Schuldrecht Allgemeiner Teil 2

Zinsanspruch aus § 288 - Schema

E. Zinsanspruch aus § 288

250

Prüfungsschema

Wie prüft man: Zinsanspruch aus § 288

I.

Geldschuld

 

II.

Verzug des Geldschuldners nach § 286

 

 

1.

Unbefristete/befristete Mahnung

 

 

 

a)

Eindeutige und bestimmte Leistungsaufforderung des Gläubigers/eines Vertreters

 

 

 

 

 

Zuvielforderung des Gläubigers

Rn. 139

 

 

b)

Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen (analog)

 

 

 

 

aa)

für empfangsbedürftige WE, §§ 105, 130 f.

 

 

 

 

bb)

für einseitige Rechtsgeschäfte, §§ 164, 174, 180

 

 

2.

oder: Zustellung einer Klage/eines Mahnbescheides, § 286 Abs. 1 S. 2

 

 

3.

oder: Entbehrlichkeit einer Mahnung gem. § 286 Abs. 2, Abs. 3

 

 

 

 

Einseitig bestimmter Leistungstermin

Rn. 142

 

 

 

Kalendermäßig bestimmbarer Leistungstermin ohne Frist

Rn. 143

 

4.

Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des Anspruchs im Moment von Ziff. 2–4

 

 

 

 

Mahnung in fälligkeitsbegründender Rechnung

Rn. 158 ff.

 

5.

Nichtleistung

 

 

 

 

Verzugsende durch Leistungshandlung

Rn. 118 ff.

III.

Vertretenmüssen des Schuldners, § 286 Abs. 4

 

 

1.

Bezugspunkt: Eintritt der obj. Verzugsvoraussetzungen

 

 

2.

Vertretenmüssen nach §§ 276 ff.

 

 

3.

Verschuldensvermutung bei unklarem Sachverhalt (§ 286 Abs. 4)

 

IV.

Zinsbeginn: § 187 Abs. 1 analog (Folgetag)

 

V.

Zinsumfang

 

 

1.

Vereinbarung, § 288 Abs. 3

 

 

2.

Entgeltforderungen und keine Beteiligung eines Verbrauchers: §§ 288 Abs. 2, 247

 

 

3.

Sonst: §§ 288 Abs. 1 S. 2, 247

 

 

[→ Je nach Ergebnis weiter mit Prüfung rechtsvernichtender Einwendungen
(z.B. Verzugsende) bzw. Durchsetzbarkeit des Anspruchs]

 

251

Während des Verzugs ist eine Geldschuld gem. § 288 ohne weiteres mit den in § 288 Abs. 1, Abs. 2 vorgesehenen Zinssätzen zu verzinsen.

Hinweis

Bei § 288 i.V.m. § 286 handelt es sich um eine eigenständige Anspruchsgrundlage.

I. Geldschuld

252

Die Zinspflicht besteht bei Geldschulden jeder Art. § 288 stellt nicht auf eine bestimmte Anspruchsgrundlage oder nur auf Entgeltforderungen ab.

II. Verzug

253

Expertentipp

Wiederholen Sie jetzt noch einmal das Prüfungsschema zum Verzug oben unter Rn. 120.

Da die Zinspflicht des § 288 „während des Verzuges“ besteht, setzt der Anspruch einen Verzug des Geldschuldners gem. § 286 voraus. Hinsichtlich des Verzugseintritts gilt nichts anderes als beim Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286. Die Verzugsprüfung erfolgt nach den gleichen Kriterien – es stellen sich dieselben Probleme.

Das Erfordernis des Vertretenmüssens ergibt sich hier unmittelbar aus § 286 Abs. 4, da § 280 Abs. 1 S. 2 gar nicht zur Anwendung kommt.

III. Beginn der Zinspflicht

254

Der Verzug tritt in dem Moment ein, in dem erstmals sämtliche Verzugsvoraussetzungen vorliegen. Die Zinspflicht beginnt nach herrschender Meinung aber nicht schon in der Sekunde des Verzugseintritts für den restlichen Tag, sondern analog § 187 Abs. 1 erst am Tag nach Eintritt des Verzuges.Grüneberg-Grüneberg § 187 Rn. 1 a.E. m.w.N. Die gesetzlichen Zinsen sind eben nicht „stundenweise“, sondern nur nach vollen Tagen geschuldet.

