A Sachverhalt (vereinfacht):
Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin (K) berechtigt ist von dem Beklagten (B) wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen Schadensersatz zu verlangen. Mit von der K verwendetem Formularvertrag vom 10. November 2008 mietete der B von der K eine Mietwohnung.
Als Nutzungsbeginn ist der 1. Januar 2009 vereinbart. Der Vertrag enthält unter anderem folgende Regelung (auszugsweise):
"§ 4 Schönheitsreparaturen
(1) Die Schönheitsreparaturen sind vom Mitglied auszuführen. […]
(3) Schönheitsreparaturen sind fachgerecht auszuführen. Die Schönheitsreparaturen umfassen das Anstreichen oder Kalken oder Tapezieren der Wände und Decken und den Innenanstrich der Fenster, das Streichen der Türen und der Außentüren von Innen sowie der Heizkörper einschließlich der Heizrohre. Die Schönheitsreparaturen sind in der Regel nach Ablauf folgender Zeiträume auszuführen: in Küchen, Bädern und Duschen alle fünf Jahre. Dabei sind die Innenanstriche der Fenster sowie die Anstriche der Türen, Heizkörper und Heizrohre spätestens alle acht Jahre durchzuführen, in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten, einschließlich der Innenanstriche der Fenster sowie der Anstriche der Türen, Heizkörper und Heizrohre alle acht Jahre, in anderen Nebenräumen einschließlich der Innenanstriche der Fenster sowie der Anstriche der Türen, Heizkörper und Heizrohre alle zehn Jahre. Die Fristen beginnen erstmals mit Beginn der Nutzungszeit. […]
(4) Lässt der Zustand der Wohnung eine Verlängerung der nach Absatz 3 vereinbarten Fristen zu oder erfordert der Grad der Abnutzung eine Verkürzung, so sind nach billigem Ermessen die Fristen des Planes bezüglich der Durchführung einzelner Schönheitsreparaturen zu verlängern oder zu verkürzen. […]"
B kam mit der Vormieterin A., die die Wohnung von K im Zeitraum Juli 2007 bis Dezember 2008 angemietet hatte, überein verschiedene von der A in die Wohnung eingebrachte Gegenstände gegen Zahlung einer nicht näher festgestellten Geldsumme zu übernehmen. Weiter erklärte sich B aufgrund einer Vereinbarung mit A bereit, an deren Stelle die erforderlichen Schönheitsreparaturen durchzuführen.
Am 22. Dezember 2008 wurde B die Wohnung von einem Vertreter der K in nicht renoviertem Zustand übergeben; die Wohnung wies zu diesem Zeitpunkt Gebrauchsspuren der Vormieterin A. auf.
Das von einem Vertreter der K gefertigte Übergabeprotokoll vom 22. Dezember 2008 enthält folgenden handschriftlichen, vom B unterschriebenen Passus: "Die Wohnung wurde mängelfrei und ohne Stockflecken übernommen. Renovierungsarbeiten werden übernommen. Auf Folgekosten wurde hingewiesen."
Aufgrund Kündigung des B endete das Mietverhältnis zum 28. Februar 2014.
Im Rahmen einer Wohnungsbegehung am 6. Januar 2014 wurde festgestellt, dass Anstricharbeiten an Decken, Wänden, Türen, Türrahmen und Heizkörpern erforderlich waren. Die K forderte den B auf diese Arbeiten durchzuführen. B gab die Wohnung am 14. Februar 2014 an die K zurück. Noch am selben Tage übergab die K die Wohnung an eine Nachmieterin.
Eine Renovierung durch den B erfolgte nicht.
Hat K gegen B einen Anspruch auf Schadensersatz?
B Lösung:
Ein Anspruch des K gegen B könnte sich aus §§ 280 I, III, 283 ergeben.
Hierfür müsste K zunächst eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt haben.
I Schuldverhältnis
Ein Schuldverhältnis liegt in Gestalt des Mietvertrags gem. § 535 vor.
II Pflicht
Fraglich ist, ob überhaupt eine Verpflichtung der B ggü. K zur Endrenovierung bestand. Eine solche Verpflichtung ergibt sich gerade nicht aus dem gesetzlich geregelten Pflichtenprogramm im Mietrecht. Allerdings könnte eine solche Verpflichtung durch § 4 des Formularmietvertrags begründet worden sein.
Hierfür müsste die Klausel jedoch wirksam sein. Vom Vorliegen von AGB‘s und der wirksamen Einbeziehung kann ausgegangen werden.
