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Verwaltungsprozessrecht - Klagefrist im Verwaltungsprozess

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Verwaltungsprozessrecht

Klagefrist im Verwaltungsprozess

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XI. Klagefrist

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Sofern keine abweichende bundesgesetzliche Spezialvorschrift einschlägig ist (z.B. § 74 Abs. 1 AsylVfG), muss die Anfechtungsklage gem. § 74 Abs. 1 VwGO innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden (Satz 1; Rn. 338) bzw. – wenn nach § 68 Abs. 1 S. 2 VwGO ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich ist (Rn. 306 ff.) – innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts (Satz 2).

Zum gesamten Folgenden siehe BVerwG NJW 2012, 2901; Ehlers in: ders./Schoch, Rechtsschutz im Öffentlichen Recht § 22 Rn. 63 ff., § 23 Rn. 36, § 24 Rn. 34, § 25 Rn. 58, § 26 Rn. 64; Gersdorf Verwaltungsprozessrecht Rn. 42 f., 73, 91; Hufen Verwaltungsprozessrecht § 14 Rn. 114, § 15 Rn. 29, § 16 Rn. 14, § 17 Rn. 10, § 18 Rn. 19, 34, 56, § 20 Rn. 11, § 21 Rn. 23; Kopp/Schenke VwGO § 74 Rn. 1, 6 f., 10 ff., 17; Mann/Wahrendorf Verwaltungsprozessrecht § 17 Rn. 15 f., § 18 Rn. 7, § 20 Rn. 18; Schenke Verwaltungsprozessrecht Rn. 700 ff.; Schmitt Glaeser/Horn Verwaltungsprozessrecht Rn. 235 ff., 298, 347, 363, 390; Würtenberger/Heckmann Verwaltungsprozessrecht Rn. 302a, 306 ff., 335, 392, 418. Entsprechendes gilt gem. § 74 Abs. 2 VwGO ebenfalls für die Verpflichtungsklage, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist (Versagungsgegenklage; Rn. 155). Darüber hinaus ist die Klagefrist des § 74 VwGO, die der Herbeiführung und Sicherung der Bestandskraft von Verwaltungsakten dient, auch in Bezug auf solche Fortsetzungsfeststellungsklagen Zulässigkeitsvoraussetzung, bei denen die Erledigung nach Klageerhebung eingetreten ist (Rn. 183). Ob auch die Nichtigkeitsfeststellungsklage fristgebunden ist, ist str.Siehe die Nachweise bei Kopp/Schenke VwGO § 74 Rn. 2.

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Grundsätzlich keine Klagefrist (Ausnahme: Beamtenrecht) gilt hingegen für die Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage (vgl. § 75 VwGO

„Die Einhaltung der Frist des § 75 S. 2 VwGO ist eine besondere Prozessvoraussetzung […], nach deren Ablauf eine daraufhin erhobene Klage unabhängig davon zulässig ist, ob sich die Verzögerung der Verwaltungsentscheidung als unzureichend begründet erweist oder nicht“, BVerwG BeckRS 2018, 19734.; Rn. 158), allgemeine Leistungsklage, die allgemeine Feststellungsklage sowie für diejenigen Fortsetzungsfeststellungsklagen, bei denen die Erledigung vor Klageerhebung und vor Eintritt der formellen Bestandskraft eingetreten ist (str.; siehe Übungsfall Nr. 2). In diesen Fällen kann sich aus dem Zeitelement allerdings u.U. die Verwirkung des Klagerechts ergeben (vgl. Rn. 348 f.).

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Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Zustellung des Widerspruchsbescheids (§ 73 Abs. 3 S. 2 VwGO i.V.m. dem VwZG des Bundes; Rn. 338) und wurde dieser Mangel auch nicht nachträglich gem. § 8 VwZG geheilt, so beginnt die Klagefrist des § 74 Abs. 1 S. 1 VwGO nicht zu laufen. Entsprechendes gilt, wenn es im Fall des § 74 Abs. 1 S. 2 VwGO an einer wirksamen Bekanntgabe des (Ausgangs-)Verwaltungsakts (z.B. gegenüber einem hierdurch belasteten Dritten) fehlt. Zeitliche Begrenzungen des Klagerechts können sich dann aber jeweils unter dem Aspekt der Verwirkung ergeben (vgl. Rn. 348 f.). Ist im ordnungsgemäß zugestellten Widerspruchsbescheid bzw. im wirksam bekannt gegebenen (Ausgangs-)Verwaltungsakt die Rechtsbehelfsbelehrung nach § 73 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 VwGO unterblieben oder unrichtig erteilt worden (Rn. 350 ff.), so ist die Klageerhebung grundsätzlich nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, § 58 Abs. 2 VwGO. Die Berechnung der Klagefrist richtet sich gem. § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO nach den §§ 187 ff. BGB (vgl. Rn. 353).

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Beispiel

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Wann endet unter Zugrundelegung des nachstehenden Kalenderauszugs die Klagefrist, wenn die Widerspruchsbehörde den beim bevollmächtigten Rechtsanwalt (schriftliche Vollmacht liegt vor) tatsächlich am 1.10. zugegangenen Widerspruchbescheid am 30.9. als Übergabe-Einschreiben zur Post aufgegeben hat und die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung ordnungsgemäß ist?

