Im Januar 2021 hatte die AfD gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) vor dem VG Köln geklagt. Dieses lehnte am 26. Januar 2021 - Az.: 13 L 104/21 - eine Zwischenregelung in einem Eilverfahren gegen den Inlandsgeheimdienst ab. Damit wollte die Partei verhindern, dass der Verfassungsschutz die Partei ein Dreivierteljahr vor der Bundestagswahl als „Verdachtsfall“ einstuft bzw. ihr eine „gesichert extremistische Bestrebung" bescheinigt - und diese Aussagen auch veröffentlicht. Für einen solchen Erlass sah das Gericht aber keine Notwendigkeit, denn das BfV habe eine so genannte Stillhaltezusage abgegeben. Es sicherte zu, vorerst keine Pressekonferenz zu dem Thema abzuhalten. Zudem werde der Verfassungsschutz Funktionäre und Abgeordnete auf Bundes-, Landes- und Europaebene sowie entsprechende Wahlbewerberinnen und -bewerber zunächst nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwachen. Auch darf der Verfassungsschutz über die Mitgliederzahlen des inzwischen aufgelösten „Flügels“ berichten. Die AfD argumentierte, die Bekanntgabe der Zahl habe eine stigmatisierende und ehrschädigende Wirkung, weil dem „Flügel" dadurch eine Bedeutung beigemessen werde, die er in Wahrheit gar nicht habe. Hierzu führte das Gericht aus, die voraussichtlichen Folgen des Bekanntwerdens der Zahl 7000 seien gering und die Zahl ohnehin bereits früher an die Öffentlichkeit gelangt.
Hiergegen wandte sich die AfD an das OVG NRW in Münster. Auch dieses sah aber keinen Bedarf für eine Zwischenregelung zugunsten der AfD gegenüber einer Beobachtung durch das BfV. Zwischenzeitlich mögliche Nachteile seien in der Abwägung mit sonst drohenden Gefahren hinzunehmen - Beschl. v. 18.2.2021, Az. 5 B 163/21 und 5 B 175/21. In beiden Fällen bestätigte das OVG damit Beschlüsse des VG Köln. Vor dem OVG ging es um eine Zwischenregelung bis zu einer Entscheidung in diesen Eilverfahren. Die Partei hatte ihre Beschwerden damit begründet, ihr entstünde sonst ein „nicht wiedergutzumachender Schaden im politischen Wettbewerb“. Das OVG stützte sich in seiner Entscheidung maßgeblich auf die Zusage des BfV und führte aus, die Chancengleichheit von Parteien sei schon dann beeinträchtigt, wenn auch einfache Parteimitglieder damit rechnen müssten, lediglich aufgrund ihrer Parteizugehörigkeit nachrichtendienstlich überwacht zu werden. Solche Beeinträchtigungen seien aber bis zur Entscheidung im Eilverfahren nach Abwägung mit der Gefahrenlage hinzunehmen.
Denn so die AfD zu Recht als Verdachtsfall eingestuft werde, somit also Tatsachen die Annahme von Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung rechtfertigten, bestünde sonst die Gefahr, dass ohne Einsatz der nachrichtendienstlichen Mittel des Verfassungsschutzes derartige Bestrebungen fortbestünden und sich verstärkten. Die Beschlüsse sind unanfechtbar.
Am 03. März 2021 berichteten dann Medien bundesweit darüber, dass der Verfassungsschutz die AfD bundesweit als „Verdachtsfall“ eingestuft habe. Demnach teilte BfV-Präsident Thomas Haldenwang den Leitern der Landesverfassungsschutzbehörden in einer Videoschaltkonferenz mit, dass die AfD seit dem 25. Februar als Verdachtsfall beobachtet werde. Offiziell will sich das BfV dazu nicht äußern. Der Inlandsnachrichtendienst hatte in den vergangenen Jahren nach öffentlich bekannt gewordenen Angaben zahlreiche Belege für seine Einschätzung gesammelt, dass es sich bei der AfD um eine Partei handelt, bei der Rechtsextremisten in Schlüsselposition tätig sind und zunehmend steuernden Einfluss gewinnen - allen voran die Mitglieder des mittlerweile aufgelösten sog. „Flügels", der bereits seit April 2020 vom Verfassungsschutz als „erwiesen extremistische Bestrebung“ beobachtet wird. Eine Arbeitsgruppe, zu der Juristen und Historiker gehören, fertigte schließlich ein Gutachten, darin aufgelistet sind Äußerungen von AfD-Funktionären, bei Parteitagen, Wahlkampfauftritten, in Interview und in Social-Media-Beiträgen. Zudem wurden die Verbindungen von AfD-Politikern zu verfassungsfeindlichen Organisationen, Netzwerken und Akteuren untersucht und bewertet. Die Untersuchung kam zum Ergebnis, dass es zahlreiche Anhaltspunkte und Belege dafür gibt, dass die AfD als Gesamtpartei verfassungsfeindliche Tendenzen aufweist - und daher als „rechtsextremistischer Verdachtsfall" eingestuft werden kann bzw. sogar muss. Eigentlich sollte die Einstufung zum Verdachtsfall wohl schon im Januar erfolgen und dies anschließend bei einer Pressekonferenz öffentlich bekanntgegeben werden. Dies konnte die Partei aber wie gezeigt gerichtlich verhindern.
