenswert zum Ganzen: Mögele BayVBl. 1985, 519 ff.
I. | Rechtsaufsicht (RA) |
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| 1. | Rechtsgrundlage für Aufhebungsverlangen, Art. 112 GO |
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| 2. | Aufhebungsverlangen: ist nur rechtmäßig, wenn |
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| gemeindliches Handeln rechtswidrig | Rn. 301 | |
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| gemeindlicher Rechtsakt (Beschluss/VA) noch aufhebbar | Rn. 301 | |
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| Beachtung von Art. 109 Abs. 1 GO, Art. 7 Abs. 2 GO kein Eingriff in gemeindliches Verwaltungsermessen verlangt Ermessensreduktion auf Null | Rn. 302 | |
II. | Fachaufsicht (FA) |
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| 1. | Rechtsgrundlage für Aufhebungsverlangen: Weisungsrecht in Art. 116 Abs. 1 S. 2 GO |
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| 2. | Weisung, die zwingend die Aufhebung von der Gemeinde fordert, nur rechtmäßig, wenn: |
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| Fall 1: |
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| gemeindliches Handeln rechtswidrig | Rn. 301, 303 |
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| gemeindliches Handeln noch aufhebbar | Rn. 301, 303 |
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| Beachtung von Art. 109 Abs. 2 GO, Art. 8 Abs. 2 GO; entweder bezüglich Rücknahme/Aufhebung wiederum Ermessensreduktion auf Null (dann kein Eingriff in Verwaltungsermessen), oder aber Rücknahme/Aufhebung durch Art. 109 Abs. 2 S. 2 GO gedeckt. | Rn. 303 |
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| Fall 2: |
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| a) | Handeln der Gemeinde nur zweckwidrig |
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| b) | Handeln der Gemeinde noch korrigierbar |
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| c) | Beachtung von Art. 109 Abs. 2 S. 2 GO; Zweckmäßigkeitsweisung muss durch Art. 109 Abs. 2 S. 2 GO gedeckt sein. |
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Hinweis
Die letztgenannte Fallgestaltung (Fall 2) der Zweckmäßigkeitsweisung im übertragenen Wirkungskreis ist wenig klausurrelevant!