Arbeitsrecht

Kollektivarbeitsrecht - Das Koalitionsrecht

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A. Das Koalitionsrecht

I. Begriff der Koalition

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Der Begriff der Koalition spielt im kollektiven Arbeitsrecht eine große Rolle; im Tarifrecht sind Koalitionen (Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften) regelmäßig die Hauptakteure des Geschehens. Die Kenntnis des Koalitionsbegriffs gehört deswegen auch unbedingt zum Wissensrepertoire des Prüflings im Arbeitsrecht.

Definition

Definition: Koalitionen

Koalitionen sind in der Regel privatrechtliche Zusammenschlüsse von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen.

Michalski ArbR Rn. 759.

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In dieser Definition findet sich teilweise der Wortlaut des Art. 9 Abs. 3 GG wieder, der für dieses Kapitel eine wichtige Grundlage darstellt. Der Begriff „Koalition“ wird im Grundgesetz nicht verwendet, Art. 9 Abs. 3 GG stellt auf „Vereinigungen“ ab, die o.g. Ziele verfolgen. Der verfassungsrechtliche Schutz der Koalitionsfreiheit umfasst sowohl die Bildung als auch den Bestand und die Betätigung der Koalition und ihrer Mitglieder. Art. 9 Abs. 3 GG garantiert damit ein individuelles und ein kollektives Grundrecht.

Hinweis

Träger der Koalitionsfreiheit kann „jedermann“ sein. Die Koalitionsfreiheit steht daher nicht wie etwa die Vereinigungsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 1 nur den Deutschen zu, sondern ist als Menschenrecht zu verstehen.

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Der Schutz der Koalitionsfreiheit ist sehr weit, es sind alle „koalitionsspezifischen“ Verhaltensweisen umfasst. Auf Art. 9 Abs. 3 GG kann sich daher berufen, wer eine Vereinigung i.S.d. Norm gründet, ihr beitritt, für sie wirbt usw.

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Art. 9 Abs. 3 GG schützt darüber hinaus auch die negative Koalitionsfreiheit, also das Recht, der Koalition fernzubleiben.

BVerfGE 73, 261-280. Niemand kann durch staatlichen oder auch sozialen Druck gezwungen werden, einer Koalition beizutreten. Verboten ist demnach auch, dass auf Nichtmitglieder Druck ausgeübt wird, um sie etwa zum Eintreten in die Gewerkschaft zu bewegen.

II. Merkmale der Koalition

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Eine Koalition muss eine Vielzahl von Eigenschaften erfüllen, die bis auf die Zweckbestimmung des Art. 9 Abs. 3 GG („Wahrung und Förderung der Arbeitsbedingungen“) nicht im Gesetz genannt sind. Die weiteren Merkmale der Koalition haben sich aus der geschichtlichen Entwicklung und dem Sinn und Zweck des Instituts der Koalition ergeben.

1. Zweckbestimmung

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Zunächst gilt das in Art. 9 Abs. 3 GG verankerte Zweckerfordernis. Die Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen müssen gewichtige Zwecke der Vereinigung sein. Von diesem weit auszulegenden Begriff der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ist alles erfasst, was Gegenstand eines Tarif- oder Arbeitsvertrags sein kann oder einen sonstigen Bezug zu den arbeitsrechtlichen und sozialpolitischen Interessen von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern hat.

Michalski ArbR Rn. 775.

2. Freiwilligkeit und Dauerhaftigkeit

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Die Koalition muss sich freiwillig zusammengeschlossen haben und auf eine längere Zeit des Bestehens ausgelegt sein.

Michalski ArbR Rn. 777. Das Merkmal der Freiwilligkeit fehlt etwa dann, wenn ein Mitgliedschaftszwang besteht, wie dies z.B. bei der IHK der Fall ist. Das Erfordernis der Dauerhaftigkeit soll sicherstellen, dass nachhaltige Ziele verfolgt werden können.

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Wie ein Verein muss die arbeitsrechtliche Koalition über eine körperschaftliche Organisation verfügen, die vom Wechsel der Mitglieder unabhängig ist. Es muss demnach die Bildung eines einheitlichen Willens möglich sein, zudem muss die Handlungsfähigkeit nach außen gesichert sein.

Michalski ArbR Rn. 778.

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Eine Rechtsfähigkeit ist verzichtbar, nicht zuletzt weil Gewerkschaften nach dem ArbGG passiv und aktiv parteifähig sind, § 10 ArbGG.

3. Gegnerunabhängigkeit

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Eine weitere Voraussetzung ist die Gegnerunabhängigkeit. Gemeint ist hier die tatsächliche und rechtliche Unabhängigkeit von dem sozialen Gegenspieler und von Dritten (Staat, Parteien, Kirche).

BVerfGE 4, 96-110; BAGE 88, 38-53. Die Koalition muss die von Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tätigkeit alleinverantwortlich und ohne Einfluss von der „falschen“ Seite wahrnehmen können.

4. Sonstige Voraussetzungen

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Eine weitere Voraussetzung, die allerdings nicht ganz unumstritten ist, bezieht sich auf die Überbetrieblichkeit der Koalition. Hierzu wird vertreten, dass die Mitglieder der Koalition aus mehr als einem Betrieb stammen müssten, da ansonsten der Bestand der Koalition von der Personalpolitik des Arbeitgebers abhängig wäre.

Michalski ArbR Rn. 782. Das BAG scheint dazu zu tendieren, die Überbetrieblichkeit zu verlangen.BAGE 113, 82-101.

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Nicht gegeben sein muss – im Gegensatz zu der Bestimmung der Tariffähigkeit – eine gewisse soziale Mächtigkeit, also die Durchsetzungsfähigkeit einer Vereinigung.

BAGE 88, 38-53. Dies würde verhindern, dass eine gerade erst gebildete Vereinigung unter dem Schutz des Art. 9 Abs. 3 GG stünde, obwohl sie faktisch noch gar nicht die Möglichkeit hatte, genügend Mitglieder und damit eine soziale Macht anzuwerben. Das BAG verlangt insofern aber, dass die sich bildende Koalition anstrebt, eine Durchsetzungsfähigkeit zu erlangen.BAGE 88, 38-53.

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Die Bereitschaft, Tarifverträge abzuschließen, ist nicht Voraussetzung zur Anerkennung einer Vereinigung als Koalition i.S.d. Art. 9 Abs. 3 GG. Dies wird nur dann verlangt, wenn die Koalition Tariffähigkeit erlangen möchte.

BAG NZA 1990, 623.

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Auf gleicher Ebene ist die Frage nach der Arbeitskampfbereitschaft anzusiedeln. Sie gehört nicht zu den notwendigen Merkmalen des Art. 9 Abs. 3 GG, aber zählt durchaus als notwendiges Merkmal für die Tariffähigkeit einer Koalition.

BVerfGE 18, 18.

 

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