255

Die Zinspflicht endet mit Ablauf des Tages, an dem gezahlt wurde oder an dem aus sonstigen Gründen (zum Beispiel Gläubigerverzug, vgl. die Klarstellung in § 301) eine der Verzugsvoraussetzungen entfällt.

Beispiel

A schuldet B 1000 €. Am 1.3. erklärt B in einem Brief die Mahnung, die A am 3.3. zugeht. A zahlt am 25.3. A befand sich gem. § 286 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 am 3.3. bis 25.3. in Verzug, wobei der Verzug im Laufe des 3.3. mit Zugang der Mahnung eingetreten ist. B kann also Verzugszinsen für die Zeit vom 4.3.(vgl. § 187 Abs. 1) bis 25.3. verlangen.

IV. Zinshöhe

256

Für die Bestimmung der Höhe des geschuldeten Zinses differenziert das Gesetz wie folgt:

1. Grundsatz

255

Eine Geldschuld ist nach § 288 Abs. 1 grundsätzlich mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 247) zu verzinsen.

Beispiel

Beträgt der Basiszinssatz 3,6 %, ergibt sich aus § 288 Abs. 1 durch Addition der 5 zusätzlichen Prozentpunkte ein Zinssatz von 8,6 %.

2. Entgeltforderungen aus unternehmerischen Geschäftsverkehr

258

Eine Entgeltforderung aus einem Rechtsgeschäft, an dem kein Verbraucher beteiligt ist, ist nach § 288 Abs. 2 mit 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Eine Entgeltforderung ist ein auf Zahlung eines Entgeltes für die Lieferung von Gütern oder für die Erbringung von Dienstleistungen gerichteter Anspruch.Grüneberg-Grüneberg § 286 Rn. 27. Der Begriff „Verbraucher“ ist in § 13 definiert. Andere Geldforderungen richten sich nach Abs. 1 und 3. Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis sind grds. nicht von Abs. 2 erfasst.BAG NZA 2005, 694 (697).

Beispiel

Beispiel 1
Produzent P verkauft Großhändler G 10 000 Kugelschreiber. G verkauft 200 Kugelschreiber an Einzelhändler H. H verkauft 1 Kugelschreiber an den Studenten S und 10 Kugelschreiber an den Rechtsanwalt R, der sie für sein Büro benötigt. Mit Ausnahme der Forderung des H gegen S fallen alle sonstigen Kaufpreisforderungen unter § 288 Abs. 2.

Beispiel

Beispiel 2
Die B Bank AG gewährt der A GmbH ein Darlehen über 10 000 €. A zahlt das Darlehen an den festgelegten Zahlungsterminen nicht zurück. Zwar ist hier kein Verbraucher beteiligt, jedoch stellt der Rückzahlungsanspruch gem. § 488 Abs. 1 S. 2 keine Entgeltforderung dar.

Hinweis

Bei Verbraucherdarlehen in Form eines Immobiliardarlehensvertrages beträgt der Verzugszinssatz 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 497 Abs. 4 S. 1).

3. Besonders bestimmter Zinssatz, § 288 Abs. 3

259

Die Geltendmachung eines über die eben genannten Zinssätze hinausgehenden Zinssatzes ist möglich, wenn ein „anderer Rechtsgrund“ höhere Zinsen vorsieht, § 288 Abs. 3. Als „Rechtsgrund“ in diesem Sinne kommen zum einen Gesetze in Betracht. Derzeit ist allerdings in keinem Gesetz ein höherer Zinssatz bestimmt. Zum anderen fallen unter § 288 Abs. 3 aber auch vertragliche Vereinbarungen, mit denen ein höherer Zinssatz festgelegt wird.

Hinweis

Der in Darlehensverträgen vereinbarte Zinssatz fällt nicht unter § 288 Abs. 3 und kann daher bei Verzug des Darlehensnehmers mit der Rückzahlung nicht herangezogen werden. Hier gilt der Grundsatz, dass ab Fälligstellung des Darlehens (zur Rückzahlung) die vertragliche Zinspflicht endet.BGH NJW 1992, 109. Es bleibt daher beim Zinssatz gem. § 288 Abs. 1.

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