Die Regelung aus § 4 müsste zudem der Inhaltskontrolle standhalten. Verstöße gegen §§ 308, 309 sind nicht ersichtlich. Die Vorschrift konnte jedoch dem Maßstab aus § 307 I 1, II Nr. 1 nicht standhalten.
1 Generelle Zulässigkeit der Klausel
Bei der Bewertung einer Endrenovierungsklausel gilt es danach zu differenzieren, ob dem Mieter zu Vertragsbeginn eine renovierte oder eine nicht renovierte Wohnung überlassen wurde.Im vorliegenden Fall wurde dem Mieter nicht renovierter Wohnraum überlassen.
Die Regelung in § 4 der AGB weicht von den gesetzlichen Vorschriften im Mietrecht ab, indem sie die Instandhaltung der Mietsache dem Mieter aufbürdet. Durch die Klausel könnte der Mieter u.a. verpflichtet sein Gebrauchsspuren anderer zu beseitigen.
„(…) eine solche Klausel verpflichtet den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und führt - jedenfalls bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung - dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben müsste, als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat (Senatsurteil vom 18. März 2015 - VIII ZR 185/14, aaO Rn. 24).“
Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine solche Klausel grundsätzlich unzulässig.
2 Zulässigkeit im Einzelfall
Die Zulässigkeit einer solchen Klausel kann sich daraus ergeben, dass dem Mieter ein ausreichender Ausgleich für die vertraglich übernommene Verpflichtung gewährt wird. Dieser Ausgleich kann, muss jedoch nicht als Ausgleich in Geld erfolgen.
Wird ein angemessener Ausgleich gewährt, so ist der Mieter so zu behandeln, als wäre ihm renovierter Wohnraum überlassen worden. Fraglich ist, ob im vorliegenden Einzelfall ein solcher Ausgleich verwirklicht wurde.
a Ausgleich durch K selbst
Ein Ausgleich durch den Vermieter selbst ist vorliegend nicht ersichtlich. Demnach wäre die Klausel unangemessen im oben genannten Sinne und damit insgesamt unwirksam.
b Ausgleich durch Vereinbarung mit dem Vormieter
Fraglich ist, ob die Abrede mit dem Vormieter einen derart angemessenen und berücksichtigungsfähigen Ausgleich darstellt, dass der B sich so behandeln lassen muss, als hätte er renovierten Wohnraum übernommen.
Hierfür müsste die Abrede zwischen dem Vormieter und dem Nachmieter im Verhältnis zwischen dem Vermieter und dem Nachmieter überhaupt berücksichtigungsfähig sein. Dies ist problematisch, da - abgesehen von §§ 328, 566 u.a - die vertraglichen Vereinbarungen nur zwischen den Parteien gelten (sogenannte Relativität der Schuldverhältnisse).
Allerdings käme es auf die soeben genannte Frage dann nicht an, wenn ein Fall der schuldbefreienden Übernahme gem. § 415 I, II vorläge, hierfür fehlen im Sachverhalt jedoch Anhaltspunkte.
Hinweis
Mit Blick auf die Wirksamkeit einer im neuen Mietverhältnis formularmäßig vereinbarten Vornahmeklausel obliegt es dabei dem der Schuldübernahme zustimmenden Vermieter im eigenen Interesse, in geeigneter Weise sicherzustellen, dass ein im Vertragsverhältnis Altmieter/Neumieter eventuell gewährter finanzieller Vorteil zum einen als angemessene Kompensation für die Übernahme der Renovierungsverpflichtung angesehen werden kann und zum anderen in der gebotenen Gesamtschau jedenfalls wirtschaftlich so zu bewerten ist als hätte ihn der Vermieter als Ausgleich für die von ihm unrenoviert übergebene Wohnung selbst gewährt.
(1) Ansicht der Vorinstanz (LG Lüneburg)
Das Berufungsgericht ging bei seiner Begründung davon aus, dass die Abrede zwischen den jeweiligen Mietern im Verhältnis zum Vermieter Berücksichtigung finden muss. Dies wurde insbesondere dadurch begründet, dass die Verpflichtung zur Endrenovierung die Sphäre des Vermieters nicht betrifft und in einem solchen Fall kein angemessener Ausgleich zu leisten ist. Auch wird darauf hingewiesen, dass der Vermieter bei Abschluss des Mietvertrags mit dem neuen Mieter, gar nicht wissen könne welche genauen Abreden die beiden Mieter getroffen haben und aus diesem Grund nicht abschätzen könne was für einen angemessenen Ausgleich notwendig wäre. Aus diesem Grund müsste ihm die Vereinbarung zugutekommen.
Hinweis
Die genaue Begründung durch das Berufungsgericht kann Rn. 15 bis17 des Urteils entnommen werden.