Die AfD beantragte daraufhin erneut einen Hängebeschluss – diesmal mit Erfolg: Am 5. März 2021- Az.: 13 L 105/21 – gab das VG Köln dem Antrag statt. Zur Begründung führte es aus, der Erlass einer Zwischenentscheidung sei nunmehr erforderlich. Dies gelte zunächst für die streitige Bekanntgabe der Einordnung als Verdachtsfall. Insofern werde in „unvertretbarer Weise in die verfassungsrechtlich gewährleistete Chancengleichheit politischer Parteien eingegriffen“, da nunmehr alles dafürspreche, dass sich das BfV eben nicht an seine Stillhaltezusagen gehalten habe oder zumindest nicht hinreichend dafür gesorgt habe, dass keine verfahrensrelevanten Informationen an die Öffentlichkeit gelangten. Diese Stillhaltezusage habe das OVG NRW ausdrücklich dahingehend verstanden, dass nicht nur eine öffentliche Bekanntgabe etwa im Wege einer Pressemitteilung unterbleiben werde, sondern „jegliche in ihrer Wirkung gleichkommende Maßnahme der Information der Öffentlichkeit“. Aufgrund der Anfang März erfolgten medialen Berichterstattung sah es das OVG aber als erwiesen an, dass in einer dem BfV zurechenbaren Weise der Umstand der Einstufung der Antragstellerin als Verdachtsfall und die 262-seitige Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 01.03.2021 an die Presse „durchgestochen“ worden sei. Das VG habe im Januar die Notwendigkeit einer Zwischenregelung verneint und die Entscheidung darauf gestützt, dass die Antragsgegnerin eben diese Stillhaltezusagen abgegeben habe. Diese Vertrauensgrundlage sei aber nunmehr zerstört. Für den Hängebeschluss bestehe auch ein Bedürfnis, obwohl die Einstufung als Verdachtsfall nunmehr in der Welt sei. Denn mit jeder Verlautbarung vertiefe sich der Eingriff in die Chancengleichheit der politischen Parteien. Das Gericht führte in seinem Beschluss zudem aus, dass es für den Erlass eines Hängebeschlusses allein auf eine Folgenabwägung ankomme, nicht hingegen auf eine Prüfung des voraussichtlichen Erfolgs des Eilantrags. Das Verfahren auf Erlass einer Zwischenregelung sei kein „Eilverfahren im Eilverfahren“.
Vor dem BVerfG aber scheiterte die AfD: mit Beschl. v. 12.03.2021 - Az. 2 BvQ 17/21 – lehnte die Karlsruher Richter einen Eilantrag ab, mit welchem dem BfV vorläufig untersagt werden sollte, öffentlich bekannt zugeben, dass unter den Parteimitgliedern 7.000 Mitglieder bzw. Anhänger des „Flügels“ sind. Die antragstellende Partei hatte dagegengehalten, die Zahl sei frei erfunden. Ihre Bekanntgabe habe eine stigmatisierende und ehrschädigende Wirkung, weil sie den vom Flügel vertretenen politischen Anschauungen eine Bedeutung beimesse, die diese in der Partei nicht hätten. Dem BVerfG fehlte es an einer ausreichenden Begründung des Antrags, vor allem zu etwaigen Grundrechtsverletzung hätten entsprechende Ausführungen gefehlt. Weiter fehlten der Kammer substantiierte Ausführungen dazu, warum eine Eilentscheidung zur Abwehr schwerer Nachteile geboten wäre.