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Strafrecht Besonderer Teil 3 - III. Qualifikation, § 315d Abs. 2

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Strafrecht Besonderer Teil 3

III. Qualifikation, § 315d Abs. 2

Inhaltsverzeichnis

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§ 315d Abs. 2 ist eine Qualifikation zu Abs. 1 Nr. 2 und 3. Der Täter muss hier durch die Teilnahme am Rennen oder durch das „Rennen gegen sich selbst“ eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder für eine Sache von bedeutendem Wert geschaffen haben. Abs. 2 ist also dem § 315c Abs. 1 nachgebildet. Alle Probleme, die wir dort kennen gelernt haben, können in einer Klausur auch hier – sowie teilweise auch in § 315d Abs. 5 – auftreten. Da wir uns damit bereits beschäftigt haben, dienen die nachfolgenden Ausführungen nur der Wiederholung:

Zunächst müssen Sie prüfen, ob die verursachte Gefahr eine „konkrete“ Gefahr ist, also ein Zustand, bei dem es nur noch vom rettenden Zufall abhängt, ob die Gefahr in einen Schaden umschlägt. Für die Annahme einer konkreten Gefahr im Sinne von § 315d Abs. 2 StGB genügt es in der Regel nicht, dass sich Menschen oder bedeutende Sachwerte in enger räumlicher Nähe zur Gefahrenquelle befunden haben. Umgekehrt wird die Annahme einer Gefahr aber auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Schaden ausgeblieben ist, etwa weil sich der Gefährdete noch in Sicherheit bringen konnte oder eine andere plötzliche Wendung den Unfall noch verhinderte. Erforderlich ist ein Geschehen, das – nicht anders als in den Fällen der § 315b Abs. 1 und § 315c Abs. 1 StGB – auf der Grundlage einer objektiv nachträglichen Prognose als ein sog. Beinaheunfall beschrieben werden kann.BGH NStZ 2023, 108.

Diese Gefahr muss für einen „anderen“ bestanden haben. Hier stellt sich – wie bei § 315c Abs. 1 und i.ü. auch bei den Brandstiftungsdelikten – die Frage, ob anstiftende oder beihelfende Beifahrer, die durch einen Beinahe-Unfall gefährdet wurden, andere sein können. Dies ist streitig, lesen Sie hierzu bitte noch einmal unter den Rn. 32, 62, 206.

Das Auto als Tatmittel ist, auch wenn es nicht im Eigentum des Täters steht, nicht geschützt. Der Eigentumsschutz erfolgt über § 303.

Die Gefahr muss „durch“ die Tathandlung des Grunddelikts entstanden sein. Zu prüfen sind also Kausalität und der gefahrspezifische Zusammenhang.

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Letzterer kann problematisch sein, wenn der Beifahrer sich in Kenntnis des Risikos eines Rennens in das Auto setzt. Ebenso wie bei § 315c Abs. 1 müssen Sie dann eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung ansprechen, die aber meist abzulehnen sein wird, da der Beifahrer in der Regel keine Tatherrschaft hat.

Sofern Sie die eigenverantwortliche Selbstgefährdung ablehnen, müssen Sie nachfolgend in der Rechtswidrigkeit klären, ob nicht eine rechtfertigende Einwilligung des Beifahrers denkbar wäre (lesen Sie auch hierzu erneut Rn. 66). § 315d Abs. 1, 2 schützt zum einen die Sicherheit des Straßenverkehrs und zum anderen die Individualrechtsgüter Leib, Leben, Eigentum. Ebenso wie bei § 315c Abs. 1 kann vertreten werden, dass aufgrund des Universalrechtsguts eine Einwilligung nicht möglich ist. Denkbar wäre aber auch, ebenso wie bei § 315c Abs. 1, den Erfolgsunwert der Gefährdung von Leib oder Leben über die Einwilligung entfallen zu lassen und den Erfolgsunwert, der in der Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs liegt, über § 315d Abs. 1 zu bestrafen.Schönke/Schröder-Hecker StGB § 315d Rn. 15.

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Beachten Sie, dass wie schon ausgeführt, § 315d Abs. 1 Nr. 2 und 3 eigenhändige Delikte sind. Beim gefahrspezifischen Zusammenhang bedeutet dies, dass die Gefahr unmittelbar aus dem Verhalten des jeweiligen Kraftfahrzeugführers resultieren muss. Eine Zurechnung der von dem anderen Kraftfahrzeugführer geschaffenen Gefahr ist nicht möglich.

Beispiel

A und B veranstalten auf einer Landstraße ein Rennen, wobei sie immer wieder wechselseitig versuchen, ein Überholen des jeweils anderen Fahrers durch entsprechende Beschleunigung zu verhindern. Als B vor einer Kurve zum Überholen ansetzt, gibt A Gas, weswegen sich B in der Kurve auf der linken Spur befindet, als ihm das von X geführte Fahrzeug entgegenkommt. Beim Ausweichmanöver wurde das Fahrzeug der X in eine Rotationsbewegung versetzt und rutschte mit der linken Fahrzeugseite die Schutzplanke entlang. Eine Mitfahrerin erlitt hierdurch tödliche Verletzungen und verstarb noch an der Unfallstelle.

Der BGHBGH NStZ 2022, 292. hat deutlich gemacht, dass die von B verursachte, konkrete Gefahr A nicht zugerechnet werden könne, sondern dass es darauf ankomme, welche Gefahr A durch sein Verhalten gesetzt habe. Die von jeder Rennteilnahme ausgehende abstrakte Gefahr müsse sich in Bezug auf die eingetretene Gefährdung eines geschützten Rechtsguts jedenfalls im Sinne eines mitursächlichen Beitrags zu einer konkreten Gefährdung verdichtet haben. Da A verpflichtet gewesen wäre, B den Überholvorgang zu ermöglichen, war dessen eigenes verhalten mitursächlich und damit konkret gefährdend.

 

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Der Vorsatz des Täters muss sich nicht auf einen Schaden, sondern nur auf die konkrete Gefahr beziehen.

Mitunter kann wie bei anderen Delikten, bei denen die konkrete Gefahr für das Leben ausreicht, die Abgrenzung des Tötungsvorsatzes vom Gefährdungsvorsatz schwierig sein, insbesondere dann, wenn Sie den Tötungsvorsatz verneinen, weil Sie zum Ergebnis kommen, dass der Täter vielleicht mit der Möglichkeit des Eintritt des Todes rechnete, diese aber nicht billigend in Kauf nahm, sondern pflichtwidrig auf einen guten Ausgang vertraute. Dass der Täter dann gleichwohl die Möglichkeit einer konkreten Gefahr billigend in Kauf nahm, bedarf im Einzelfall einer besonders überzeugenden Begründung.BGH NStZ 2023, 546. Können sie diese nicht liefern, dann greift Abs. 4.

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