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Die Klagefrist beträgt vorliegend gem. § 74 Abs. 1 S. 1 VwGO einen Monat – die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO ist hier in Anbetracht der ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung nicht einschlägig – und begann nach der erstgenannten Vorschrift mit der Zustellung des Widerspruchsbescheids. Diese richtet sich gem. § 73 Abs. 3 S. 2 VwGO nach den Vorschriften des (Bundes-)VwZG und war nach dessen § 7 Abs. 1 S. 2 richtigerweise an den bevollmächtigten Rechtsanwalt zu richten. Gem. § 4 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 VwZG gilt im hiesigen Fall des Übergabe-Einschreibens das Dokument am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt. § 4 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 VwZG, der von diesem Grundsatz eine Ausnahme für den Fall macht, dass das Dokument nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist, ist nicht einschlägig. Dritter Tag nach der hier am 30.9. erfolgten Aufgabe des Widerspruchsschreibens zur Post ist der 3.10. Dass der Widerspruchsbescheid tatsächlich bereits früher, nämlich am 1.10., zugegangen ist, ist im vorliegenden Zusammenhang unbeachtlich. Dies folgt im Umkehrschluss aus § 4 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 VwZG. Auch dass der 3.10. nach Art. 2 Abs. 2 EinigVtr bzw. dem jeweiligen L-FeiertagsG ein gesetzlicher Feiertag ist, hat für die nach § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 ZPO, §§ 187 ff. BGB erfolgende Fristberechnung nach zutreffender Auffassung

Zum Streitstand Engelhardt/App VwVG/VwZG § 4 VwZG Rn. 6; Schmitz JuS 2015, 895 (896). keine Auswirkungen. Denn § 222 Abs. 2 ZPO sieht eine Verschiebung auf den nächsten Werktag zum einen nur bei Fristen, d.h. Zeiträumen, und zum anderen nur in Bezug auf deren Ende vor. Vorliegend steht aber der Zeitpunkt des Fristbeginns in Frage. Vgl. AEAO zu § 108 unter Hinweis auf BFH NJW 2004, 94: „Fristen sind abgegrenzte, bestimmte oder jedenfalls bestimmbare Zeiträume […]. Termine sind bestimmte Zeitpunkte, an denen etwas geschehen soll oder zu denen eine Wirkung eintritt“. Ende der Monatsfrist des § 74 Abs. 1 S. 1 VwGO wäre damit an sich der 3.11., § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 Hs. 1 BGB. Da es sich hierbei jedoch um einen Sonntag handelt, endet die Frist nach § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 2 ZPO mit dem Ablauf des nächsten Werktages, d.h. am Montag, den 4.11., um 24:00 Uhr.

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Gewahrt wird die Klagefrist nur durch eine ordnungsgemäß erhobene Klage, die innerhalb der Frist – also spätestens bis 24:00 Uhr am letzten Tag der Klagefrist – zu einer sachlichen oder personellen Empfangsvorrichtung (z.B. [Nacht-]Briefkasten, Postfach) des Gerichts, d.h. in dessen Verfügungsgewalt, gelangt (vgl. Rn. 344). Dies wird i.d.R. durch den Eingangsstempel des Gerichts bewiesen. Bei einer Übermittlung per Telefax ist der Empfang der gesendeten Signale durch das Telefaxgerät des Gerichts maßgeblich, nicht hingegen der Zeitpunkt des Ausdrucks. Auf die (Möglichkeit der) Kenntniserlangung von Richter, Geschäftsstelle etc. von der Klage kommt es nicht an (vgl. demgegenüber § 130 BGB). Allerdings ist es aufgrund der dann erfolgenden Verweisung unschädlich, wenn die Klage bei einem unzuständigen Gericht oder auf dem falschen Rechtswegs erhoben wird (§ 83 S. 1 bzw. § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 17b Abs. 1 S. 2 GVG) – vorausgesetzt, die Klage ist gerade an dieses Gericht gerichtet (hieran fehlt es jedoch z.B. beim Einwurf der an das VG adressierten Klage in den Briefkasten des Amtsgerichts).

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Hinweis

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Abweichend vom Zivilprozessrecht (§§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO) gehört die Zustellung der Klage (§ 85 VwGO) an den Beklagten im Rahmen der VwGO nicht zur Klageerhebung. Folglich tritt die Rechtshängigkeit der Klage im Verwaltungsprozess bereits mit deren Eingang bei Gericht ein, §§ 81 Abs. 1, 90 Abs. 1 VwGO. Anhängigkeit und Rechtshängigkeit fallen im Verwaltungsprozess folglich zusammen.

Ehlers in: ders./Schoch, Rechtsschutz im Öffentlichen Recht § 21 Rn. 15, 157; Mann/Wahrendorf Verwaltungsprozessrecht § 7 Rn. 88, § 12 Rn. 158; Schenke Verwaltungsprozessrecht Rn. 71, 614; Schmitt Glaeser/Horn Verwaltungsprozessrecht Rn. 116.

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Hat der Kläger die Klagefrist versäumt und auch ein etwaig gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (§ 60 VwGO) keinen Erfolg,

Eigenem Verschulden des Klägers steht dasjenige seines gesetzlichen Vertreters (§ 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 51 Abs. 2 ZPO) bzw. seines Prozessbevollmächtigten (§ 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO) gleich. so hat dies die Unzulässigkeit der Klage und damit letztlich die formelle und materielle Bestandskraft des Verwaltungsakts zur Folge.Zu beiden siehe im Skript „Allgemeines Verwaltungsrecht“, Rn. 296. Eine gerichtliche Überprüfung findet dann nicht statt.

 

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