Handels- und Gesellschaftsrecht - Gesellschaft bürgerlichen Rechts - Gesellschafterwechsel und Gesellschafterkündigung

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Handels- und Gesellschaftsrecht

Gesellschaft bürgerlichen Rechts - Gesellschafterwechsel und Gesellschafterkündigung

i) Gesellschafterwechsel und Gesellschafterkündigung

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Fälle des Beitritts neuer oder das Ausscheiden von Altgesellschaftern sind bereits im Rahmen der Haftung betrachtet worden. Ein Gesellschafter scheidet aus der Gesellschaft regelmäßig aus durch Übertragung des Gesellschaftsanteils im Sinne einer Aufgabe der Gesellschafterstellung, durch Ausschließung insbesondere bei Fehlverhalten, im Falle der Gesellschafterkündigung, Gesellschafterinsolvenz, Privatgläubigerkündigung und im Falle seines Todes, schließlich durch jeden die Gesellschafterstellung sonst aufhebenden gegenseitigen Vertrag.

Die Übertragung eines Gesellschaftsanteils unter Lebenden bedarf der Zustimmung der übrigen Gesellschafter, § 711 Abs. 1 BGB.

Für die Regelung der Nachfolge in den Gesellschaftsanteil von Todes wegen hat der Gesetzgeber die einfache Nachfolgeklausel in § 711 Abs. 2 BGB verankert, der Gesellschaftsvertrag kann aber weiterhin eine Fortsetzungsklausel, eine qualifizierte Nachfolgeklausel oder eine Eintrittsklausel vorsehen.

Scheidet ein Gesellschafter ohne Übertragung des Gesellschaftsanteils zu Lebzeiten aus der Gesellschaft aus, so wächst sein Anteil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern an (§ 712 Abs. 1 BGB). Im Gegenzug sind diese verpflichtet, ihn von den gemeinschaftlichen Schulden zu befreien und eine ihm eine dem Wert seines Anteils angemessene Abfindung zu zahlen (§ 728 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Abfindungsanspruch richtet sich ausschließlich gegen die Gesellschaft, für einen davon getrennten Ausgleichsanspruch gegen die in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter ist während des Fortbestands der Gesellschaft kein Raum.BGH Urteil vom 12.7.2026 – II ZR 74/14 = NZG 2016, 1025. Das MoPeG lehnt die Neuregelung in § 728 BGB an die bisherige Gesetzesfassung an, will aber an den Wert des Gesellschaftsanteils selbst statt an den anteiligen Wert am gesamten Gesellschaftsvermögen anknüpfen, obwohl auch für die Anteilswertermittlung im Regelfall zunächst der Wert des Gesellschaftsvermögens als Ganzes zu ermitteln sein wird. Zur Berechnung der Abfindung sieht das Gesetz eine Schätzung des Wertes des Gesellschaftsanteils vor (§ 728 Abs. 2 BGB), in der Praxis üblich ist jedenfalls bei wirtschaftlich wertvollen Gesellschaften die Anwendung einer Methode der Unternehmensbewertung. An schwebenden Geschäften der GbR hat der Ausscheidende dabei über eine Abschichtungsbilanz auf den Tag des Ausscheidens Anteil.BGH Urteil vom 25.9.1980 – II ZR 255/79 = WM 1980, 1362.

Bei Eintritt eines neuen Gesellschafters sieht § 712 Abs. 2 BGB eine im Zweifel quotale Abwachsung der Gesellschaftsanteile bei den Altgesellschaftern vor.

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Die Ausschließung eines Gesellschafters ist der Ausnahmefall. Sie setzt einen wichtigen Grund voraus (§§ 723 Abs. 1 Nr. 5, 727 BGB). Das Recht der GbR kennt keine Ausschließungsklage, sondern den Gesellschafterbeschluss. Dieser Ausschließungsbeschluss bedarf vorbehaltlich abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelungen der Zustimmung aller stimmberechtigten Gesellschafter, § 714 BGB. Die Ausschließung wird mit Bekanntgabe des Ausschließungsbeschlusses wirksam.

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Die Gesellschafterkündigung erfolgt durch einseitige Erklärung gegenüber allen anderen Gesellschaftern und bedarf keiner bestimmten Form. Bei Publikumsgesellschaften ist Erklärungsempfänger die Gesellschaft selbst.BGH Urteil vom 27.6.2000 (Az: XI ZR 174/99), unter Tz. 15 ff. = ZIP 2000, 1430. Der Gesellschaftsvertrag kann Einzelheiten zur Kündigung regeln. Die Kündigung führt zum Ausscheiden des Gesellschafters, § 723 Abs. 1 Nr. 2 BGB.

Eine Kündigung zur Unzeit begründet eine Schadensersatzverpflichtung (§ 725 Abs. 5 S. 2 BGB). Eine Kündigung erfolgt zur Unzeit, wenn der Gesellschafter zu einem Zeitpunkt kündigt, dessen Wahl die gemeinschaftlichen Interessen der Mitgesellschafter verletzt, soweit für die Wahl nicht wiederum ein zu berücksichtigender Umstand in der Person des Gesellschafters maßgeblich war, der einem wichtigen Grund nahekommt.

