Inhaltsverzeichnis
B. Ablauf eines Insolvenzplanverfahrens im Überblick
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Das Insolvenzplanverfahren ist in §§ 217 bis 269 InsO geregelt. Anwendbar ist es für juristische Personen, Personengesellschaften und natürliche selbstständige Personen. Seit Juli 2014 gilt es auch für Verbraucherinsolvenzen (Wegfall des § 312 InsO a.F.). Damit gilt der Grundsatz: „Planen darf, wer insolvenzfähig ist“. Primäres Ziel eines Insolvenzplans ist typischerweise die Sanierung (Entschuldung) des Unternehmens bzw. der Einzelperson. In der Praxis finden sich aber auch Liquidationspläne, Übertragungspläne oder Mischpläne.
FA-InsR/Gietl Kap. 13 Rn. 11 ff.; Hess/Hess InsO § 217 Rn. 41; vgl. auch BGH v. 13.10.2011 – IX ZB 37/08 = NZI 2012, 139, 140. Antragsberechtigt sind Schuldner und Insolvenzverwalter (§ 218 Abs. 1 S. 1 InsO).447
Die Durchführung des Planverfahrens verläuft in mehreren Etappen. Die typischen Stationen eines „normalen“ Insolvenzverfahrens finden sich auch hier, da der Insolvenzplan lediglich „eine andere Verwertungsart“ (statt Liquidation, Ausproduktion, übertragende Sanierung) ist. Das Wort „Plan“ impliziert aber bereits, dass man seine Insolvenz „planen“ sollte. Daher startet ein krisengeschütteltes Unternehmen typischerweise nicht sogleich mit dem Eröffnungsantrag (§ 13 InsO), sondern überlegt zunächst in einer Vorbereitungsphase, welche Reorganisationsmaßnahmen erforderlich sind, um das Unternehmen wieder marktfähig zu machen. Hierzu holt man sich Sanierungsberater ins Haus. Zwingend erforderlich ist eine umfassende betriebswirtschaftliche Analyse, um Marktverhältnisse, Fixkosten (insbesondere Personalkosten), Kapitalausstattung, Innovationsfähigkeit etc. zu prüfen.
Vgl. auch Bork Insolvenzrecht Rn. 415 ff. Auf dieser Basis wird ein Plan erstellt, der eine Entschuldung des Unternehmens und am besten auch eine Neuausrichtung zum Inhalt hat.448
Damit kann das Unternehmen sogleich mit dem Eröffnungsantrag (§ 13 InsO) einen fertigen Insolvenzplan vorlegen, der statt einer Liquidation des Unternehmens Sanierungsvorschläge enthält. Typischerweise wird zeitgleich mit dem Eröffnungsantrag ein Antrag auf Eigenverwaltung gestellt (§ 270 Abs. 2 Nr. 1 InsO). Nicht selten werden Eröffnungsantrag und Eigenverwaltungsantrag mit weiteren Anträgen kombiniert (z.B. Antrag auf Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses etc.). Damit hat das Gericht zahlreiche Anträge auf dem Tisch liegen, mit denen es sich befassen muss.
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Mit dem Vorliegen des Eröffnungsantrags beginnt das (altbekannte) Eröffnungsverfahren, das typischerweise drei Monate dauert. Wenn das Gericht den Antrag auf Eigenverwaltung akzeptiert, wird in der Eröffnungsphase kein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt, sondern das Unternehmen darf sich vorläufig selbst weiterverwalten (§ 270a InsO). Es erhält lediglich einen vorläufigen Sachwalter zur Seite gestellt. Eine Variante im Eröffnungsverfahren ist das Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO). Hier wird dem Unternehmen während des Eröffnungsverfahrens die Ausarbeitung eines Insolvenzplans erlaubt. Nach Ablauf der drei Monate muss das Gericht die (altbekannte) Entscheidung treffen, ob das Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels Masse abgewiesen wird. Kommt es zur Eröffnung, muss das Gericht entweder einen Insolvenzverwalter benennen oder dem Antrag auf Eigenverwaltung (§ 270 InsO) stattgeben. Bei der Eigenverwaltung bleibt der Schuldner (mit seinen Vertretungsorganen) verfügungsbefugt. Es wird lediglich ein Sachwalter bestellt, mit dem der Schuldner kooperativ zusammenarbeiten soll (§§ 270 Abs. 1, 274, 275 InsO). Anzumerken ist, dass eine Verknüpfung des Planverfahrens mit der Eigenverwaltung (§§ 270 ff. InsO) nicht zwingend erfolgen muss. Sie ist aber in der Praxis sinnvoll.
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Zeitgleich muss das Gericht mit den Vorbereitungen für den Insolvenzplan beginnen. Da das normale Insolvenzverfahren weitergeht, kann das Gericht die Aussetzung der Verwertung anordnen (§ 233 InsO). Sodann prüft das Gericht den Insolvenzplan auf grobe Fehler (§ 231 InsO). Falls der Plan der gerichtlichen Vorprüfung standhält, wird er vom Gericht ausgelegt und an ausgewählte Institutionen versandt (§ 232 InsO). Dann wird der Erörterungs- und Abstimmungstermin für die Gläubigerversammlung bestimmt. In diesem Termin wird über den Plan abgestimmt (§ 235 InsO). Die Gläubiger werden dabei in Gruppen eingeteilt. Der Plan muss lediglich von einer Mehrheit der Gruppen gebilligt werden (§ 244 InsO i.V.m. § 245 InsO). Die Eigentümer (Aktionäre, Gesellschafter) bilden eine eigene Gruppe. Innerhalb jeder Gruppe muss eine Kopf- und Summenmehrheit erzielt werden.
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Wurde der Plan mehrheitlich befürwortet, folgt als nächstes die gerichtliche Bestätigung des Plans (§ 248 InsO). Nun können noch einzelne Gläubiger Rechtsbehelfe gegen den richterlichen Bestätigungsbeschluss einlegen (§ 253 InsO). Ist der Plan rechtskräftig, wird das Insolvenzverfahren aufgehoben (§ 258 InsO). Die Gläubiger erhalten dann die im Plan vorgesehene Quote (bzw. Erlöse aus der Betriebsfortführung). Das Unternehmen wird unter dem alten Rechtsträger weitergeführt. Währenddessen werden die Sanierungsmaßnahmen Punkt für Punkt umgesetzt (in der Hoffnung, dass der Turnaround gelingt).
Hinweis
Das Insolvenzplanverfahren gibt die Chance, auch noch in der Insolvenz eine Sanierung anzugehen. Die Grundzüge des Verfahrens sollten daher jedem, der sich mit dem „modernen“ Insolvenzrecht beschäftigt, vertraut sein.