Inhaltsverzeichnis
- IV. Antrag eines Dritten auf bauaufsichtliches Einschreiten
- 1. Antrag des Dritten im einstweiligen Rechtsschutz
- a) Entscheidungskompetenz des Gerichts
- b) Zulässigkeit des Antrags
- aa) Statthaftigkeit
- bb) Antragsbefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO
- cc) Rechtsschutzbedürfnis
- (1) Erfordernis eines Vorantrags an die Behörde
- (2) Keine offensichtliche Erfolglosigkeit der Hauptsache
- (3) Keine Vorwegnahme der Hauptsache
- dd) Beteiligten- und Handlungsfähigkeit
- c) Begründetheit des Antrags
- aa) Richtiger Antragsgegner, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO analog
- bb) Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund
- (1) Glaubhaftmachung
- (2) Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch
- (3) Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund
- 2. Verpflichtungsklage des Dritten auf bauaufsichtliches Einschreiten
IV. Antrag eines Dritten auf bauaufsichtliches Einschreiten
521
Oben
vgl. die Ausführungen unter Rn. 369, 431. wurde klargestellt, dass der Nachbar nur dann im Wege der Anfechtungsklage und des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80a VwGO gegen die Baugenehmigung vorgehen kann, wenn eine Baugenehmigung vorhanden ist und der Nachbar die Verletzung einer Rechtsnorm geltend macht, die vom Prüfungsprogramm der Bauaufsichtsbehörde nach Art. 59 f. BayBO erfasst ist (Reichweite der Feststellungswirkung der Baugenehmigung). In den anderen Fällen (keine Baugenehmigung, Geltendmachung der Verletzung einer Rechtsnorm außerhalb des Prüfungsprogramms nach Art. 59 f. BayBO) ist zunächst Art. 55 Abs. 2 BayBO zu beachten, wonach die Beschränkung des Prüfungsprogramms sowie die Verfahrensfreiheit von Bauvorhaben und das Genehmigungsfreistellungsverfahren die Möglichkeit des Erlasses von bauaufsichtlichen Maßnahmen unberührt lässt.Wenn der Dritte in diesen Fällen das Bauvorhaben verhindern möchte, muss er sich an die Bauaufsichtsbehörde wenden, um diese zum Erlass von bauaufsichtlichen Maßnahmen zu bewegen. Dabei kann er dies zunächst formlos bei der Behörde anregen; regelmäßig wird er aber an der Erhebung von Rechtsbehelfen interessiert sein. Da es sich bei bauaufsichtlichen Maßnahmen um Verwaltungsakte i.S.d. Art. 35 S. 1 BayVwVfG handelt, könnte er eine Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO erheben. Dies gilt jedenfalls in den Fällen, in denen die Behörde über das Gesuch auf bauaufsichtliches Einschreiten entschieden hat (Konstellation der Versagungsgegenklage, § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO). Entscheidet die Behörde hingegen nicht über den Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten, ist eine Verpflichtungsklage in Gestalt der Untätigkeitsklage unter den in § 75 VwGO geregelten Voraussetzungen denkbar.
Klassisch in den Klausuren ist aber das Begehren nach einstweiligem Rechtsschutz, weil eine Verpflichtungsklage erheblichen Zeitverlust mit sich bringen würde.
Hinweis
In einer anwaltlichen Beratungsklausur oder in einem anwaltlichen Schriftsatz im zweiten Staatsexamen müssen Sie immer den Weg des einstweiligen Rechtsschutzes wählen, damit durch den Zeitverlust keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden.
