Arbeitsrecht

Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes

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aa) Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes

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Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des KSchG regeln § 1 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 KSchG:

Erfüllung der Wartezeit von sechs Monaten, § 1 Abs. 1 KSchG und

mehr als zehn im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer, § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG.

 

(1) Erfüllung der Wartezeit

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Ob ein Arbeitsverhältnis bereits länger als sechs Monate andauert, bestimmt sich nach dem rechtlichen Bestand des Verhältnisses.

BAGE 123, 185-190. Maßgeblich ist daher, für welchen Zeitpunkt die Parteien den Beginn vereinbart haben. Ob der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat oder etwa längere Zeit krank war, ist unerheblich.

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Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfüllung der Wartezeit ist der Zugang des Kündigungsschreibens. Wird dieses vor Vollendung des sechsten Monats der Betriebszugehörigkeit abgesandt, kommt aber erst am ersten Tag des siebten Monats an, kann sich der Arbeitnehmer auf den Schutz des KSchG berufen.

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Die gesetzliche Wartezeit von sechs Monaten kann durch Vereinbarung zwischen den Parteien verkürzt werden.

BAG RzK I 8l Nr 22. Ihre Verlängerung ist nicht zulässig, da es sich bei den Bestimmungen des KSchG um einseitig zwingendes Recht handelt.BAGE 55, 298-304.

(2) Keine Beschäftigung im Kleinbetrieb

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§ 23 Abs. 1 KSchG schreibt einen allgemeinen Kündigungsschutz nur für die Betriebe vor, die nicht als Kleinbetrieb anzusehen sind („Kleinbetriebsklausel“

BAGE 64, 315-327.).

Nicht mehr als klein ist ein Betrieb zu bezeichnen, der in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG. Bei der Prüfung dieser Voraussetzung ist zunächst die Anzahl der Beschäftigten festzustellen. Als Arbeitnehmer i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG gelten

„normale“ Arbeitnehmer,

Betriebsleiter, Geschäftsführer, ähnliche leitende Angestellte, § 14 Abs. 2 KSchG,

Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis ruht (z.B. wegen Wehrdienst, Elternzeit), da diese „in der Regel“, vgl. § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG, in dem Betrieb beschäftigt sind.

Auszubildende und ähnliche Personen („ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten“, vgl. § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG) sind nicht mit zu zählen.

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Die aus den aufgezählten Gruppen ermittelten Beschäftigten sind nicht generell pro Kopf zu zählen, sondern werden unter Umständen mit einer geringeren Messzahl als 1,0 berücksichtigt, § 23 Abs. 1 S. 4 KSchG. Teilzeitbeschäftigte zählen demnach je nach Stundenzahl als 0,5 Arbeitnehmer (bei weniger als 20 Stunden pro Woche) oder 0,75 (zwischen 20 und 30 Stunden pro Woche) Arbeitnehmer.

Beispiel

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Bei Arbeitgeber A, der seit 2006 im Geschäft ist, arbeiten 5 Vollzeitkräfte, 7 Arbeitnehmer mit einem 25-Stunden-Vertrag und 3 geringfügig Beschäftigte mit einer Arbeitszeit von 10 Stunden die Woche. Nach § 23 KSchG beschäftigt A demnach 11,75 Arbeitnehmer (5 × 1,0 + 7 × 0,75 + 3 × 0,5).

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Beträgt die ermittelte Summe weniger als 10,25 („zehn oder weniger“) Arbeitnehmer, bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht der sozialen Rechtfertigung nach § 1 KSchG, aufgrund von Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG steht dem Arbeitnehmer aber u.U. ein Schutz über § 242 BGB zu.

BVerfGE 97, 169.

Hinweis

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Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG gehört zu den wenigen Vorschriften des Arbeitsrechts, deren Inhalt kaum anhand des Wortlauts zu verstehen ist. Wer die Norm in der Klausur zum ersten Mal liest, wird nur schwer nachvollziehen können, welche Daten er bei seiner Berechnung zugrunde legen muss und welche nicht. Daher sollte man hier die nachfolgenden Erläuterungen nacharbeiten und im Ernstfall parat haben.

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Bis zum Jahr 2004 galt der Kündigungsschutz auch für Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als fünf Arbeitnehmern. § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG enthält für so genannte „Altarbeitnehmer“ eine gesonderte Regelung. Arbeitnehmer, die bereits vor dem 1.1.2004 dem Betrieb angehörten, genießen trotz der Lockerung des Kündigungsschutzes noch ein Vertrauen in das alte Kündigungsschutzrecht. Daher kann es vorkommen, dass ein Betrieb zwar weniger als 10,25 Arbeitnehmer beschäftigt, einige der Arbeitnehmer sich aber trotzdem auf den allgemeinen Kündigungsschutz berufen dürfen. Dies ist konkret dann der Fall, wenn neben dem zu kündigenden Altarbeitnehmer rein rechnerisch noch so viele Altarbeitnehmer im Betrieb sind, dass sie zusammen eine Messzahl von 5,25 Arbeitnehmern gem. § 23 Abs. 1 S. 4 KSchG erreichen.

Beispiel

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Bei Arbeitgeber A arbeiten insgesamt 9 Personen in einem Vollzeitarbeitsverhältnis. 3 Arbeitnehmer wurden am 2.1.2004 eingestellt. Diese genießen keinen Kündigungsschutz, da der Betrieb nicht mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt. Die 6 anderen Arbeitnehmer waren bereits vor dem o.g. Stichtag am 1.1.2004 bei A unter Vertrag. Diese können sich auf den Kündigungsschutz des § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG berufen.

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