Die Zulässigkeit einer ordentlichen Kündigung richtet sich danach, auf welche Zeitdauer die Gesellschaft angelegt ist: Bei einer auf unbestimmte Zeit eingegangenen Gesellschaft ist die ordentliche Kündigung vorbehaltlich abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelungen unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ablauf des Kalenderjahres zulässig, (§ 725 Abs. 1 BGB).

Bei der auf bestimmte Dauer eingegangenen Gesellschaft ist die ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Eine Kündigung ist hier nur aus wichtigem Grund als außerordentliche Kündigung zulässig (§ 725 Abs. 2 S. 1 BGB). Ein wichtiger Grund liegt insbesondere dann vor, wenn

ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, oder

die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird

Einem bisher minderjährigen Gesellschafter steht nach § 725 Abs. 4 S. 1 BGB ein Kündigungsrecht zu, wenn er volljährig geworden ist. Seine Kündigung muss binnen drei Monaten ab Kenntnis(möglichkeit) von der Gesellschafterstellung erfolgen, § 725 Abs. 4 S. 2 BGB. Ausgeschlossen ist die Kündigung des bisher Minderjährigen, wenn er bezüglich des Gegenstands der Gesellschaft zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts nach § 112 BGB ermächtigt war oder der Zweck der Gesellschaft ausschließlich der Befriedigung seiner persönlichen Verhältnisse diente.

Besonderheiten gelten bei einer zweigliedrigen GbR, die also nur zwei Gesellschafter hat. Hier liegt ein wichtiger Grund vor, wenn dem kündigenden Gesellschafter nach der Gesamtwürdigung aller Umstände eine Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses insgesamt nicht zumutbar ist. Denn bei einer zweigliedrigen GbR führt die Kündigung zur Auflösung der Gesellschaft. Entsprechend lassen die durch das MoPeG eingeführten Vorschriften dem Kündigenden grundsätzlich die Wahl, ob er bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gemäß § 725 Abs. 2 bis 4 BGB aus der Gesellschaft ausscheiden oder die Gesellschaft nach § 731 BGB auflösen will, wobei beide Möglichkeiten nebeneinander bestehen.MünchKomm BGB-Schäfer § 731 Rz. 1. Indes unterliegt die zur Auflösung führende Kündigung nach § 731 BGB erhöhten Anforderungen an den wichtigen Grund.Begr. RegE, BT-Drs. 19/27635, 179: „derart gewichtig, dass er als letztes Mittel gerade eine Auflösung der Gesellschaft rechtfertigt“.

Das Kündigungsrecht nach § 725 Abs. 2 und 4 BGB kann im Gesellschaftsvertrag oder durch sonstige Vereinbarung weder ausgeschlossen noch beschränkt, wohl aber erleichtert werden (§ 725 Abs. 6 BGB). Eine Beschränkung kann in einer überlangen Befristung von Gesellschaftsverträgen liegen, wenn dadurch die Bindung des Gesellschafters an die Gesellschaft zeitlich unüberschaubar ist und infolgedessen seine persönliche und wirtschaftliche Betätigungsfreiheit unvertretbar eingeengt wird.BGH Urteil vom 22.5.2012 (Az: II ZR 205/10), unter Tz. 16 ff. = DB 2012, 1860. Die Frage, wo die Grenze zulässiger Zeitbestimmung liegt, lässt sich nur im Einzelfall anhand einer Abwägung einerseits der schutzwürdigen Interessen des einzelnen Gesellschafters an einer absehbaren Lösungsmöglichkeit, andererseits der Struktur der Gesellschaft und ihrem Interesse an einem möglichst langfristigen Bestand entscheiden.

 

Ein Sonderfall ist die Kündigung durch einen Privatgläubiger eines Gesellschafters, um dessen Anteil am Auseinandersetzungsvermögen zu sichern (§§ 723 Abs. 1 Nr. 4, 726 BGB). Voraussetzung für die ihrer Gestalt nach außerordentliche Kündigung ist, dass innerhalb der letzten sechs Monate eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des Gesellschafters ohne Erfolg versucht wurde und ein nicht nur vorläufig vollstreckbarer Schuldtitel gegen den Gesellschafter vorliegt. Zur Abwehr der Kündigung können die übrigen Gesellschafter den Privatgläubiger befriedigen mit der Folge eines Regressanspruchs gegen den Gesellschafter (§ 268 BGB).

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Neben der zur Auflösung führenden Kündigung der Gesellschaft gemäß § 731 BGB wird die GbR aufgelöst durch (§ 729 Abs. 1 BGB):

Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen wurde (Nr. 1);

Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft (Nr. 2) oder

Auflösungsbeschluss, welcher nach § 732 BGB eine Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen erfordert (Nr. 4).

Auch die Zweckerreichung bzw. deren Unmöglichkeit führen nach § 729 Abs. 2 BGB zur Auflösung der Gesellschaft. Besonderheiten gelten bei Gesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, vgl. § 729 Abs. 3 BGB.

Weitere Auflösungsgründe sind einer gesellschaftvertraglichen Ausgestaltung zugänglich (§ 729 Abs. 4 BGB).

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