1. Antrag des Dritten im einstweiligen Rechtsschutz
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Prüfungsschema
Wie prüft man: Antrag des Dritten auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO
A. | Entscheidungskompetenz des Gerichts |
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| I. | Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs entsprechend § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO |
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| II. | Örtliche und sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts nach §§ 123 Abs. 2 S. 1, 45, 52 Nr. 1 VwGO i.V.m. Art. 1 Abs. 2 AGVwGO |
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B. | Zulässigkeit des Antrags |
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| I. | Statthaftigkeit |
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| II. | Antragsbefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO |
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| III. | Rechtsschutzbedürfnis |
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| 1. | Erfordernis eines Vorantrags an die Behörde |
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| 2. | Keine offensichtliche Erfolglosigkeit der Hauptsache |
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| 3. | Keine Vorwegnahme der Hauptsache |
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| IV. | Beteiligten- und Handlungsfähigkeit und sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen |
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C. | Begründetheit des Antrags |
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| I. | Richtiger Antragsgegner, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO analog |
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| II. | Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund |
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| Ermessensreduktion auf Null, vgl. | Rn. 536 |
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| Genehmigungsfreistellungsverfahren nach Art. 58 BayBO, vgl. | Rn. 537 |
Der Antrag des Dritten auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO hat Aussicht auf Erfolg, wenn das angerufene Gericht entscheidungskompetent ist und der Antrag zulässig und begründet ist.
a) Entscheidungskompetenz des Gerichts
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Zur Geltung der §§ 17, 17a GVG auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vgl. Rn. 448.Der Verwaltungsrechtsweg muss entsprechend § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet sein. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ergibt sich aus §§ 123 Abs. 2 S. 1, 45, 52 Nr. 1 VwGO i.V.m. Art. 1 Abs. 2 AGVwGO.
b) Zulässigkeit des Antrags
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Der Antrag ist zulässig, wenn alle erforderlichen Sachentscheidungsvoraussetzungen gegeben sind.
aa) Statthaftigkeit
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Der statthafte Antrag ergibt sich nach §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO aus dem Begehren des Antragstellers. Nach § 123 Abs. 5 VwGO sind §§ 80, 80a VwGO vorrangig. Hier begehrt der Dritte den Erlass von bauaufsichtlichen Maßnahmen durch die Bauaufsichtsbehörde; in der Hauptsache wird also nicht um die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage gestritten. Damit sind die §§ 80, 80a VwGO nicht einschlägig, sondern § 123 VwGO.
§ 123 Abs. 1 VwGO unterscheidet zwischen der Sicherungsanordnung in Satz 1Diese dient der Erhaltung des status quo im Sinne der Wahrung der Rechtspositionen. und der Regelungsanordnung in Satz 2.Diese dient der Erlangung einer bisher noch nicht vorhandenen Rechtsstellung im Sinne der Erweiterung der Rechtspositionen. Mit dem Begehren des Erlasses bauaufsichtlicher Maßnahmen strebt der Antragsteller eine Erweiterung seiner Rechtsposition an; einschlägig ist deshalb eine Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO.VG München NVwZ 1997, 928.
Expertentipp
Oftmals wird in den Klausuren nur pauschal der Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt und der Antragsgegner beruft sich darauf, dass dieser Antrag nicht hinreichend konkret sei. Zwar erlässt das Gericht in seinem Beschluss immer eine konkrete Sicherungsmaßnahme, allerdings reicht eine pauschale Beantragung durch den Antragsteller aus, da das Gericht nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 ZPO einen Ermessensspielraum hinsichtlich der konkreten Anordnung hat.
bb) Antragsbefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO
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Analog § 42 Abs. 2 VwGO muss der Antragsteller antragsbefugt sein. Dazu muss er das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrunds geltend machen, welche jeweils entsprechend der Möglichkeitstheorie möglich sein müssen.
Ein möglicher Anordnungsanspruch stellt der eventuelle Anspruch auf Erlass bauaufsichtlicher Maßnahmen nach Art. 75 f. BayBO dar, sofern der Antragsteller die mögliche Verletzung einer drittschützenden Norm durch das Vorhaben, gegen das er sich wendet, geltend machen kann.
Expertentipp
Hier gehen Sie entsprechend den obigen Grundsätzen bei der Drittanfechtungsklage vor und stellen eine möglicherweise verletzte drittschützende Norm dar!
