Das KG Berlin (Beschluss vom 16.03.2015 - (4) 161 Ss 20/15 (27/15)) hatte sich mit folgendem Sachverhalt zu beschäftigen:
Gegen den Angeklagten A waren zwei Verfahren anhängig: eines wegen versuchten Diebstahls und eines wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls. Der Angeklagte wurde wegen beider Taten vom AG Tiergarten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt, wobei die Einzelfreiheitsstrafen sich auf 10 Monate für den versuchten Diebstahl sowie 1 Jahr und 6 Monate für den Wohnungseinbruchsdiebstahl beliefen.
Die Anklage wegen versuchten Diebstahls lag der Abt. 403 des AG Tiergarten vor. Vor Zulassung der Anklage und Eröffnung des Hauptverfahrens gab diese Abteilung das Verfahren an die Abt. 422 des AG Tiergarten ab. Diese verband daraufhin mit einem entsprechenden Beschluss das Verfahren mit dem bereits bei ihr anhängigen Verfahren wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls. Ein weiterer Eröffnungsbeschluss wurde jedoch nicht erlassen. Der bereits zuvor erlassene Eröffnungsbeschluss bezog sich ausschließlich auf den Wohnungseinbruchsdiebstahl. Auch die Termins- und Ladungsverfügung, die einen Eröffnungsbeschluss nicht ersetzt sondern voraussetzt, betraf nur das Verfahren wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls.
Der fehlende Eröffnungsbeschluss wurde auch nicht in der Hauptverhandlung nachgeholt, was grundsätzlich bis zur Vernehmung des Angeklagten zur Sache noch möglich ist (BGH NStZ 2006, 298).
Von daher stellte sich für das KG Berlin die Frage, ob nicht vielleicht der Verbindungsbeschluss den Eröffnungsbeschluss ersetze bzw. beinhalte. Das KG Berlin verneint dies mit folgender Begründung:
"Die durch Beschluss vom 13. März 2014 herbeigeführte Verbindung des von der Abteilung 403 abgegebenen Verfahrens mit dem Verfahren wegen Wohnungseinbruchdiebstahls hat - ebenso wie die am 11. März 2014 in den Akten vermerkte Übernahme des Verfahrens - nicht die Wirkung eines Beschlusses über die Zulassung der in dem übernommenen Verfahren erhobenen Anklage und über die Eröffnung des Hauptverfahrens nach Maßgabe dieser Anklage; denn dass die Abteilung 422 insoweit die in § 203 StPO vorgeschriebene Prüfung des hinreichenden Tatverdachts vorgenommen hätte, ist nicht erkennbar (vgl. BGH NStZ-RR 2011, 150....), zumal die Anklage aus dem übernommenen Verfahren in dem Verbindungsbeschluss überhaupt nicht erwähnt wird (dazu vgl. OLG Düsseldorf StraFo 2012, 58). Der Beschluss enthält auch keinen Hinweis auf die zu diesem Zeitpunkt bereits anberaumte Hauptverhandlung (dazu vgl. BGH NStZ 1984, 520)."
Das Fehlen des Eröffnungsbeschlusses wurde damit zu einem nicht mehr behebbaren, vom Amts wegen zu berücksichtigen Verfahrenshindernis.
Dieser Mangel führte gem. § 349 Abs. 4 StPO hinsichtlich der Verurteilung wegen versuchten Diebstahls zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Das Verfahren wurde nach § 260 Abs. 3 StPO eingestellt (BGH NStZ-RR 2011,150). Eine Zurückverweisung an das Landgericht kam nach Auffassung der KG Berlin nicht in Betracht, da der Eröffnungsbeschluss durch das Berufungsgericht nicht mehr nachgeholt werden konnte.
Die in dem dargelegten Umfang gebotene Urteilsaufhebung und Einstellung des Verfahrens entzog damit zugleich dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage, weswegen das KG Berlin die Urteilsformel dahin klargestellt und neu gefasst hat, dass der Angeklagte nurn noch wegen Wohnungseinbruchdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten zu verurteilen war.
Weitere Ausführungen zum Strafprozessrecht finden Sie u.a. in unserem GuKO SR V. Einen Auszug aus dem Skript finden Sie hier: http://www.juracademy.de/web/topic.php?id=12541.