(2) Ansicht des BGH
Die vom Berufungsgericht zur Begründung seiner Auffassung angestellte Überlegung, die Interessen von neuem Mieter, Vormieter und Vermieter würden es gebieten, den neuen Mieter wegen der nur zwischen ihm und dem Vormieter getroffenen Vereinbarung so zu behandeln, als habe ihm der Vermieter eine renovierte Wohnung zur Verfügung gestellt, teilt der Senat nicht.
„Es ist schon nicht erkennbar, dass die Interessen aller genannter Beteiligter in derartigen Fällen, wie es das Berufungsgericht offenbar meint, in die gleiche Richtung gehen. Das Berufungsgericht führt an, der neue Mieter könne das Interesse haben, die Wohnung in anderen Farben zu streichen als vom Vormieter dem Vermieter gegenüber geschuldet. Selbst wenn sich dies im Einzelfall so verhielte, ist nicht ersichtlich, dass dieses Interesse es rechtfertigen könnte, die nach dem Gesetz den Vermieter treffende Renovierungsverpflichtung formularmäßig auf den Mieter abzuwälzen.
Auch das vom Berufungsgericht genannte Interesse des Vermieters, bei Abschluss eines neuen Mietverhältnisses in der Lage zu sein, verlässlich beurteilen zu können, ob die von ihm verwendete Vornahmeklausel wirksam ist, verlangt es nicht, dem Vermieter eine Vereinbarung zugutekommen zu lassen, die der neue Mieter mit dem Vormieter geschlossen hat. Denn die Beurteilung der rechtlichen Wirksamkeit einer von ihm gestellten Vornahmeklausel ist dem Vermieter unabhängig von der Existenz etwaiger zweiseitiger Renovierungsvereinbarungen zwischen altem und neuem Mieter verlässlich möglich.“
Der BGH verweist insbesondere darauf, dass es im alleinigen Interesse des Vermieters ist, den ausscheidenden Mieter - insoweit eine wirksame Vereinbarung dahingehend vorliegt - die Renovierung vornehmen zu lassen, um dem neuen Mieter renovierten Wohnraum zu überlassen und damit die Wirksamkeit der verwendeten Klausel zu bewirken.
„Am Ende eines Mietverhältnisses obliegt dem Vermieter mit Blick auf das auslaufende Vertragsverhältnis mit dem bisherigen Mieter im eigenen Interesse die Prüfung, ob er gegen diesen einen Anspruch auf Vornahme von Schönheitsreparaturen hat. Ist dies der Fall, kann er diesen Anspruch, der durch eine etwaige zweiseitige Renovierungsvereinbarung zwischen neuem Mieter und Vormieter nicht untergeht, geltend machen und so ohne weiteres sicherstellen, dass er dem neuen Mieter eine renovierte Wohnung übergeben kann mit der Folge, dass die Wirksamkeit einer im neuen Mietverhältnis vereinbarten Vornahmeklausel jedenfalls aus diesem rechtlichen Gesichtspunkt nicht in Frage steht.“
Besteht ein entsprechender Anspruch gegen den Vormieter nicht, so ist der Vermieter gehalten die Wohnung selbst zu renovieren oder einen angemessenen Ausgleich zu bewirken.
„Besteht ein Anspruch auf Durchführung von Schönheitsreparaturen gegen den bisherigen Mieter hingegen nicht, obliegt es ohnehin dem Vermieter, mit Blick auf den Bestand einer Vornahmeklausel im neuen Mietverhältnis, entweder die ihm notwendig erscheinenden Maßnahmen selbst durchzuführen, um dem neuen Mieter eine renovierte Wohnung übergeben zu können oder dem neuen Mieter einen angemessenen Ausgleich für die Übergabe einer nicht renovierten Wohnung zu gewähren.“
Eine berechtigtes Interesse dem Vermieter die Abrede zwischen dem Neumieter und Altmieter zugutekommen zu lassen besteht darüber hinaus nicht.
„Entscheidet sich der Vermieter hingegen dafür, dem neuen Mieter weder eine renovierte Wohnung noch einen angemessenen Ausgleich zu gewähren, besteht auch kein Grund, ihn als Verwender einer formularmäßigen Vornahmeklausel allein deshalb besser zu stellen, weil der neue Mieter Verpflichtungen gegenüber dem Vormieter eingegangen ist, an denen der Vermieter nicht beteiligt ist und die ihm gegenüber keine rechtliche Wirkung entfalten.“
III Ergebnis
Da schon keine Verpflichtung zur Renovierung bestand, konnte eine solche Pflicht auch nicht verletzt werden. Ein Anspruch des K gegen B besteht demnach nicht.