Ein Anordnungsgrund ist möglich, wenn der Antragsteller eine gewisse Dringlichkeit geltend macht; dabei ist es regelmäßig ausreichend, dass er vorträgt, der Baubeginn stehe unmittelbar bevor.
Zu beachten gilt es, dass es im Rahmen der Zulässigkeit des Antrags genügt, Anordnungsanspruch und -grund geltend zu machen. Ob Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund tatsächlich bestehen, d.h. glaubhaft gemacht sind, ist hingegen eine Frage der Begründetheit.
cc) Rechtsschutzbedürfnis
(1) Erfordernis eines Vorantrags an die Behörde
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Ein zuvor erfolgter Vorantrag an die Behörde – im Sinne der bereits erwähnten Anregung zum Erlass von bauaufsichtlichen Maßnahmen – ist nach allgemeiner Meinung grundsätzlich erforderlich. Dies ist sachgerecht, da mit dem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO die Behörde zu einer Handlung verpflichtet werden soll; insoweit muss ihr aber zunächst die Möglichkeit gegeben werden, entsprechend zu handeln, bevor sie gerichtlich verpflichtet wird.
W.-R. Schenke in Kopp/Schenke Verwaltungsgerichtsordnung § 123 Rn. 22. Davon wird dann eine Ausnahme gemacht, wenn die Sache sehr eilig ist und die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, dass der Antrag bei der Behörde von dieser noch rechtzeitig positiv erledigt wird;W.-R. Schenke in Kopp/Schenke Verwaltungsgerichtsordnung § 123 Rn. 22. maßgeblich ist insoweit also, wie unmittelbar der Baubeginn bevorsteht.Hinweis
Eine vorherige oder gleichzeitige Klageerhebung ist dagegen nach dem Wortlaut des § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO nicht erforderlich!
(2) Keine offensichtliche Erfolglosigkeit der Hauptsache
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Der Erlass einer einstweiligen Anordnung dient der vorläufigen Regelung bis zum Erlass einer Entscheidung in der Hauptsache, ist insoweit also auch in gewisser Weise von der Hauptsache abhängig. Soweit diese offensichtlich erfolglos ist, macht auch der Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Sinn. Insbesondere darf diese nicht bereits verfristet sein, weshalb an dieser Stelle inzident die Wahrung bzw. noch mögliche Wahrung der Klagefrist zu prüfen ist.
(3) Keine Vorwegnahme der Hauptsache
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Die einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO soll nur bis zum Erlass einer Entscheidung in der Hauptsache Wirkung entfalten. Insofern darf der Antragsteller durch sie nicht so gestellt werden, wie er durch die Hauptsacheklage gestellt werden möchte; zu seinen Gunsten dürfen nur vorläufige Sicherungsmaßnahmen erlassen werden (grundsätzliches Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache).
W.-R. Schenke in Kopp/Schenke Verwaltungsgerichtsordnung § 123 Rn. 13.Expertentipp
Insoweit vergleichen Sie die Rechtsschutzziele von einstweiliger Anordnung und Hauptsacheklage; diese dürfen nicht vollständig identisch sein!
Ausnahmsweise kann eine Vorwegnahme der Hauptsache aber zulässig sein, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht und dem Antragsteller ansonsten irreversible, also im Rahmen des Hauptsacheverfahrens nicht mehr rückgängig machbare, Nachteile drohen. Bei diesen Grundsätzen handelt es sich aber um eine Frage der Begründetheit, so dass erst auf dieser Ebene geklärt werden kann, ob eine beantragte Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise zulässig ist.
dd) Beteiligten- und Handlungsfähigkeit
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Beteiligten- und Handlungsfähigkeit beurteilen sich nach §§ 61 f. VwGO entsprechend.
c) Begründetheit des Antrags
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Der Antrag ist begründet, wenn er gegen den gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO analog richtigen Antragsgegner gerichtet ist und der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft machen kann.
