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Strafrecht Besonderer Teil 1 - 2. Tathandlungen

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Strafrecht Besonderer Teil 1

2. Tathandlungen

Inhaltsverzeichnis

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Wie bereits ausgeführt, unterscheidet § 123 Abs. 1 2 Alternativen: das Eindringen und das Verweilen. Beginnen wir mit dem Eindringen.

Eindringen ist das Betreten des geschützten Bereichs gegen den Willen des Hausrechtsinhabers.Fischer § 123 Rn. 14

Das Betreten setzt voraus, dass der Täter mit seinem Körper oder wesentlichen Teilen desselben in den geschützten Bereich hineingelangt. So soll bei einer Wohnung das Stellen des Fußes in die Wohnungstüre ausreichen, nicht aber das Hineingreifen durch ein Fenster, um etwas auf dem Tisch Liegendes mitzunehmen.Joecks/Jäger § 123 Rn. 19

Damit das Betreten zum Eindringen wird, muss es gegen den Willen des Berechtigten geschehen.Joecks/Jäger § 123 Rn. 21

Der Berechtigte ist der Inhaber des Hausrechts und damit derjenige, dem kraft seiner Verfügungsgewalt das Bestimmungsrecht innerhalb des geschützten Bereichs zusteht.Wessels/Hettinger/Engländer Strafrecht BT I Rn. 550

Beispiel

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Hausrechtsinhaber ist zum einen der Eigentümer eines Gebäudes, aber auch der Mieter der Wohnung oder des Geschäftsraums. Ist zwischen Mieter und Eigentümer nichts anderes vertraglich vereinbart, steht dem Mieter gegenüber dem Eigentümer das alleinige Hausrecht zu. Das gilt auch noch, wenn der Mietvertrag ausgelaufen ist. Erst wenn der Vermieter einen Räumungstitel erwirkt und diesen vollstreckt hat, erlischt das Hausrecht und damit auch das Aufenthaltsrecht.Wessels/Hettinger/Engländer Strafrecht BT I Rn. 575

Das Hausrecht kann anderen Personen übertragen werden (z.B. einem „Housesitter“ während der Urlaubsabwesenheit), die sich dann aber in den Grenzen der ihnen erteilten Ermächtigung halten müssen. Es ist auch üblich, dass es mehrere Hausrechtsinhaber gibt. So haben in einer 4-köpfigen Familie alle Familienmitglieder ein HausrechtWessels/Hettinger/Engländer Strafrecht BT I Rn. 552.

Gegen den Willen dieses Berechtigten erfolgt das Eindringen, wenn der entgegenstehende Wille ausdrücklich oder konkludent erklärt wurde.Fischer § 123 Rn. 16 Erfolgt das Betreten der geschützten Räumlichkeit hingegen mit dem Willen, liegt ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vor, welches schon zur Verneinung des objektiven Tatbestands und nicht erst zur Verneinung der Rechtswidrigkeit führt.    

Beispiel

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Im Aussprechen eines Hausverbots liegt die ausdrückliche, im Abschließen der Wohnung die konkludente Kundgabe des Willens.

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Das Einverständnis muss freiwillig zustande gekommen sein, was dann nicht der Fall ist, wenn Drohung oder ZwangFischer § 123 Rn. 23 ausgeübt wurden. Streitig ist, wie sich eine Täuschung auswirkt.

Beispiel

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A spiegelt Oma O wahrheitswidrig vor, er komme zu Ablesen der Heizung, weswegen sie ihm freundlich die Türe öffnet. Kaum ist sie in der Küche, durchsucht A wie von Anfang an geplant das Wohnzimmer und flieht mit der Handtasche der O. O hat A ohne Zwang und Drohung und damit insoweit freiwillig die Türe geöffnet. Hätte sie allerdings gewusst, dass A sie bestehlen möchte, hätte sie ihn nicht hineingelassen.

Die h.MJäger Strafrecht BT Rn. 256 stellt nur auf den tatsächlichen Willen ab, so dass ein durch Täuschung erschlichenes Einverständnis ebenso wie bei § 242 (das Einverständnis des Gewahrsamsinhabers) wirksam ist. Die GegenauffassungAmelung/Schall JuS 1975, 567 will auf den wahren Willen des Hausrechtsinhabers abstellen und ein Eindringen in den Fällen des erschlichenen Einverständnisses bejahen. Dieser Auffassung wird entgegengehalten, dass sie nicht mehr das Hausrecht, sondern die Willensentschließungsfreiheit schütze und § 123 so zu einem nötigungsähnlichen Delikt umgestalte.Joecks/Jäger § 123 Rn. 31

Das Betreten einer geschützten Räumlichkeit zur Begehung widerrechtlicher Zwecke reicht für sich allein also nach h.M. nicht aus, um einen Hausfriedensbruch zu begehen. Etwas anderes ergibt sich erst dann, wenn der Täter die widerrechtlichen Zwecke durch sein äußeres Erscheinungsbild offenlegt. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn er Räumlichkeiten betritt, die dem allgemeinen Publikumsverkehr offenstehen und bei denen es eine generelle Zutrittserlaubnis gibt, wie z.B. bei Kaufhäusern, Galerien, Tennishalle usw.