aa) Richtiger Antragsgegner, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO analog
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Richtiger Antragsgegner analog § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist der Freistaat Bayern (Landratsamt als zuständige Bauaufsichtsbehörde) oder eine Gemeinde (sofern diese zuständige Bauaufsichtsbehörde ist).
bb) Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund
533
Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
(1) Glaubhaftmachung
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Bei der Glaubhaftmachung handelt es sich um ein spezielles Beweisverfahren mit speziellen Beweismitteln nach § 294 ZPO. So ist die Beweisführung auf präsente Beweismittel beschränkt, dafür stellt aber auch die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers selber ein taugliches Beweismittel dar. Im Rahmen der Glaubhaftmachung genügt zudem ein geringerer Überzeugungsmaßstab des Richters; ausreichend ist, dass dieser das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs für überwiegend wahrscheinlich hält.
Expertentipp
Die Erfahrung zeigt, dass diese allgemeinen Ausführungen im ersten Staatsexamen sehr positiv beim Korrektor ankommen; im zweiten Staatsexamen dürfen Sie dagegen darüber kein Wort verlieren, weil es als bekannt vorausgesetzt wird!
(2) Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch
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Die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs setzt zunächst voraus, dass auf der Grundlage präsenter Beweismittel i.S.d. § 294 ZPO das Bestehen eines Anspruchs auf bauaufsichtliches Einschreiten geltend gemacht werden kann.
Dazu muss zunächst der Tatbestand der jeweiligen Befugnisnorm nach Art. 75 f. BayBO erfüllt sein. Sofern dies der Fall ist, steht der Erlass einer bauaufsichtlichen Maßnahme als Rechtsfolge aber grundsätzlich im Ermessen der Bauaufsichtsbehörde.
Hinweis
Der entscheidungsrelevante Zeitpunkt ist hier derjenige der letzten mündlichen Verhandlung. Eine Behördenentscheidung, auf die man abstellen könnte, ist regelmäßig auch (noch) gar nicht vorhanden. Dasselbe gilt bei der nachfolgenden Verpflichtungsklage des Dritten (dazu sogleich mehr).
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Ermessensreduktion auf Null. Ein Anspruch auf Einschreiten besteht somit nur im Falle einer Ermessensreduktion auf Null. Eine solche kann aber nur dann angenommen werden, wenn
• | eine drittschützende Norm durch das Vorhaben verletzt ist und |
• | eine besonders hohe Intensität der Störung vorliegt oder eine Gefährdung eines wesentlichen Rechtsguts (wie Leib und Leben) droht. BayVGH NVwZ 1997, 923; R.P. Schenke in Kopp/Schenke Verwaltungsgerichtsordnung § 42 Rn. 102a (versteckt in der Fn. 243). |
Hinweis
Insoweit bestehen sehr hohe Anforderungen, die mit einem Verweis auf die gesetzgeberische Entscheidung hinsichtlich der Beschränkung des Prüfungsprogrammes nach Art. 59 f. BayBO gerechtfertigt werden. Ein Anspruch auf Einschreiten ist deshalb insoweit die absolute Ausnahme.
vgl. Becker/Heckmann/Kempen/Manssen Öffentliches Recht in Bayern Rn. 588, 607ff.537
Genehmigungsfreistellungsverfahren nach Art. 58 BayBO. An diesen Grundsätzen hält die Rechtsprechung dagegen in den Fällen des Genehmigungsfreistellungsverfahrens nach Art. 58 BayBO nicht fest.