Beispiel

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Bankräuber B betritt versteckt bewaffnet eine Bank und zückt dann für alle überraschend seine Waffe, die er der Kassiererin K vorhält.

In dem Betreten der Bank liegt kein Hausfriedensbruch. Anders wäre die Situation zu beurteilen, hätte B maskiert und sichtbar bewaffnet die Bank betreten. Dann wäre dieses Betreten nicht mehr von der generellen Zutrittserlaubnis gedeckt gewesen. Umfang und Inhalt der generellen Zutrittserlaubnis sind nach der Sozialüblichkeit und damit nach der VerkehrssitteFischer § 123 Rn. 18 zu bestimmen.

Bei mehreren Hausrechtsinhabern ist jeder einzelne befugt, ein tatbestandsauschließendes Einverständnis zu erklären. Das Hausrecht muss nicht gemeinsam ausgeübt werden, es gibt aber eine Rücksichtnahmepflicht. Eine rechtsmissbräuchliche, dem anderen Hausrechtsinhaber unzumutbar belastende Ausübung des Erlaubnisrechts ist unwirksam.Wessels/Hettinger/Engländer Strafrecht BT I Rn. 570

Beispiel

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Am Vorabend der mündlichen Prüfung der B lädt der mit ihr zusammenwohnende A seine trinkfreudigen Freunde zum Feiern ein. Lässt nun A die Freunde hinein, während B ihnen den Zutritt versagt, kommt es darauf an, wessen Wille maßgeblich ist. Die Rücksichtnahmepflicht wird hier dazu führen, dass der Wille des A irrelevant ist. Die Freunde begehen also einen Hausfriedensbruch, wenn sie trotzdem die Wohnung betreten. Ob sie sich strafbar machen, hängt zum einen davon ab, ob die den entgegenstehenden Willen der B kennen (ansonsten § 16 Abs. 1) und wie sie die Situation rechtlich einschätzen. Evtl. hilft ihnen § 17, aber nur wenn der Irrtum nicht vermeidbar wäre (wenig wahrscheinlich). 

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Nach h.M. ist bei der ersten Alternative ein Eindringen auch durch Unterlassen möglich, soweit die Voraussetzungen des § 13 vorliegen. Dies erscheint verwunderlich, da Eindringen als Betreten etwas aktives vorauszusetzen scheint.

Unproblematisch liegt ein Eindringen durch Unterlassen vor, wenn ein Garant eine zu überwachende Person nicht an dem Betreten einer geschützten Räumlichkeit hindert.

Beispiel

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Vater V verhindert nicht, dass sein 5-jähriges Kind die Türklinke der Haustüre der Nachbarwohnung herunterdrückt und die Wohnung betritt. Hier kommt für V eine Strafbarkeit gem. §§ 123 Abs. 1 Alt. 1, 13 in Betracht, da er als Überwachergarant dafür zu sorgen hat, dass von der von ihm zu beaufsichtigen Gefahrenquelle keine Rechtsgutverletzungen begangen werden.

Nur auf diese Fälle will eine in der Literatur vertretene Auffassung eine Strafbarkeit durch Unterlassen begrenzen.Joecks/Jäger § 123 Rn. 33

Die h.M.Wessels/Hettinger/Engländer Strafrecht BT I Rn. 567; Schönke/Schröder-Sternberg-Lieben/Schnittenhelm § 123 Rn. 13 nimmt aber auch darüberhinausgehend auch dann eine Strafbarkeit durch Unterlassen an, wenn der Täter zwar widerrechtlich eingedrungen ist, dies aber nicht wusste und dann, nachdem er seinen Irrtum erkannt hat, gleichwohl die Wohnung nicht verlässt. Problematisch daran ist, dass eigentlich die 2. Alternative das Unterlassen unter Strafe stellt, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Täter aufgefordert wurde, den geschützten Bereich zu verlassen.

 

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Die 2. Alternative setzt das unbefugte Verweilen in einem der geschützten Bereiche voraus, nachdem der Hausrechtsinhaber den Täter dazu aufgefordert hat, sich zu entfernen. Das Verweilen ist dann unbefugt, wenn es dem Willen des Hausrechtsinhabers zuwiderläuft, was sich schon aus der Aufforderung ergibt, den Bereich zu verlassen.

Ein Verweilen liegt immer dann vor, wenn der Täter den geschützten Bereich nicht unverzüglich verlässt.Joecks/Jäger § 123 Rn. 50

Da es sich um ein echtes Unterlassungsdelikt handelt, muss der Täter keine Garantenstellung haben. Hat der Täter bereits die 1. Alt. verwirklicht, dann tritt die 2. Alt. zurück. Die 2. Alt. hat nur dann eine eigenständige Bedeutung, wenn der Täter zuvor das Objekt mit dem Willen des Hausrechtsinhabers betreten hat und sich dieser Wille dann geändert hat.

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