VG München NVwZ 1997, 928; BayVGH NVwZ 1997, 923. Insoweit wendet sie die Grundsätze des §§ 80, 80a VwGO an; das bedeutet, dass die Verletzung des Antragstellers in einer drittschützenden Norm (entsprechend den Punkten Rechtmäßigkeit und Rechtsverletzung) bereits ausreicht, um einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten zu begründen. Dies gilt aber nur im Rahmen des Genehmigungsfreistellungsverfahrens nach Art. 58 BayBO; die Rechtsprechung argumentiert überzeugend, dass mit der Einführung des Genehmigungsfreistellungsverfahrens der Nachbar nicht schlechter gestellt werden sollte als vor dessen Einführung; denn ohne das Genehmigungsfreistellungsverfahren hätte eine Baugenehmigung zu ergehen, die der Nachbar nach §§ 80, 80a VwGO angreifen könnte, wobei in diesem Rahmen jede tatsächliche Verletzung in einer drittschützenden Norm ausreichen würde.R.P. Schenke in Kopp/Schenke Verwaltungsgerichtsordnung § 42 Rn. 102a.(3) Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund
538
Letztlich muss ein Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit glaubhaft gemacht werden. Zudem darf die gegebene Eilbedürftigkeit nicht selbst vom Antragsteller verschuldet sein, da ansonsten ein widersprüchliches Verhalten vorliegen würde.
Hinweis
An dieser Stelle könnte nun entschieden werden, ob eine grundsätzlich unzulässige oder ausnahmsweise zulässige Vorwegnahme der Hauptsache vorliegt. Zudem soll noch darauf hingewiesen werden, dass dem Gericht hinsichtlich des Erlasses („Ob“) der einstweiligen Anordnung kein Ermessen zusteht, sofern die dargestellten Voraussetzungen gegeben sind. Hinsichtlich deren konkreten Inhalts („Wie“) steht dem Gericht dagegen nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 ZPO volles Ermessen zu; es kann beispielsweise auch eine andere geeignete Regelung als die beantragte erlassen.
dazu W.-R. Schenke in Kopp/Schenke Verwaltungsgerichtsordnung § 123 Rn. 28.2. Verpflichtungsklage des Dritten auf bauaufsichtliches Einschreiten
539
Neben dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat der Dritte auch eine Verpflichtungsklage auf bauaufsichtliches Einschreiten einzureichen, da die einstweilige Anordnung ja nur eine vorläufige Regelung bis zum Ergehen der Entscheidung in der Hauptsache darstellt.
Prüfungsschema
Wie prüft man: Verpflichtungsklage des Dritten auf bauaufsichtliches Einschreiten
A. | Entscheidungskompetenz des Gerichts | ||
| I. | Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO | |
| II. | Sachliche und örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts nach §§ 45, 52 Nr. 1 VwGO i.V.m. Art. 1 Abs. 2 AGVwGO | |
B. | Zulässigkeit der Klage | ||
| I. | Statthaftigkeit nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO, weil bauaufsichtliche Maßnahme und damit Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 S. 1 BayVwVfG begehrt wird | |
| II. | Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO, möglicher Anspruch auf Erlass bauaufsichtlicher Maßnahmen nach den Art. 75 f. BayBO | |
| III. | Vorverfahren entbehrlich nach § 68 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VwGO i.V.m. Art. 12 Abs. 1, 2 AGVwGO | |
| IV. | Klagefrist, § 74 Abs. 2, Abs. 1 S. 2 VwGO | |
| V. | Partei- und Prozessfähigkeit nach §§ 61 f. VwGO | |
| VI. | Rechtsschutzbedürfnis (vorherige Anregung bei der Behörde) | |
| VII. | Sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen | |
C. | Begründetheit der Klage | ||
| I. | Passivlegitimation, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO | |
| II. | Bestehen eines Anspruchs auf Erlass bauaufsichtlicher Maßnahmen | |
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| 1. | Tatbestand der jeweiligen Befugnisnorm |
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| 2. | Rechtsfolge grundsätzlich Ermessen, außer Ermessensreduktion auf Null nach obigen Grundsätzen (im Bereich des Genehmigungsfreistellungsverfahrens nach Art. 58 BayBO genügt dagegen wiederum jede Verletzung einer drittschützenden Norm) |